Josepsson, Aevar Örn
der Meinung, dass du uns seinerzeit genau das Richtige geraten hast. Wir sagen nichts und vertrauen auf den Herrn. Er wird uns den Weg weisen.«
Am anderen Ende der Leitung schüttelte Svavar den Kopf. »Selbstverständlich vertrauen wir auf den Herrn«, pflichtete er bei, »und eben deswegen zögere ich nicht, dir zu raten, zu uns zu kommen und deine Geschichte zu erzählen, so wie sie sich zugetragen hat. Genau das hat Ari vor.«
Der Meister verschluckte sich beim Atemholen. »Was meinst du damit, Svavar? Was … kannst du nicht …« Er verstummte mitten im Satz.
»Kann ich was nicht?«, fragte Svavar.
»Nichts. Ich mache es selber, ich rufe ihn an und rede mit ihm. Er darf nicht …«
»Zu spät«, sagte Svavar, »er ist bereits hier. Er sitzt mir hier gegenüber. Stefán kommt in einer halben Stunde zu mir, und es wäre gut, wenn du dann auch da sein würdest.«
»Ihr wisst nicht, was ihr tut«, sagte Magnús, »Gott steh euch beiden bei, ihr wisst nicht, was ihr tut.« Er legte auf.
Svavar hörte nur noch das Besetztzeichen und legte ebenfalls den Hörer auf die Gabel.
»Ich hab es dir ja gesagt«, murmelte Ari, »er ist verwirrt im Kopf, der Arme.«
*
Ási Stero hatte keine Erleuchtung bekommen, er schwieg weiter vor sich hin, verlangte aber zwischendurch immer mal wieder entweder einen Rechtsanwalt oder die Freilassung. Nach einer Dreiviertelstunde Auf-der-Stelle-Treten glaubten Katrín und Árni zu wissen, dass aus ihm nichts herauszubekommen war, und ließen ihn wieder in die Zelle bringen.
»Ich hätte U-Haft beantragt«, sagte Katrín nachdenklich. »Wir haben genug gegen ihn in der Hand.«
»Ja«, stimmte Árni ihr zu, »aber es ist immer wieder die gleiche Geschichte – sobald die eine Chance wittern, Lalli zu schnappen, hat das unbedingte Priorität.«
»Lalli und Meister Magnús«, sagte Katrín, »und Rauschgift in Bibeln. Du findest das wohl gar nicht unglaubwürdig? Du fändest es toll, nicht wahr?« Ihre Schritte hallten auf den kahlen Korridoren wider, als sie Seite an Seite in ihre Büros zurückgingen. »Du hoffst, dass es so ist, oder?«
Árni wusste nicht so recht, wie er auf diese Art von Verhör reagieren sollte. »Tja«, sagte er verlegen, »ich weiß nun nicht, ob ich es direkt hoffe …«
»Aber du würdest es nicht schlecht finden«, beharrte Katrín. »Was hast du gegen Gott? Was hat er dir getan?«
Árni blieb stehen. »Gott hat mir gar nichts getan«, sagte er, »es gibt ihn ja auch gar nicht. Aber diese Vorstellungen von einem Gott …«
»Woher weißt du, dass es ihn nicht gibt?«, fiel Katrín ihm ins Wort. »Wie kannst du hier stehen und das so selbstverständlich behaupten, als würden all diese Millionen oder Milliarden von Menschen, die auf ihren Gott vertrauen, seit Tausenden von Jahren nichts als Schwachsinn von sich geben?«
»Die Menschen haben auch lange geglaubt, dass die Erde flach und der Mittelpunkt des Universums ist«, antwortete Árni ohne groß zu überlegen. »Und die Gottesmänner haben lange genug Menschen massakriert, die etwas anderes behaupteten. Aber ansonsten hast du den Nagel auf den Kopf getroffen, als du gesagt hast, dass die Leute an ihren Gott glaubten. Das ist doch genau das Problem – dieser Gott und jener Gott, alle sind der Überzeugung, dass sie an den einzig richtigen glauben, und entsprechend verurteilen sie andere. Töten andere, schlachten sie ab im Namen von … Ach, du weißt schon, was ich meine. Religionen sind nur …«
Árni setzte sich wieder in Bewegung. »Dieses Leben reicht mir«, sagte er. »Es hat zwar unheimlich viele Macken, aber es ist auf jeden Fall mein Leben. Meine Welt, hier und jetzt. Und diese Welt ist einfach zu verrückt, zu chaotisch, zu grotesk, als dass ich mich mit der Vorstellung zufriedengeben könnte, dass irgendjemand sich das Ganze ausgedacht und dann auch noch erschaffen hat. Das müsste dann ja ein voll abgedrehter Psychopath, ein Sadist und total beschwiemelter Fiesling sein, und ich sehe nicht, dass wir mit so einem Typ auf der Kommandobrücke besser bedient wären. Und das ist ja auch eine ganz gute Beschreibung von dem Gott, der sich im Alten Testament offenbart beziehungsweise in den Mosebüchern, weiter bin ich mit dem Schwachsinn gar nicht gekommen. Ein komplett durchgeknallter Massenmörder, ehrlich gesagt. Jesus war so gesehen ein prima Zeitgenosse, glaube ich, aber dass er der Sohn Gottes war und dazu noch sein eingeborener … Und wie gesagt, ich habe ja nichts gegen Gott als
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