Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
zumindest keine Zweifel hatte.
E r steckte die goldene Karte in den Schlitz des Drehkreuzes; der anschließende Brummton verriet ihm aber, dass irgendetwas nicht funktioniert hatte. Er drückte die Karte noch einmal in den Schlitz, aber wieder brummte es störrisch und der Durchgang bewegte sich keinen Millimeter. Joshua ging zurück zum Kartenhäuschen und klopfte gegen die Scheibe.
„Entschuldigung, ich komme nicht herein“, sagte er.
„Ja, ja, ich hab’s gehört“, antwortete der Mann genervt. „Dieses rostige Drehkreuz bringt mich noch einmal um den Verstand. Ich drücke auf den roten Knopf, dann kannst du reingehen.“
Kurz darauf ertönte ein leises Klicken und eine hellgrüne Glühbirne leuchtete über ihm auf. Joshua bedankte sich, schnappte sich seinen kleinen Koffer und ging durch das mannshohe Eisenkreuz, das nun keinen Widerstand mehr leistete.
Das Kino war menschenleer und es herrschte eine geisterhafte Atmosphäre. Die Gänge waren nur schummrig beleuchtet und Joshua fröstelte es ein wenig. Er durchlief einen schmalen Korridor, an dessen Wänden silberne und rote Sterne funkelten. Auf dem roten Teppichboden klebten geschmolzene Käsesoßen und überall lag haufenweise Popcorn herum. Er lief im Zickzack, um nicht in die klebrigen Essensreste zu treten. In der Mitte des Ganges passierte er den leeren Kioskstand, wo die Popcornmaschine leise vor sich hin ratterte und die bunten Softeiscremes in den großen Glasbehältern hin- und herwaberten und ab und zu leise blubberten.
Am Ende des Korridors zweigte ein weiterer Gang ab, der zu den drei Kinosälen führte. Über den schwarzen Türen glommen die Ziffern Eins, Zwei und Drei. Auf der linken Seite summte ein grünes Notausgangsschild, und auf der anderen Seite leuchtete neben dem kleinen gelben Toilettenmännchenschild, das den Weg nach unten wies, noch ein weiteres Schild mit der Beschriftung „NUR FÜR PERSONAL“.
Joshua kannte jeden Winkel des Kinos. Der alte Mr. Hughes hatte ihm und Tom sogar einmal den Projektorraum gezeigt, d as Herzstück des Kinos, welches nicht einmal alle Angestellten betreten durften. Den Notausgang hatten sie auch schon einmal benutzen müssen, als ein älterer Schüler sie verprügeln wollte, weil Tom ihm zu laut mit der Tüte Popcorn geraschelt hatte.
Joshua stellte den Koffer ab und ließ seinen Blick umherkreisen. Dabei schossen ihm ein paar der Geburtstagszeilen seiner Mutter noch einmal durch den Kopf:
„…Mit der goldenen Eintrittskarte machst Du Dich auf den Weg in das alte Palette-Kino am Brookmanns Park.
Dort besuchst Du den vierten Saal und suchst Skryyfalls Reiseviertel auf.
Du musst Dich auf die lange Reise nach Zomana begeben und dort wirst Du herzlich empfangen werden…“
Wo sich der vierte Saal auch immer befand, er würde verdammt gut versteckt sein, dachte Joshua und schaute sich gründlich um. Er hatte schon hinter jede Tür des Kinos geguckt - aber dann kam ihm plötzlich eine komische Eingebung: Er hatte die Tür der Damentoilette noch nie geöffnet.
Er schmunzelte kopfschüttelnd, aber sein Blick wanderte trotzdem zu der Treppe, die zu den Waschräumen hinabführte. Darüber glomm das gelblich leuchtende Toilettenmännchen.
Als Joshua das Männ lein etwas länger betrachtete, schoben sich seine Brauen langsam immer weiter zusammen. Er ging drei Schritte auf das Schild zu und stellte sich auf die Zehenspitzen. Das Männchen stand stramm wie ein Soldat, die Beine zusammen, mit dem linken Arm zeigte es die Treppe nach unten, den rechten Arm hielt es angewinkelt nach oben. Joshuas Mund formte sich zu einem freudigen Ausdruck. Die Arme des Männchens bildeten tatsächlich eine Vier!
„Wer suchet, der findet auch“, sagte er sich beflügelt. Er nahm den braunen Koffer in die Hand und ging die Treppe zügig hinunter. Obwohl er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass sich der vierte Kinosaal in der Damentoilette befand, würde er wohl trotzdem einen kurzen Blick hineinwerfen, nur um ganz sicher zu gehen.
Er gelangte in den relativ großen runden Vorraum der beiden Waschräume. Über ihm hing ein kleiner Kronleuchter, der nur noch schummriges Licht verbreitete, da jede dritte Glühbirne kaputt war. Auf der linken Seite standen zwei grüne Ledersessel, ein Kaugummiautomat und eine lebensgroße Batman-Pappfigur. Direkt vor ihm befand sich der lustige Wandspiegel, der die Körper der Leute verzerrte und sie ganz dünn oder dick machte. Auf der rechten Seite befanden
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