Judasbrut
schnellen
Schritten war auch Maria dabei ihm zu folgen.
»Maria!
Nein!« Perez trat ihr in den Weg. »Ich mach das!«
In
elegantem Schwung setzte er über den Zaun, den Jens bereits überwunden hatte.
»Warte!«
Jens
hielt inne und sah Perez an.
»Bleib
hier! Nina braucht dich!«
Der
Blickwechsel dauerte nur eine Sekunde – dann
nickte Jens. Perez folgte Eichmüller, der zwischen den Streben des Riesenrads
stehen geblieben war und sich den verletzten Oberarm hielt. Als er Perez
bemerkte, sah er sich panisch um, fand aber keine Fluchtmöglichkeit.
Polizeibeamte waren inzwischen rings um das Riesenrad postiert. Mit einem irren
Lachen begann Eichmüller das Riesenrad zu erklimmen.
»Du
kannst es nicht mehr aufhalten, Perez!« Eichmüllers Stimme klang hoch und
schrill.
Er
spritzte wieder Bier in Perez’ Richtung, der gemächlich ein Stück hinterher
kletterte, aber keinen Versuch machte, dem Strahl auszuweichen.
Eichmüller
gefiel das nicht. Er hielt inne. »Du brauchst mich! Ich habe die Phagen gestern
zerstört! Nur ich kann dir Neue besorgen! Du stirbst wie die anderen! Und es
werden noch mehr sterben!«
Erstaunlich
behände kletterte Eichmüller höher und höher. »Leonhard!«, rief Perez hoch. Er
wartete, bis der sich ihm zuwandte. »Abba hat bereits welche. Und sie wirken.
Wir haben sie ausprobiert!«
Das
stimmte zwar nicht, aber Eichmüllers Antwort klang trotzdem aufgebracht. »Du
lügst! Matti ist im Krankenhaus.«
»Er ist
gerade in einem Labor an der Uni. Wir haben gestern morgen Wasserproben genommen
und er hat Phagen gefunden – viele Phagen. Ich brauche dich
nicht! Wir brauchen dich nicht, Leonhard. Es ist vorbei! Du wirst nicht
derjenige sein, der den Ruhm bekommt, sondern Abba!«
»Neiiiiiiin!«
Es klang wie der Schmerzensschrei eines Tieres. Eichmüller zerrte sich den
Rucksack vom Rücken und schleuderte ihn von sich. Maria hielt die Luft an, als
er durch die Luft flog, doch anstatt auf dem Boden zu zerplatzen, landete er – unversehrt – auf dem Dach des Kassenhäuschens.
Eichmüller
kletterte noch höher. Als er ganz oben anlangte, stieß er einen wilden Schrei
aus. Dann stürzte er sich in die Tiefe.
Maria
schloss die Augen. Mit einem hässlichen Geräusch schlug Eichmüller auf dem
Asphalt auf.
Als
Erstes sorgte Maria dafür, dass Paul eine großzügige Sperrzone errichten ließ,
und kontaktierte Leibl, damit möglichst wenig Gefahr für die Allgemeinheit
entstehen würde. Perez war inzwischen hinuntergeklettert. Bevor jemand anderes
es tun konnte, war sie bei ihm.
»Bleib
lieber weg. Ich hab einiges von dem Zeug abbekommen.« Seine Kleidung tropfte.
»Setz
dich dahin. Ich sorge dafür, dass dir niemand zu nahe kommt. Dann kann dich
auch niemand fragen, wer du eigentlich bist.«
Sie
hatte schon die Hand erhoben, um ihm auf die Schulter zu klopfen, doch mitten
in der Luft hielt sie inne.
Er
grinste schief. »Danke.«
»Jens!« Nina, die es nicht
fertiggebracht hatte zu gehen, ohne zu wissen, ob es Jens gut ging, stürzte auf
ihren Mann zu.
Als er
sie kommen sah, hatte er eine Hand in Richtung Nina ausgestreckt, senkte sie aber
wieder, bevor sie sie berühren konnte.
»Ich
muss ins Krankenhaus«, antwortete er schroff. »Vielleicht bin ich infiziert.«
Sie
öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann schwieg sie. Sie folgte seinem
Blick, der Perez suchte. Er saß abseits auf dem Podest des Riesenrads.
»Er hat
sich dazwischen gestellt«, sagte Jens rau. »Und er hat mich zu dir geschickt.«
Nina
wusste nicht, was sie sagen sollte. Jens wandte sich zum Gehen. Nach ein paar
Schritten hielt er inne, dann sah er über seine Schulter zu ihr zurück. Als er
sah, dass sie ihn immer noch beobachtete, wurde sein Blick zärtlich und traurig
zugleich.
Zaghaft
lächelte sie. Mit den Fingerspitzen berührte sie ihre Lippen.
Schließlich
ging er auf einen der Krankenwagen zu.
Maria reichte Perez eine Wasserflasche.
In angemessener Entfernung hatte sich eine junge Polizeibeamtin postiert, um
niemanden in seine Nähe zu lassen. Maria winkte die Frau fort.
Mit der
Flasche in der Hand deutete Perez zu der Stelle, wo die inzwischen abgedeckte
Leiche Eichmüllers lag. »Ich befürchte ja, dass Sara trotzdem deprimiert sein
wird.«
Maria
dachte an Andreas. Sie hatte längst aufgehört ihn zu lieben, doch sein Tod – vor
allem unter solchen Umständen – würde ihr dennoch nahegehen.
»Sie hat ihn schließlich irgendwann einmal geliebt. Sonst hätte sie ihn
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