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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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ministerielle Verwarnung auf herzoglichem Boden katholische Baulichkeiten errichten könne, musterte der kleine, bewegliche, hagere Herr grimmig, stramm, hochmütig die Kommission, warf dann nachlässig, provokatorisch hin, das seien seine neuen Wirtschaftsgebäude. Näheren Zutritt verwehrte er. Kapuziner, paarweise, erschienen. Der kleine Graf, immer mit dem gleichen Hohn, erklärte, das sei seine neue Livree, er wünsche, die Mode möge recht bald überall im Land im Schwang sein. Unverrichteterdinge zog die Kommission nach Heilbronn ab. Erzwang schließlich die Besichtigung der Baulichkeiten. Schickte dem Grafen durch Gerichtsdiener ein grobes Schreiben mit gemessenem Befehl, Kloster und Kirche niederzureißen, binnen drei Tagen damit zu beginnen. Der Graf schmiß den Mann eigenhändig die Rampe hinab, hetzte ihn mit Hunden den Berg hinunter. Da erschien Moser, der stattliche, wichtige, komödiantische Mann, mit einem Detachement Soldaten, ließ Kirche und Kloster schleifen, zog erst ab, als der Graf, heiser vom Schimpfen, diese Arbeit sowie die militärische Exekution auf Heller und Groschen bezahlt hatte. Im Grundstein des Klosters fand man eine Schrift, nach der dieses Kloster Stettenfels der Verbreitung des alleinseligmachenden katholischen Glaubens und der Bekehrung des ketzerischen württembergischen Landes geweiht sein sollte.
    Jubel im Land, im Parlament. Es polterte im engeren Ausschuß der massige, grobe Bürgermeister Johann Friedrich von Brackenheim: »Man ist noch wer. Wenn man recht will, zwingt man die ketzerischen Hunde noch immer, ihren eigenen Kot zu fressen.« Der finstere Neuffer sinnierte: »Viele Hemmungen sind auf den Wegen der Fürsten. Sie sind nur Reizungen; überwunden, würzen sie doppelt den Geschmack der Macht.« Unterm Volk lautes Frohlocken. Im »BlauenBock« ließ sich der Konditor Benz noch einen Schoppen Wein geben, feixte: »Es gibt noch Dinge, wo weder keine Hur noch kein Jud einreden darf.« Herzinnige Freude der Harpprecht und Bilfinger. Stiller, demütiger Dank an den Herrn in den Bibelkollegien der Pietisten. Die Beata Sturmin, die blinde Heilige, hatte es vorausgewußt. Sie hatte gedäumelt, sie hatte die Stelle aufgeschlagen: »Verflucht sei der Mann, der ein gehauenes oder gegossenes Bild macht, den Greuel des Ewigen, ein Werk von Künstlers Hand, und aufstellt im geheimen.« Im Bibelkollegium von Hirsau aber sang der fromme Chor gleich dreimal hintereinander das Lied des Magisters Jaakob Polykarp Schober: Jesus, der beste Rechenmeister.
    Aber auch weit hinaus über die schwäbischen Grenzen, im ganzen deutschen Reich erregte dieser Stettenfelsische Handel das größte Aufsehen. Der Würzburger Fürstbischof beschwerte sich offiziell beim Herzog durch seine Räte Fichtel und Raab. Der Herzog, im Glauben, man habe ihn bei seinen eigenen Religionsverwandten mit Absicht verdächtigt und verächtlich machen wollen, war schwer erzürnt. Dennoch stieß ihn der sehr kluge Würzburger Bischof nicht weiter. Er wußte, Karl Alexander war durch anderes sehr beansprucht, er sparte sich eine energische Aktion für später.
    Karl Alexander hatte wirklich alle Hände voll mit lauter kleinen, mißlichen Angelegenheiten. Süß dachte nun ernstlich daran, sich nobilitieren zu lassen. Seine Stellung war gefestigt genug, er begehrte zum Besitz der Macht jetzt auch ihre Titel und Würden, er trug sich mit dem Plan, das Amt des Landhofmeisters in aller Form zu übernehmen. Hätte er sich taufen lassen, so wäre das von heute auf morgen möglich gewesen. Aber es war sein Ehrgeiz, diese höchste Stelle im Herzogtum trotz seines Judentums vor Kaiser und Reich innezuhaben. Der Herzog hatte auch, nachdem Süß bei seiner Redoute ihm Magdalen Sibylle zugeführt hatte, durch seinen Wiener Gesandten, den Geheimrat Keller, das Gesuch seines Hoffaktors unterstützt, ein Adelsdiplom für ihn verlangt undtausend Dukaten dafür geboten. Aber nicht nur das württembergische Parlament, auch die Ministerkollegen des Süß intrigierten am Wiener Hof, so geriet die Angelegenheit ins Stocken. Süß, um den Herzog zu spornen und sich unentbehrlich zu zeigen, stoppte seinen Eifer für Karl Alexander, erbat unter dem Vorwand dringlicher persönlicher Geschäfte einen Urlaub ins Ausland. Sofort klappte die Rekrutierung nicht mehr, die Geldmittel fürs Heer kamen nicht mehr herein, die Weiber wurden schwieriger, tausend kleine Mißhelligkeiten, die die Gewandtheit seines Finanzdirektors bisher ihm ferngehalten,

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