Judasbrut
Rücken zu sehen. Als sie aus der Station heraus war,
sah sie sich um. Bennett stand mit dem anderen Mann vor den Aufzügen. Sie
näherte sich vorsichtig.
»Er ist
doch so ein gutherziger Mensch«, sagte Bennett gerade mit belegter Stimme. Sein
Gesicht war geschwollen und er hatte ein zusammengeknülltes Taschentuch in der
Hand. »Ich kann das immer noch nicht glauben! Vorhin … waren
wir noch zusammen bei der Bank und er hat eine wirklich sehr großzügige Spende
an die AIDS-Stiftung gemacht und er sagte … sagte … es ist … ist so … wichtig … den Menschen zu helfen … « Seine
Stimme brach.
Zu
Ninas Erleichterung beachtete Bennett sie gar nicht. Er hatte sie vorhin, als
er ihr die Schlüssel für seinen Sportwagen gab, nur sehr kurz gesehen, und
falls er sie jetzt erkannte, würde sie ihm einfach irgendeine Geschichte
auftischen. Aber das schien nicht nötig zu sein, denn er war offenbar mit sich
selbst beschäftigt.
»Beruhige
dich, Bill«, sagte der Dunkelhaarige und tätschelte ihm die Schulter.
»Vielleicht hast du dich getäuscht?«
»Nein!
Nein, ich habe es doch gelesen! In seinem … seinem
Abschiedsbrief«, er schluchzte kurz, »er hat geschrieben, er könne nicht mit
der Schuld am Tod von Esser und der anderen Menschen leben! Welche anderen?« Er schnäuzte sich. » Oh my goodness, Matthew!
What did you do? «
Der
Aufzug kam und die Männer stiegen ein. Nina stellte sich mit dem Rücken zu den
beiden und drückte auf den Knopf für das Erdgeschoss. Offenbar wollten die
beiden auch dorthin, denn sie rührten sich nicht.
Während
der Aufzug sich in Bewegung setzte, hörte sie, wie Bennett sagte: »Danke, dass
du gekommen bist, Leonhard. Für dich muss das alles ja besonders hart sein.
Deine Frau … es ist wirklich furchtbar … aber
ohne sie wäre Matthew nicht mehr … «
Bennett hickste, weil er versuchte, einen Schluchzer zu unterdrücken. »Sie … sie
hat den Brief vernichtet … Vielleicht hat sie ihn gelesen und wollte nicht, dass er … Der
Arzt sagte, er kann bald wieder sprechen. Hoffentlich sagt er uns dann selbst,
was er gemeint hat.«
»Ja,
das hoffen wir.« Eichmüller klang nachdenklich. »Aber es wäre sicher besser,
wenn du niemandem sagst, was in dem Brief stand. Ich glaube, er … würde
das nicht wollen, sondern es selbst tun.«
Als
Antwort hickste Bennett noch einmal.
Der
Aufzug hielt an und die Tür öffnete sich. Nina verließ den Aufzug und blieb gleich
stehen, um vorgeblich etwas in ihrer Tasche zu suchen. Bennett und Eichmüller
gingen an ihr vorbei. Ihnen weiter zu folgen, traute sie sich nicht.
Stattdessen machte sie sich auf den Weg zu Perez.
Unterwegs ins
Untersuchungsgefängnis
Während der Vernehmung gab Sara
sich kühl und abweisend. Sie antwortete auf keine einzige Frage, auf die sie
nicht antworten musste, was die Angelegenheit sehr zäh machte. Michelle
unterdrückte mehrfach ein Gähnen. Schließlich beendete Maria das Ganze, um Sara
ins Untersuchungsgefängnis nach Nürnberg zu überstellen und zusammen mit
Michelle die Gelegenheit zu nutzen, Cohen dort erneut zu befragen.
Im
Wagen nahm Michelle auf dem Beifahrersitz Platz, Maria dahinter.
»Fahr
bitte über die B 4. Das dauert länger«, sagte Maria zu Jens. Dann nahm sie Sara
die Handschellen ab.
»Danke.«
Ohne
Umschweife kam Maria zur Sache: »Ich habe vorhin mit Perez gesprochen. Ich
weiß, dass er beim Verfassungsschutz ist.«
Unsicher
flog Saras Blick zwischen den anderen Insassen des Autos hin und her.
»Bitte,
Frau Eichmüller, wir haben nicht viel Zeit. Die beiden Kollegen wissen
Bescheid. Sie können ihnen vertrauen.« Kurz überlegte Maria, ob sie sagen
sollte, wer Jens war, doch ihr fiel ein, was Perez gesagt hatte. Persönliche
Befindlichkeiten mussten warten.
»Ich
bin keine Mörderin«, sagte Sara leise. »Ich war nicht mal in Biancas Nähe – und
Perez und Meir auch nicht, bitte glauben Sie mir das.«
Sanft
legte Maria eine Hand auf ihre. »Ich kann Ihnen helfen, wenn ich die Wahrheit
kenne.«
Schließlich
nickte Sara. »Ich will nicht, dass alles umsonst war.«
Maria
dachte an den Abschiedsbrief von Leibl, von dessen Inhalt sie nicht mehr kannte
als ein unbestimmtes Schuldbekenntnis. Doch beides ließ sie unerwähnt. »Fangen
Sie an. Am besten von vorn«, bat sie.
Sara
blickte aus dem Fenster. »Leonhard und ich haben uns schon lange
auseinandergelebt, nicht nur wegen seiner ständigen Affären … Seit
Elias im Internat war, dachte ich immer öfter an
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