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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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»Aber was hat das zu tun mit uns beiden? Die Kaiserin verehre ich, ich liebe sie, wie ich meinen Vater liebe. Das heißt«, verbesserte er sich ehrlich, »ganz so ist es nicht. Aber ähnlich ist es. Dich, Caecilia ...« – »Ich weiß schon«, unterbrach ihn eifersüchtig, etwas töricht Caecilia, »mich verehrst du nicht. Über mich machst du dich lustig. Ich bin ein kleines, dummes Mädchen. Ihr Juden seid ja alle so stolz und eingebildet. Bettelstolz seid ihr.«
      »Reden wir jetzt nicht von Juden und Römern!« bat Matthias. »Bitte, bitte, Caecilia.« Er nahm ihre Hand, eine weiße, kindliche Hand, er küßte die Hand, küßte ihren bloßen Arm. Sie wehrte sich, aber er ließ nicht ab, er war viel größer als sie, er umfaßte sie, beinahe hob er sie hoch, sie sträubte sich, aber dann, ganz plötzlich, wurde sie schlaff und erwiderte seine Küsse. »Geh jetzt nicht fort, Matthias!« bat sie mit einer kleinen, zerdrückten Stimme. »Laß einen andern die Parfüms holen! Schick einen andern Juden!« – »Ach Caecilia!« war alles, was Matthias erwiderte, und er umfaßte sie heftiger, begehrlicher. Erst ließ sie es zu, dann, mit einem, entzog sie sich ihm. »Wenn du zurück bist«, versprach sie, und: »Komm bald zurück!« drängte sie.
      Kurze Zeit darauf ließ sich Messalin von neuem in Alba melden. Er überbrachte dem Kaiser die Abschrift eines Briefes.
      Es lautete aber der Brief folgendermaßen: »Lucia an ihre Domitilla. Sie werden, meine Teure, gehört haben von dem Glück, das Ihren liebenswerten Söhnen widerfahren ist. Vielleicht aber werden Sie, daran denkend, daß die Knaben nun ausschließlich auf dem Palatin und in Alba zu Hause sein werden, über dieses Ereignis keine ganz reine Freude empfunden haben. Ich schreibe Ihnen, um Sie von dieser Sorge zu befreien. Ich versprach Ihnen seinerzeit, daß Ihre Knaben nicht allzu lateinisch werden sollen, und ich werde alles tun, was ich kann, um zu verhüten, daß ihre Herzen in der strengen Luft des Palatin eintrocknen. Im übrigen, meine Domitilla, hoffe ich mit Grund, daß nach der Adoption der Knaben Sie selber bald zurückberufen werden. Nur bitte ich Sie um eines: unterlassen Sie jeden Versuch, von Ihrer Insel aus auf das Schicksal der Knaben einzuwirken! Halten Sie sich vielmehr, Liebe, vollkommen still, sorgen Sie sich nicht um Ihre Söhne, auch wenn sie jetzt Vespasian und Domitian heißen! Vertrauen Sie Ihrer Lucia und leben Sie wohl!«
      Der Kaiser las den Brief langsam und genau. Ein ungeheurer Grimm faßte ihn. Er war erzürnt nicht etwa deshalb, weil Lucia hinter seinem Rücken mit Domitilla zettelte, das hatte er nicht anders erwartet, ja vielleicht hatte er’s gewünscht. Was ihn empörte, das war vielmehr jener Satz von den »Herzen, die in der strengen Luft des Palatin eintrocknen«. Das wagte Lucia zu schreiben, sie, die ihn kannte. Das wagte Lucia zu schreiben nach den Nächten, die sie mit ihm verbracht hatte.
      Er las den Brief mehrere Male. »Hat der Herr und Gott Domitian das Schriftstück gelesen?« fragte schließlich mit seiner sanften, gelassenen Stimme der Blinde. Der Kaiser, in kalter Wut, fragte zurück: »Warum hast du mir den Wisch gebracht? Willst du Lucia bei mir anschwärzen? Wagst du es zu behaupten, das, was auf diesem dreckigen Papier steht, seien Worte meiner Lucia?« – »Ich habe«, erwiderte mit seiner gleichmäßigen Stimme Messalin, »Eurer Majestät diese Briefabschrift nicht gebracht, weil ich die Person verdächtigen wollte, die den Originalbrief geschrieben hat oder geschrieben haben könnte. Aus einer Unterredung aber, deren mich Eure Majestät unlängst würdigten, wagte ich zu schließen, der Herr und Gott Domitian habe ein gewisses Interesse an dem Boten, der es übernommen hatte, die Urschrift dieses Briefes seiner Adressatin zuzuschmuggeln.«
      Domitian trat ungestüm an Messalin heran und sah ihm mit so gespannter Frage ins Gesicht, als könnte der Blinde seinen Blick wahrnehmen. Freudige Ahnung hob ihn. »Wer ist dieser Bursche?« fragte er, und: »Der jüngste Adjutant der Kaiserin, Flavius Matthias«, erwiderte Messalin.
      Domitian atmete stark, befreit. Doch er bemühte sich, seine tiefe, frohe, schmähliche Genugtuung nicht zu verraten. »Was haben Sie mit der Urschrift gemacht?« fragte er sachlich den Messalin. »Die Urschrift«, gab dieser Auskunft, »ist nur eine kleine halbe Stunde in unsern Händen geblieben, gerade Zeit genug, daß wir sie ordentlich kopieren

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