Josepsson, Aevar Örn
Polizist, der nicht mal Verstand genug besaß, einen Tatort gemäß den Richtlinien umgehend sicherzustellen und alle Unbefugten aus dem Weg zu schaffen, sondern ihnen gestattete, sich da nach Lust und Laune zu tummeln. Und zu allem Überfluss hing er dann auch noch selber da herum und pflanzte sich wie selbstverständlich aufs Sofa. So einer war nach Meinung des Hunds schlimmer als gar keiner.
»Dürfen wir jetzt gehen?«, erkundigte sich Einar vorsichtig.
»Nein«, bellte Friðjón. »Ihr bleibt, wo ihr seid. Ich lass euch wissen, wann ihr euch vom Platz rühren dürft. Eydís, du gehst mit ihnen durch, was sie hier drinnen angefasst haben. Und nimmst den beiden Fingerabdrücke ab.« Er griff nach seiner Tasche und holte seine Ausrüstung heraus. »Idioten«, murmelte er so vernehmlich, dass alle es hörten. »Vollidioten, wohin man auch blickt.«
Er zog eine Digitalkamera aus der Tasche und zückte sie mit dramatischer Geste. »Und wo ist eigentlich dieser dämliche Fotograf?«, fragte er dann. »Ich soll hier wohl alles selber machen?« Ohne auf eine Antwort zu warten, begann er zu knipsen. Bis vor zwei Jahren war für die Aufnahmen am Tatort ein Spezialfotograf zuständig gewesen, doch dann wurde diese Aufgabe dem Erkennungsdienst übertragen, und Friðjón wurde nicht müde, sich über diese zusätzliche Arbeitsbelastung zu beklagen, obwohl alle wussten, dass er in Wirklichkeit sehr froh darüber war, denn mit dieser Maßnahme verringerte sich die Anzahl unbefugter Personen am Tatort um zumindest eine. Eydís konnte sich wegen dieser ewigen Standardphrase nicht mal mehr ein schwaches Lächeln abringen, aber Friðjón selber fand sie so komisch, dass er sie bei jeder Gelegenheit anbrachte.
»Und-nun-alle-miteinander: Ameen!«, brüllte jemand, und Bárður schien bei dieser Aufforderung aus dem Fernseher urplötzlich wieder zum Leben zu erwachen.
»Kann man das nicht ausmachen?«, fragte er mit einem Kloß im Hals.
»Nicht gleich«, blaffte der Hund. »Was ist das für ein Sender?«
*
»War der eingeschaltet, als du gekommen bist?«, fragte Katrín. »Der Fernseher, meine ich?« Sie blickte sich um, versuchte aber, an der Leiche im Sessel vorbeizusehen. Sie war zwar einiges gewöhnt, vor allem, seit sie vor rund acht Jahren zur Kriminalpolizei gestoßen war, doch das hier war der schlimmste Anblick, der ihr bisher untergekommen war. Zumindest erinnerte sie sich nicht daran, je eine scheußlichere Leiche als diese Mumie gesehen zu haben, die dort saß und absurd die Zähne bleckte. Anders als Mumie konnte man dieses Etwas nicht bezeichnen.
Bárður nickte, Katrín tat ein Gleiches.
»Genau. Und das Licht war an?« Bárður brummte etwas, was Katrín als Zustimmung auslegte. »Bitte komm mit mir auf den Flur«, sagte sie. »Du bist sein Sohn, nicht wahr?« Das Häufchen Elend von einem Mann nickte erneut, und gleichzeitig stand er wie in Trance auf. Er war wahrscheinlich in ihrem Alter, dachte Katrín, irgendwo zwischen dreißig und vierzig. Das blonde Haar war am Scheitel bereits etwas schütter geworden, und der Ansatz zu einem Wohlstands-oder Bierbauch wurde von dem offenen grauen Blazer nicht verdeckt. Er wölbte sich über Storchenbeinen, die in einer teuren blauen Hose und glänzenden schwarzen Lederschuhen steckten.
»Und du bist gestern von Kopenhagen gekommen? Hast du das nicht gesagt?«
»Ja.«
»Genau. Komm, mein Lieber, wir gehen raus. Achte aber bitte darauf, dass du auf dem Weg nach draußen nichts anrührst und direkt hinter mir hergehst. Erinnerst du dich, ob und was du angefasst hast, nachdem du in die Wohnung gekommen bist? Ich weiß, ich weiß«, sagte sie entschuldigend, als sie Bárðurs Miene sah. »Du hast Eydís gesagt, du könntest dich nicht erinnern, aber es ist wichtig. Du brauchst mir auch nicht gleich zu antworten, versuch einfach, dich zu erinnern. In Ordnung?«
Von seiner Miene her zu urteilen, begriff der Mann gar nichts. Verständlicherweise vielleicht, dachte Katrín. Es galten aber ganz klare Anordnungen für die Vorgehensweise am Schauplatz eines Verbrechens, da durfte niemand sich aufhalten, bis der Erkennungsdienst seine Arbeit am Tatort abgeschlossen hatte. Katrín hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass hier ein Verbrechen begangen worden war, obwohl seitdem ganz offensichtlich sehr viel Zeit verstrichen war. Zum einen war der Sitz auf dem dunkelbraunen Sessel beinahe schwarz, und zum anderen befand sich ein ähnlicher großer Fleck im gelbgrünen
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