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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Büüügel! «
    Der Sicherheitsbügel senkte sich herab und rastete hörbar ein. Einige der Mädchen übten sich schon mal in spitzen Schreien. Damit ihre Stimmbänder bereit waren, wenn es an der Zeit war, Arien der Angst anzustimmen, sollte man meinen.
    Die Gondel fuhr mit einem Ruck an, und wir verschwanden im Horror House.
    *
    Neun Minuten später stiegen wir aus und verließen die Geisterbahn zusammen mit den übrigen Besuchern durch die Spielhalle. Dabei konnten wir hören, wie Eddie die nächste Zugladung ermahnte, die Hände im Waaagen zu behalten und auf den Büüügel zu achten. Dabei vermied er jeden Blickkontakt zu uns.
    »Das Verlies war ja nicht gerade gruselig – die Gefangenen waren alles Dobies«, sagte Erin. »Der in dem Piratenkostüm war Billy Ruggerio.« Sie war hochrot im Gesicht, und ihr Haar war von den Ventilatoren ganz verstrubbelt – ich fand, dass sie noch nie so hübsch ausgesehen hatte. »Aber auf den Schreienden Schädel war ich nicht vorbereitet, und die Folterkammer … du meine Güte!«
    »Ziemlich krass«, stimmte ich ihr zu. Während meiner Highschool-Jahre hatte ich eine Menge Horrorfilme gesehen und hielt mich für einigermaßen abgebrüht, aber als da ein Kopf mit hervorquellenden Augen die schräge Rinne von der Guillotine runtergerollt war, hätte ich mir fast in die Hosen gemacht. Ich mein ja nur – der Mund hatte sich noch bewegt.
    Draußen auf der Joyland Avenue entdeckten wir Cam Jorgenson vom Team Foxhound, der Limonade verkaufte. »Wer möchte eine?«, fragte Erin, die noch immer total aufgedreht war. »Ich lad euch ein!«
    »Klar«, sagte ich.
    »Tom?«
    Er zuckte zustimmend mit den Achseln. Erin sah ihn fragend an und rannte dann zu Cam hinüber. Tom schaute zu, wie die Rakete im Kreis herumraste. Vielleicht starrte er aber auch durch sie hindurch.
    Erin kam mit drei großen Pappbechern zurück, in denen jeweils eine halbe Zitrone schwamm. Wir schlenderten zu den Bänken im Joyland Park gleich neben dem Wiggle-Waggle Village hinüber und setzten uns in den Schatten. Erin plapperte über die Fledermäuse am Ende der Geisterbahnfahrt – zwar habe sie gewusst, dass das nur Aufziehpuppen an Drähten seien, aber sie habe eben schon immer entsetzliche Angst vor Fledermäusen gehabt und …
    Sie verstummte. »Tom, alles in Ordnung? Du hast ja kein Wort gesagt. Dir ist nicht übel, weil du dich im Fass im Kreis gedreht hast, oder?«
    »Mit meinem Magen ist alles in Ordnung.« Er trank einen Schluck von seiner Limonade, wie um es zu beweisen. »Was hatte sie an, Dev? Weißt du das?«
    »Hä?«
    »Das Mädchen, das ermordet wurde. Laurie Gray.«
    »Linda Gray.«
    »Laurie, Larkin, Linda, mir doch egal. Was hatte sie an? Einen Tellerrock – einen langen, der ihr bis übers Schienbein ging – und eine ärmellose Bluse?«
    Ich sah ihn aufmerksam an, und Erin auch, weil wir beide im ersten Moment dachten, er wolle uns nur wie so oft veralbern. Allerdings sah er überhaupt nicht danach aus. Eher so, als wäre er halb tot vor Angst.
    »Tom?« Erin berührte ihn an der Schulter. »Hast du sie gesehen? Mach jetzt keine Witze.«
    Er nahm ihre Hand, sah sie aber nicht an. Sein Blick war weiterhin auf mich gerichtet. »Genau«, sagte er. »Einen langen Rock und eine ärmellose Bluse. Und du weißt das, weil Lady Shoplaw es dir erzählt hat.«
    »Was für eine Farbe?«, fragte ich.
    »Schwer zu sagen – das Licht hat sich andauernd verändert. Aber ich glaube, blau. Sowohl Bluse als auch Rock.«
    Da ging Erin ein Kronleuchter auf. »Heilige Scheiße«, seufzte sie. Und plötzlich war sie auch nicht mehr hochrot.
    Es gab noch eine andere Sache, die die Polizei Mrs. Shoplaw zufolge lange Zeit zurückgehalten hatte.
    »Und ihre Haare, Tom? Ein Pferdeschwanz, richtig?«
    Er schüttelte den Kopf. Trank einen kleinen Schluck von seiner Limonade. Wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Seine Haare waren nicht grau geworden, ihm traten die Augen nicht aus den Höhlen, und seine Hände zitterten nicht, aber er sah trotzdem nicht mehr so aus wie der Typ, der im Spiegelkabinett und in dem Raum mit den Fässern und der Brücke die ganze Zeit nur Witze gerissen hatte. Er sah eher aus wie jemand, dem gerade ein Realitätseinlauf verpasst worden war, und zwar so, dass der ganze Erstsemester-Sommerjob-Unfug aus ihm rausgespült worden war.
    »Kein Pferdeschwanz. Ihre Haare waren dafür zwar lang genug, aber sie hatte irgendwas, damit sie ihr nicht ins Gesicht fielen. Die Dinger hab ich

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