Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz

Vom Netzwerk:

gegenüber den ermordeten Frauen empfand, sondern weil ihm jemand zu nahe kam und es unmissverständlich zeigte. Er griff zum Telefon und rief die Nummer an. Eine Herausforderung.
    Das Gespräch wurde angenommen, wie er am Klicken hörte, aber es redete niemand.
    »Sie haben mir eben Fotos geschickt, Sir«, sagte David. »Würden Sie mir verraten, was ich damit soll?«
    Ein leises, dunkles Lachen erklang. »Sie haben schnell reagiert, Mister Undertake.«
    »Sie sind?«
    »Ihre Rettung. Wenn Sie wollen«, sagte eine kräftige Stimme. »Ich weiß, für wen Sie in den letzten zwei Jahren gearbeitet haben, Mister O’Liar. In den nächsten Tagen werden Ihre Kunden in größte Schwierigkeiten geraten und die Macht auf ihrem eigenen Territorium verlieren. Sie können zusammen mit Ihren Kunden in den Abgrund rauschen oder …« Der Mann machte eine Pause.
    David fragte nicht nach. Auf diese Spielchen ließ er sich nicht ein. »Sir, die Bildchen von meinen ermordeten Sexgespielinnen taugen nicht sonderlich gut, mich einzuschüchtern. Anhängen werden Sie mir die Morde auch nicht können, weil ich immer mehr Beweise für meine Unschuld liefern werde, als Sie Gegenbeweise erbringen. Kein irischer Richter wird mich verurteilen.«
    »Es war nicht zur Einschüchterung gedacht, Mister O’Liar. Es war ein Ausblick. Sie kennen König Midas, der alles zu Gold verwandelte, was er anfasste? So wird es Ihnen ergehen, mit dem kleinen Unterschied, dass alles, was und wen SIE anfassen oder treffen, sterben und vergehen wird.« Die Stimme klang freudig. »Ihre Kontakte in der Wirtschaft, Politik, Verwaltung und sonst wo sind durchaus beeindruckend, Mister O’Liar. Sie wären für mich hilfreich, sicherlich, aber
brauchen
tue ich sie nicht.«
    David nahm an, dass der Unbekannte die Wahrheit sprach. Das bedeutete, dass es sich um niemand Menschliches handelte. Ein Erzfeind hatte sich bei ihm gemeldet und bot ihm den Wechsel an. Zwei Jahre Vorbereitung sowie Unsummen an Geld hatte ihn die Machtübernahme gekostet. »Was wird geschehen, das Sie glauben macht, meine Kunden würden – wie sagten Sie gleich – in den Abgrund rauschen?«
    »Drei Personen sind in Irland unterwegs: eine Judastochter, eine Bestie und ein Bestienjäger. Das Trio hat versucht, den Anschein zu erwecken, man würde sich nicht kennen oder nicht zusammenarbeiten. Aber ich habe sie schon lange durchschaut. Diese Konstellation, und daran glaube ich fest, ist von Ihren Auftraggebern nicht in den Griff zu bekommen. Ich weiß, wovon ich rede.« Der Mann lachte wieder leise. »Ich habe es nicht nötig, Ihnen Angst einzujagen. Abgesehen davon gelänge es mir auch nicht. Schauen Sie aufmerksam Nachrichten, hören Sie sich bei Ihren ganzen Informanten um, und entscheiden Sie sich, Mister O’Liar, was mit Ihnen und Ihrer Arbeit geschehen soll. Es liegt alleine in Ihren Händen.«
    »Sie sind der Ard Rí?« Für David war es mehr oder weniger ein sicherer Schuss ins Schwarze. Er hatte überlegt, wer ihm ein solches Angebot machen konnte. Es kam nur eine Person in Frage – sofern man von einer Person reden konnte. Individuum wäre korrekter.
    »Entscheiden Sie sich rasch. Es wäre gut, wenn Sie für mich Kontakte zur Garda und zu Rettungskräften herstellen könnten. Es wird bald viele explosive Brände geben, die nicht sofort gelöscht werden sollten.«
    »Wenn Sie der sind, für den ich Sie halte, dann wissen Sie, dass meine Auftraggeber extrem nachtragend sind. Ich kann mein Leben verlieren, Sir.«
    »Ich biete Ihnen gern Schutz, Mister O’Liar. Aber eigentlich sollten Sie das selbst hinbekommen«, sagte der Unbekannte.
    »Was habe ich davon, dass ich die Seiten wechsle?«
    »Sie behalten Ihre Position. Und wir sehen weiter, welche Verwendung ich für Sie und Ihre Macht übernehmenden Vorbereitungen habe. Kann sein, dass ich sie weiterbetreibe, kann sein, dass wir sie auf Eis legen.« Der Mann klang gelangweilt.
    Das ärgerte David. Es war eine Missachtung seiner Kunst! »Sir, nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich denke nicht, dass Sie meinen Auftraggebern das Wasser reichen können. Dennoch denke ich darüber nach. Wann darf ich …«
    Klick.
    David sah fragend auf den Hörer, aus dem ein leises
Tut-tut-tut
klang. Man hatte ihn einfach weggedrückt. Seine Aussage war als Ablehnung verstanden worden.
    Aber er wäre nicht Mister Undertake, wenn er keinen Einfall parat hätte.
    Die nächste Mail ging an den Professor, in der David ihm knapp und präzise darlegte, was es