Joshua Schreck: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
drehte es auf die Seite und überprüfte das Siegel. Wenn das Zeug so tödlich war, wie meine Eltern behauptet hatten, wollte ich nicht, dass es mir tröpfchenweise am Bein hinab lief. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass das Fläschchen dicht war, schob ich es behutsam in meine Hosentasche.
Ich hatte gerade noch Zeit, die Schranktür zuzumachen, dann stürzte ein großes Stück aus der Stahltür zu Boden. Ich wartete noch einen Moment. Mein Herz raste.
Und dann trat Captain Sauermann in den Raum.
»Fürchte dich nicht, verängstigtes Kind! Captain Saubermann ist da, um dich zu retten!«
Er hatte nicht mehr seine Trainingssachen an, sondern wieder seine gewohnte Uniform. Der leuchtend blaue Umhang bauschte sich hinter ihm, als er durch den Raum auf mich zusauste, und die Muskeln unter dem silbernen Overall wölbten sich sichtbar.
Ich versuchte mich möglichst natürlich zu verhalten, also so zu tun, als ob ich kein Fläschchen mit einer tödlichen Säure in der Hosentasche meiner Jeans hätte.
»Sophie und Marlon sind schon in Sicherheit und warten draußen, bis der ganze Bereich von allen Gefahren befreit ist«, sagte Captain Saubermann. Er kniete sich hin, um mit mir auf Augenhöhe zu sein. »Bist du auf irgendeine Weise durch dieses traumatische Martyrium verletzt worden?«
»Äh … ich glaube, ich bin okay.«
»Sehr gut. Dann lass uns schnell den geordneten Rückzug aus diesem –«
Captain Saubermann brach ab. Sein Blick zuckte nach unten zu meiner Hosentasche.
»Was hast du da, mein Sohn?«
Ich trat einen Schritt zurück. »Hä?«
»In deiner Tasche? Was ist das?«
Ein beklemmendes Gefühl senkte sich über mich. Die Säure. Er musste sie bemerkt haben. Nach der ganzen Suche war ich doch schon fast am Ziel gewesen. Und jetzt sollte alles umsonst gewesen sein?
Captain Saubermanns Gesicht wurde ernster. »Hast du mir irgendetwas zu sagen?«
»Nein«, antwortete ich. »Wirklich, da ist nichts.«
Er hob eine Augenbraue. »Wie nichts sieht das aber nicht aus.«
Ich überlegte, was ich tun sollte, aber eine Idee schien schlechter als die andere. Vor Captain Saubermann weglaufen? Unmöglich. Ihm sagen, ich hätte das Fläschchen mit der tödlichen Säure in meiner Tasche gar nicht bemerkt? Sehr unglaubwürdig.
Ehrlich. Die Lage war aussichtslos.
»Tut mir leid.« Meine Stimme krächzte. »Ich wollte nur –«
»Du musst dich nicht entschuldigen«, unterbrach mich Captain Saubermann. »Ich erkenne Saubermann-Rauchfleisch auf den ersten Blick.«
Für einen Moment glaubte ich, ich wäre kurz weggetreten. Dann schaute ich nach unten. Eine leere Packung Saubermann-Rauchfleisch ragte aus meiner Tasche.
»Äh … richtig.« Erleichtert ließ ich die Schultern sinken. »Ich kann einfach nicht widerstehen bei diesem … Saubermann-Rauchfleisch.«
»Wer sollte dir das verdenken!« Ein Grinsen flog über Captain Saubermanns Gesicht. »Saubermann-Rauchfleisch verbindet starken Geschmack nach Rindfleisch mit einem Hauch von Würze, der dich nach mehr verlangen lässt!«
Es war unglaublich. Er klang genau wie in den Werbespots, die ich hundertfach gesehen hatte.
»Aber jetzt lass uns dich lieber in Sicherheit bringen«, sagte Captain Saubermann.
Der Parkplatz war das reinste Tollhaus. Blaulichter von Krankenwagen und Polizeiautos schnitten durch die Dunkelheit. Die Angestellten und Sicherheitsleute waren befreit worden und machten ihre Aussagen vor der Polizei und den Reportern. Etliche Funkwagen der Nachrichtensender standen in der Gegend herum, ein Wirrwarr von Satellitenschüsseln ragte zum Himmel.
Sobald wir aus dem Gebäude traten, wurden Captain Saubermann und ich von Reportern umzingelt. Ich spürte, wie mir beim Anblick so vieler Mikros und Fernsehkameras das Blut in den Kopf schoss, aber Captain Saubermann verhielt sich wie immer. Er streckte die Brust vor und hob sein Kinn.
»Alles ist unter Kontrolle.« Seine Stimme dröhnte über den lärmenden Parkplatz. »Das Schreck-Duo ist nirgends zu finden, und die vermissten Kinder sind alle wiedergefunden. Ein weiterer böser Plan, der von Captain Saubermann vereitelt wurde.«
Ich vergaß die Reporter und die Fernsehkameras, die Polizei und die Chemikalie in meiner Tasche. In Gedanken spulte ich noch einmal Captain Saubermanns Worte ab. Ein weiterer böser Plan, der von Captain Saubermann vereitelt wurde. Aber er hatte doch gar nichts getan, um meine Eltern aufzuhalten. Das war ja alles das Werk der Rauch-Gestalten gewesen.
Ich schaute zu
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