Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders
zu. „Irgendwann hat sie es dann begriffen und hat sich völlig aus deinem Leben
rausgehalten. Sie hat selten angerufen, keine E-Mails mehr geschrieben und keine telefonischen Einladungen mehr rausgegeben. Sie hat nicht mehr gejammert, sondern einfach ihr Ding gemacht.“
„ Hm, jetzt, wo du es sagst, JOY, ja, jetzt fällt es mir auf. Und seit etwa drei Jahren fahre ich total gern zu ihr. Ich bin mindestens einmal pro Woche zu Besuch. Naja, kurz vor meinem Koma war ich einmal die Woche dort. Und früher musste ich mich zwingen, einmal im Monat dort aufzu-laufen.“
„ Siehst du, Robert, das ist genau das, was ich dir gerade erklären wollte. Lass eine Sache los, und sie kann sich entwickeln. Deine Ma hat das perfekt verstanden. Es ist eigentlich ungewöhnlich, dass ein Mensch in ihrem Alter das noch kapiert. Wer weiß, wo sie das gelernt hat. Auf jeden Fall hat es funktioniert.“
„ Ja, das hat es“, pflichtete ihm Robert bei. „Und ich bin froh, dass es funktioniert hat. Damals lief ich ständig mit einem schlechten Gewissen herum, weil ich mich nicht um sie gekümmert habe. Das hat sich dann irgendwann von alleine geklärt. Wenn ich ehrlich bin, habe ich das so gut wie gar nicht bemerkt.
Aber, JOY, ich kann ja nicht immer alles so hinnehmen, oder? Manchmal muss ich doch auch meine Meinung sagen und mir Luft machen. Ich habe keine Lust mehr, immer nur der Liebe zu sein.“
„ Ja, Robert, das ist völlig o.k. Du musst jedoch immer aufpassen, dass du keinen verletzt.“
„ Wie, keinen verletzt?“, fragte Robert. „Das geht ja wohl auch nicht immer, wenn ich mir Luft machen will. Ich finde, es sollte im Kreis der Menschen, die um einen herum sind, auch möglich sein, hin und wieder mal ausrasten zu dürfen. Und dass einem nicht jeder Satz noch nach 20 Jahren wiederholt aufs Butterbrot geschmiert wird.“
„ Hm“, räusperte sich JOY nicht ganz zustimmend. „Also, eigentlich ist die höfliche, aber bestimmte Tour die bessere.“
„ Ja, ja, das mache ich seit 45 Jahren. Mir reicht es jetzt. Ich will einfach Robert sein. Mal blöd sein können. Sagen dürfen, was ich will, wenn ich gerade die entsprechende Empfindung dazu habe. Einfach richtig ausrasten, wenn mir danach ist.“
„ Naja, Robert, ich höre schon, du machst Fortschritte ......allerdings in jede Richtung“, schmunzelte JOY.
„ Jawohl, in jede Richtung, stimmte Robert zu. Mir fällt dazu übrigens eine Geschichte ein, JOY. Eine wahre Geschichte. Es ist ungefähr 16 Jahre her. Damals hatte ich einen Vorgesetzten, der sich für den Allertollsten hielt. Mr. Wichtig. Ich sage dir, der hat mich auf die Palme gebracht. Mann, Mann, da hatte ich manchmal schon morgens um acht die Nase voll und keine Lust mehr, auch nur noch einen Handschlag zu tun.
Der Typ hat den ganzen Tag rumgejammert, dass er keine Zeit hätte. Er glaubte wirklich, dass er der Einzige sei, der arbeitet. Und er hatte es sooooooooo schwer. Da hab ich mich dann hingesetzt und folgende E-Mail verfasst – magst du sie hören, JOY?“
„Na klar, schieß los!“
„ ,Guten Tag, Herr Sommer, wissen sie, was mir aufge-fallen ist? Sie sind mit Ihrer Zeitplanung wirklich arm dran. Und vor allem machen Sie so viele Sachen, die kein Mensch braucht. Damit hinterlassen Sie der Welt nichts wirklich Nützliches. Wissen Sie eigentlich, dass Ihre Jammerei mittlerweile so albern ist, dass die Kollegen schon über Sie lachen? Schauen Sie sich Ihre E-Mails an, vielleicht hören Sie besser auf mit der Opferrolle und drücken nicht ständig auf Replay. Oder wollen Sie bedauert werden? Für wie wichtig halten Sie sich eigentlich? Warum spielen Sie immer den tollen Typen? Glauben Sie, dass das unheimlich cool ist, nur weil Ihr Gehaltsstreifen ein bisschen höher ist? Wissen Sie, Herr Sommer, was mir aufgefallen ist? Wenn Ihnen jemand etwas sagt, was Ihnen nicht passt, dann finden Sie keinerlei Möglichkeit, wirklich zu diskutieren. Dann rasten Sie aus oder gehen möglichst schnell, damit keiner etwas bemerkt, und schieben immer wieder ihre Zeitplanung vor. Sie sind wirklich simpel und für mich relativ einfach zu durchschauen. Ich sitze hier und schmunzle herzlich. So, lieber Herr Sommer, das musste einfach mal raus und war schon lange fällig. So unproduktiv, wie Sie arbeiten, das hat diese Firma wohl noch nicht gesehen. Eigentlich können Sie auf diese Mail kaum etwas antworten. Sie wissen nämlich, dass das alles wahr ist. Sie können mir
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