Josepsson, Aevar Örn
für dich tun?«, fragte Stefán.
Þórður setzte sich auf den zweiten freien Stuhl und räusperte sich. »Vielleicht geht es eher um die Frage, was ich für euch tun kann«, sagte er. »Ich hoffe aber, dass es vielleicht uns allen etwas nützt. Ich habe hier ein paar Fotos mitgebracht, die ich euch zeigen möchte.« Er griff in die Brusttasche seines Jacketts und zog einen Umschlag heraus, den er auf Stefáns Schreibtisch legte. »Bestimmt kennt ihr jemanden auf den Bildern – wahrscheinlich sogar die meisten. Die Bildqualität lässt leider zu wünschen übrig, auf dem Video sieht man das besser. Wenn ihr möchtet, kann ich euch das nachher zeigen.«
Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und legte die Hände auf die Oberschenkel. Stefán zog die Fotos aus dem Umschlag, sah sich eines nach dem anderen an und reichte sie an Katrín weiter. Auf den ersten zehn Fotos waren drei Männer und zwei Frauen zu sehen, die aus einem imponierenden silbergrauen Mercedes ausstiegen und in das Erdgeschoss eines Gebäudes gingen, indem sich anscheinend sowohl Büros als auch Gewerberäumlichkeiten befanden. Die nächsten sieben Bilder zeigten nur zwei Männer, zuerst an der Tür desselben Gebäudes und dann mitten auf dem Parkplatz und zum Schluss bei einem Wagen, der auf den ersten Blick ein älterer japanischer PKW zu sein schien. Bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, dass es ein koreanischer war. Die letzten beiden Fotos zeigten nur noch einen Mann, der immer noch auf dem Parkplatz stand und diesem Auto nachsah.
»Wie ihr seht, sind diese Aufnahmen alle in der genauen zeitlichen Reihenfolge angeordnet«, sagte Þórður, als Katrín das letzte Bild zurück auf den Stapel gelegt hatte. »Sie wurden am Ostersonntag des vergangenen Jahres zwischen achtzehn Uhr vierzig und achtzehn Uhr dreiundvierzig aufgenommen. Wir haben seinerzeit nichts weiter unternommen, wir wussten einfach nicht, was er da wollte – und wissen es eigentlich immer noch nicht, um die Wahrheit zu sagen. Aber als wir hörten, was mit Ólafur passiert war, fiel uns diese Szene wieder ein, und wir haben uns das Ganze noch einmal angesehen. Auch diesmal hat es uns nichts gesagt, aber was meint ihr? Irgendwelche Ideen?«
Stefán und Katrín kniffen Augen und Lippen zusammen und blickten sich lange an.
»Nein«, sagte Stefán nach einigem Nachdenken. »Auf jeden Fall nicht so auf die Schnelle.« Er griff noch einmal nach den Fotos und blätterte sie rasch durch. »Das hier sind Meister Magnús und Ólafur Áki Bárðarson, und auf den Bildern davor waren Lalli Fett und seine Truppe auf demselben Parkplatz.« Er sah Þórður an und schüttelte den Kopf. »Okay, ich weiß, wer die drei sind. Und Ási Stero natürlich. Aber was das zu bedeuten hat …«
Lalli Fett, mit richtigem Namen Lárus Kristjánson, war einer der umtriebigsten Drogenimporteure des Landes und in den letzten Jahren höchstwahrscheinlich, nein, ganz sicher verantwortlich gewesen für den Tod von mindestens drei Menschen, vermutlich aber noch mehr. Das war nicht nur der Polizei, sondern auch allgemein bekannt. Stefán wusste, dass Þórður und seine Leute seit geraumer Zeit zu der Ansicht tendierten, dass er der isländische Verbindungsmann zu den Litauern war, von dem man ausging, dass es ihn geben musste. »The missing link«, wie sie sich ausdrückten. Der Haken war nur der, dass sie dem verfluchten Kerl noch nie etwas hatten nachweisen können. Und Ási Stero, mit richtigem Namen Ásgeir Arason, war sein wichtigster Handlanger. Das wussten ebenfalls alle, aber es war unbewiesen, dass dahinter kriminelle Machenschaften steckten. Stefán schüttelte wieder den Kopf.
Für ihn bestand kein Zweifel daran, dass dieser Lárus für isländische Maßstäbe ein Schwerverbrecher war, und ihm war nicht weniger als anderen daran gelegen, diesen Mann hinter Schloss und Riegel zu bringen. Nichtsdestotrotz wurde er aber das Gefühl nicht los, dass sich einige seiner Kollegen allzu sehr auf ihn konzentrierten und praktisch alles, was nicht aufgeklärt werden konnte, auf sein Konto schrieben. Das galt vor allem für seine Vorgesetzten und die Leute im Rauschgiftdezernat. Und obwohl Stefán ihn seinen Kollegen gegenüber nie anders als Lárus, Lalli oder Lalli Fett bezeichnete, hatte er ihm doch einen anderen Namen gegeben, den er für sich behielt: Professor Moriarty.
»Wir wissen, dass Ólafur in der WAHRHEIT war«, sagte er, »das haben uns seine Kinder schon alles erzählt. Wir haben aber noch
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