Joshua Schreck: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Snack ist.«
Die schlurfenden Schritte des Zombies wurden lauter. Bildete ich es mir nur ein, oder hatte ich gerade eine Wolke von seinem widerlichen Atem abgekriegt?
Ich konzentrierte mich, so dass meine Hände nicht zitterten, als ich die Rauchfleischstücke aus ihrer Verpackung wickelte. Dann hielt ich sie hoch.
»Nein … Joshua.« Ich konnte die Angst in Sophies Stimme hören. »Was machst du denn da?«
»Nur etwas, das meine Mom mir mal gezeigt hat. Sie kennt alle möglichen Tricks, wie man mit Zombies umgeht.«
Kaum hatte ich es gesagt, merkte ich, wie seltsam das für sie klingen musste. Aber es war zu spät. Der Zombie war nur noch ein paar Schritte entfernt. Ich wedelte mit dem Rauchfleisch hin und her. Der Zombie blieb stehen, und ich erkannte den hungrigen Ausdruck in seinem grauen Gesicht. Seine trüben Augen folgten dem Rauchfleisch wie ein Hund einem Ball, der jeden Moment geworfen wird.
»Na, willst du das Saubermann-Rauchfleisch haben?«, fragte ich.
Ich war mir nicht sicher, aber der Zombie schien zu nicken. Er hatte sein Maul mit den schrecklich verrotteten Zähnen weit aufgerissen.
»Bist du sicher , dass du das Saubermann-Rauchfleisch willst?«
Der Zombie sprang jetzt gierig hoch.
»Dann hol’s dir!« Ich warf die Handvoll Rauchfleisch so weit ich nur konnte über den Parkplatz.
Der Zombie drehte sich um und schlurfte hinterher.
Ehe Sophie und Milton irgendwas fragen konnten, rannte ich los. Meine Eltern standen nicht mehr auf dem Parkplatz. Sie mussten inzwischen in dem Gebäude sein und nach der Säure suchen.
Die gefesselte Gruppe von Wissenschaftlern und Sicherheitsleuten schaute auf, als ich vorbeilief.
»Hey, Junge – warte!«, schrie eine Frau. »Geh da nicht rein!«
Die Stimme der Frau verlor sich in den anderen Hintergrundgeräuschen. Durch die gläserne Flügeltür sah ich jetzt meine Eltern. Und irgendwas war nicht in Ordnung. Ich sah es an ihren Gesichtern. Mom machte einen schnellen Schritt nach vorn und wich sofort wieder zurück. Dads Hand schob sich immer weiter an seinen Mehrzweckgürtel heran.
Sie schienen umzingelt, eingekreist von allen Seiten. Aber von wem? Ich konnte nur Schatten an den Rändern der Eingangshalle erkennen.
Und dann bewegten sich die Schatten. Dunkle Schemen schoben sich aus den Ecken der Halle und bewegten sich näher auf meine Eltern zu.
Es war, als ob die Schatten lebten.
Eine Welle des Entsetzens brach über mich herein. Rauch-Gestalten. Es waren vier. Und sie hatten meine Eltern umzingelt.
Ich drückte gegen die Tür, doch sie ließ sich nicht öffnen. Meine Eltern mussten sie von innen abgeschlossen haben. Durch die Scheibe sah ich, wie Dad seine Deaktomatik zückte. Für den Bruchteil einer Sekunde hüpfte mein Herz. Doch bevor er abdrücken konnte, schlug ihm eine der Rauch-Gestalten die Waffe aus der Hand.
Der letzte kleine Funke Hoffnung erlosch. Meine Eltern waren machtlos. Ich hörte ihre gedämpften Schreie auf der anderen Seite der Tür, als die Rauch-Gestalten um sie herumwirbelten wie Sturmwolken.
Panik erfasste mich. Ich schlug mit den Fäusten gegen die Doppeltür. Den Rest erledigte meine spontane Entflammung. Die Glastür zersprang in tausend Scherben.
Ich rannte in die Halle, noch immer pulsierte die Energiewelle in meinen Adern. Doch genau in dem Moment sah ich, wie die letzte Spur meiner Eltern hinter dem dunklen Rauch verschwand. Diesmal gab es zwei Lichtblitze – einen für jeden – aus dem Inneren der Wolken.
Und im nächsten Moment waren die Rauch-Gestalten verschwunden.
Genau wie meine Eltern.
18
Viele begnadete Kinder treten in die Fußstapfen ihrer Eltern.
Mein Schrei hallte durch den Raum. Ich hatte plötzlich das Gefühl, als ob in meinem Innern ein Loch aufgerissen sei, in das alles, was mir je wichtig war, hineinfiele. Gerade noch waren meine Eltern da gewesen und hatten mit den Rauch-Gestalten gekämpft. Und jetzt – nichts mehr.
Hinter mir hörte ich Schritte, die über das gesplitterte Glas knirschten. Sophie kam in die Eingangshalle gerannt. In dem Moment, als wir uns ansahen, erkannte ich in ihrem Blick, dass sie Bescheid wusste.
»Das Schreck-Duo«, sagte sie. »Das sind –«
»Meine Eltern.« Ich nickte. »Das stimmt.«
Jetzt, als die Wahrheit endlich heraus war, empfand ich nichts von dem, was ich erwartet hatte – weder Angst noch Scham noch Verlegenheit. Ich fühlte mich ausschließlich leer.
Und auch Sophie reagierte nicht, wie
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