Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
dicker Kumpel nickte mit klappernden Zähnen und machte sich an die Arbeit.
„ Warum hat Bernhard eigentlich die Taschenlampe ?“, dachte er, als er an den wehenden und von Motten zerfressenen Kleidern vorbeiging.
Joshua begab sich auf die andere Seite des Dachbodens und schlängelte sich an mannshoch aufgetürmten Kartons vorbei. Einige waren geradezu künstlerisch aufgestapelt und bildeten halbe Torbögen über ihm. Er ging mit unbehaglichem Gefühl an ihnen vorbei und hielt nach der goldenen Truhe Ausschau. Vom anderen Ende des Hausbodens hörte er hin und wieder Bernhard rufen.
„Habt ihr schon was gefunden?“, brüllte er nach einer Weile.
„Nein“, antwortete Tom mit leiser Stimme und auch Joshua musste seine Frage verneinen.
„Die Truhe hat prunkvolle goldene Scharniere , und auf der Mitte des Deckels prangt ein goldener Löwenkopf“, erzählte er. „Mein Großvater Paul war ein gefürchteter Jäger! Mit seiner alten Flinte hat er sie alle aufs Korn genommen. Kein Raubtier war zu groß für ihn. Er hat die meisten ausstopfen lassen und aufbewahrt, besonders die großen, gefährlichen Fleischfresser. Einige von ihnen stehen hier oben auch noch irgendwo herum…“
Joshua hörte , wie Toms Zähne etwas lauter klapperten. Kurz darauf bog er um eine Kartonecke und taumelte vor Schreck zwei Schritte zurück. Ein riesiger Krokodilskopf mit aufgerissenem Maul starrte ihn an! Der kleine Schock verschwand aber rasch wieder, als er erkannte, was da vor ihm stand.
„ Puh, nur eine von Urgroßvaters Trophäen “, dachte er und atmete erleichtert auf. Toms Angst hatte ihn irgendwie ein wenig angesteckt.
Die Krokodilsaugen funkelten ihn im matten Sonnenlicht an, aber plötzlich wurde der Lichtstrahl durchbrochen , und die Augen des Krokodils verfinsterten sich und wurden leblos. Ein wilder Schatten tanzte für einen Moment um ihn herum. Rasch drehte sich Joshua zu dem seitlichen Bullaugenfenster, aber da waren die schattigen Umrisse schon wieder verschwunden, nur eine einzelne grüne Feder segelte draußen am Fenster vorbei.
„ Das war der Papagei “, dachte er und lauschte dem leisen Flügelschlag, den er durch das Holz und Gebälk vernahm.
Plötzlich rumpelte es laut vom anderen Ende und Bernhard stieß ein paar laute Flüche aus. „Alles in Ordnung!“, rief er den beiden Jungs zu. „Hier ist ein ganzer Kartonberg umgestürzt! Wo kommt bloß all dieser Krempel her?“
Es raschelte laut aus seiner Ecke, als plötzlich die Hausklingel läutete. Das helle Bimmeln drang bis auf den Dachboden hinauf. Kurz darauf ertönte Mathildas fröhliches Trällern, die von den letzten Ereignissen noch gar nichts mitbekommen hatte.
„Verdammt, sind das etwa schon die Verwandten!?“, rief Bernhard mehr sich selbst fragend. „Diese aufgeblasenen Leute haben mir noch gefehlt! Sohnemann, sag Mathilda, dass sie auf keinen Fall die Tür aufmachen soll, sonst kommt der Papagei rein!“
Joshua hörte leise Stimmen aus dem Vorgarten. Er wandte sich rasch um und kletterte über etliche Kisten, um zu dem Bullaugenfenster mit Blick auf den Vorgarten zu gelangen. Mühselig bahnte er sich den Weg durch das Gerümpel und stieg auf eine große Kiste, die vor dem Fenster stand. Er wischte den Dreck von der Scheibe und schaute hinaus.
Draußen kamen Tante Daisy und Onkel Homer den Gartenweg entlanggelaufen. Ihr Sohn Kevin-Wilbert kam gerade von der Haustür zurück; er schien vorausgeeilt zu sein und geklingelt zu haben. Eine Sekunde später rückte auch Mathilda in sein Blickfeld, die mit weit ausgebreiteten Armen den Gästen freudig kreischend entgegen lief.
„Zu spät“, rief Joshua zurück.
„Dann müssen wir uns beeilen!“, antwortete Bernhard und suchte laut polternd und scheppernd weiter.
Joshuas Blick blieb noch einen kurzen Moment auf den Verwandten haften, aber vor allem auf Kevin-Wilbert. Er trug zurückgegelte Haare und eine kleine Fliege über seinem weißlich glänzenden Hemd. Joshua mochte die aufgetakelte Familie nicht und besonders den neunmalklugen und selbstgefälligen Kevin-Wilbert nicht.
Kurz darauf stob ein grüner Schatten am Fenster vorbei ! Joshua fiel rücklings von der Kiste und plumpste auf seinen Hosenboden. Der gefiederte Plagegeist war noch immer da draußen und flog seine Runden um das Haus.
Joshua richtete sich wieder auf und zog sich dabei an der Kiste hoch. Erst jetzt bemerkte er, dass vor ihm gar keine Kiste stand, sondern eine kleine unscheinbare Truhe. Unter seiner dicken
Weitere Kostenlose Bücher