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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Hab nur Kopfschmerzen.« Ich zog einen Arm aus Howie und wischte mir übers Gesicht, das tropfnass war. »Das war Rettung in letzter Minute.«
    »An einem heißen Tag – und damit meine ich Juli und August, wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist und es über dreißig Grad hat – sollte niemand mehr als eine Viertelstunde ein Howie-Kostüm tragen«, sagte Mr. Easterbrook. »Wenn Ihnen jemand etwas anderes erzählt, schicken Sie ihn gleich zu mir. Und Sie sollten ein paar Salztabletten schlucken. Wir möchten, dass unsere Saisonkräfte hart arbeiten, aber umbringen wollen wir sie ganz bestimmt nicht.«
    Er holte das Walkie-Talkie hervor und sprach kurz und leise hinein. Fünf Minuten später kam der alte Hase von vorhin in seinem Wagen angefahren und brachte mir ein paar Aspirin und eine Flasche wunderbar kaltes Wasser. Unterdessen hatte sich Mr. Easterbrook neben mich gesetzt, wobei mich die Vorsicht, mit der er sich auf der obersten Treppenstufe niedergelassen hatte, irgendwie nervös gemacht hatte.
    »Wie heißen Sie, mein Sohn?«
    »Devin Jones, Sir.«
    »Und? Nennt man Sie schon Jonesy?« Er wartete die Antwort nicht ab. »Natürlich tut man das, wie auf dem Jahrmarkt. Und Joyland ist nun mal ein verkappter Jahrmarkt. Parks wie dieser hier werden nicht mehr lange Bestand haben. Die Disneys und Knott's Berry Farms werden nach und nach alle anderen verdrängen, außer vielleicht hier unten im mittleren Süden. Sagen Sie, von der Hitze abgesehen – wie hat Ihnen das erste Mal im Fell gefallen?«
    »Ganz gut.«
    »Warum?«
    »Irgendwie, weil manche Kinder geweint haben.«
    Er lächelte. »Und?«
    »Bald hätten sie alle geweint, und ich konnte das verhindern.«
    »Ja. Sie haben den Hokey-Pokey getanzt. Ein genialer Einfall. Woher wussten Sie, dass das klappen würde?«
    »Keine Ahnung.« Dabei … dabei wusste ich es natürlich. Auf einer tieferen Ebene irgendwie schon.
    Er lächelte wieder. »In Joyland werfen wir unsere neuen Mitarbeiter ohne große Vorbereitung ins kalte Wasser, denn bei manchen Leuten, manchen begabten Leuten, befördert das eine gewisse Spontaneität, und das ist etwas Besonderes, etwas sehr Wertvolles, für uns wie für unsere Besucher. Haben Sie heute etwas über sich gelernt?«
    »Himmel, keine Ahnung. Vielleicht. Aber … darf ich etwas sagen, Sir?«
    »Nur zu.«
    Ich zögerte und beschloss dann, ihn beim Wort zu nehmen. »Diese Kleinen alle in die Kindertagesstätte zu schicken – in eine Tagesstätte in einem Vergnügungspark –, das kommt mir, ich weiß nicht, ziemlich gemein vor.« Hastig fügte ich hinzu: »Obwohl die Kinder im Wiggle-Waggle ihren Spaß zu haben scheinen. Wirklich.«
    »Eine Sache sollten Sie begreifen, mein Sohn. In Joyland sind wir gerade mal so viel in den schwarzen Zahlen.« Er hielt Daumen und Zeigefinger nur ein klein wenig auseinander. »Wenn die Eltern wissen, dass wir uns um ihre Kleinen kümmern, wenn auch nur für ein, zwei Stunden, dann kommen sie mit der ganzen Familie. Wenn sie zu Hause einen Babysitter anstellen müssten, würden sie vielleicht gar nicht kommen, und unsere Gewinnspanne würde sich in Luft auflösen. Ich verstehe allerdings auch, was Sie sagen möchten. Die meisten dieser kleinen Kinder waren noch nie in einem solchen Park. Sie werden sich daran erinnern, wie sie sich auch an ihren ersten Kinofilm erinnern werden oder an ihren ersten Schultag. Und Ihnen haben sie es zu verdanken, dass sie in ihrer Erinnerung nicht geheult haben, weil ihre Eltern sie eine Weile im Stich gelassen haben; sondern sie werden daran zurückdenken, dass Howie wie von Zauberhand aufgetaucht ist und sie mit ihm den Hokey Pokey getanzt haben.«
    »Gut möglich.«
    Er streckte die Hand aus, nicht nach mir, sondern nach Howie, und streichelte mit den knochigen Fingern das Fell. »In den Disney-Parks läuft alles genau nach Plan, und das finde ich furchtbar. Ganz, ganz furchtbar. Das, was die da unten in Orlando machen, ist Spaßprostitution. Ich bin ein großer Freund von Spontaneität, und manchmal entdecke ich jemand, der es darin zur Meisterschaft bringt. Vielleicht sind Sie so jemand. Noch ist es zu früh, das zu sagen, aber möglich wäre es.« Er legte sich die Hände ins Kreuz und streckte sich. Ich hörte ein erschreckend lautes Knacken. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich in Ihrem Wagen in die Abdeckerei mitfahre? Ich glaube, ich habe für einen Tag genug Sonne abbekommen.«
    »Mein Wagen ist Ihr Wagen, Sir.« Da Joyland ihm gehörte, war das sogar

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