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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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wirkten besser als jedes menschliche Potenzmittel.
    David fühlte die Enttäuschung, beim Ard Rí eventuell wieder von vorne beginnen zu müssen: Vertrauen erschleichen, Wandler auf seine Seite ziehen, die Oenach, die Rís, die freien Wandelwesen. Bis er so weit war, gab es in Irland bestimmt wieder Wahlen, die Ansprechpartner wechselten, auch der Premierminister könnte ein anderer sein – sehr viel Arbeit für Mister Undertake.
    Aber genau
dafür
lebte er!
    Am Ende, eines Tages, irgendwann, wäre er der Herrscher über Irland, mit seinen Wandlern, Vampiren, Menschen und was es sonst noch so gab, von dem die wenigsten eine Ahnung hatten. Selbst er kannte lange nicht alles, was auf der Erde kreuchte und fleuchte. Und nach Irland, wer wusste das schon? Die Erde verfügte über viele Länder und Regierungen. Vielleicht besaß er bis dahin die Verbindungen, die ihm der Professor versprochen hatte.
    Aber jetzt wollte er Dampf ablassen.
    David öffnete die Tür und blickte mit einem panhaften Grinsen auf das Model und die Stewardess. »Ladys, ich
stehe
zu Diensten.« Sein Bademantel glitt zu Boden. »Und das meine ich wörtlich.«
    * * *

18. Februar, Nordirland,
Maghera, 12.51 Uhr
    Sia erwachte und schwebte in großer Höhe über einer Stadt. Es war gleißend hell, und sie verspürte starke Schmerzen am ganzen Körper.
Ich … habe die Windgestalt angenommen!
    Das Letzte, dessen sie sich entsinnen konnte, war der Bansheeschrei, und von da an fehlte ihr jegliche Erinnerung. Sie vermutete, dass sie aus einem Reflex der Selbsterhaltung heraus in die Windgestalt übergegangen war und sie von einer Luftströmung erfasst worden war.
    Auch wenn sie durchscheinend war, bewahrte sie das nicht vor der zerstörerischen Macht der Sonne.
    Ich muss sofort in den Schatten, sonst verbrenne ich, wahrscheinlich spektakulärer als Ikarus!
Sia nahm ihre feste Gestalt an, und die Schwerkraft griff sofort nach ihr. Im Sturzflug ging es abwärts, und die Stadt wurde größer und größer unter ihr.
    Es fiel ihr schwer, sich zu orientieren und den
TeaRoom
wiederzufinden.
    Zumindest erkannte sie von oben, dass sich jetzt Unmengen Blaulichter durch die Straßen bewegten. Die Untätigkeit der Behörden und Rettungsstellen hatte ein Ende gefunden.
    Sia steuerte ihren Flug, indem sie zwischendurch immer wieder die Windgestalt annahm und sich von Luftströmungen treiben ließ.
    Nach einer Weile und mit Hilfe der Blaulichter entdeckte sie das zerstörte Gebäude schließlich.
    Sia schoss abwärts und beobachtete ganz genau.
    Von oben hatte es den Anschein, als würden Tiere aus einem Privatzoo oder einem Heim ausbrechen: Unzählige Hunde verließen die Ruine, darunter mischten sich einige Katzen, Füchse, sogar zwei Bären erkannte sie.
    Der Ard Rí wird sie geschickt haben, um die Sídhe und uns fertigzumachen.
Sia glitt nach rechts, der Boden kam auf sie zugeschossen.
    Fünf Meter über der Asphaltdecke nahm sie die Windgestalt wieder an und schwebte elegant nieder.
Weniger Aufsehen wäre gut. Die spektakulären Auftritte überlasse ich Justine.
Nackt materialisierte sie sich auf dem Balkon eines Hauses neben dem
TeaRoom
und trat die Tür ein.
    Rasch suchte sie sich etwas zum Anziehen und verließ in einem zu weiten, schwarzen Kleid sowie mit schwarzen Cowboystiefeln an den Füßen das Gebäude durch den regulären Eingang. Aus der Küche hatte sie sich zwei Messer mitgenommen, die im ebenfalls geliehenen hellgrünen Mantel steckten. Niemand hatte ihr Eindringen bemerkt.
    Sia eilte zur Ruine, aber sie kam zu spät: Die Feuerwehr hatte bereits eine provisorische Absperrung aufgebaut, Polizisten zogen meterlange Flatterbandlinien über die Straßen. Reporterteams drängelten sich davor, die Worte
Gasexplosion
und
Unfall
drangen an ihre Ohren.
Jetzt komme ich nicht mehr durch, ohne Aufsehen zu erregen, egal ob mit oder ohne Kleidung. Verdammte Sch…
    »Bonjour!« Jemand griff sie bei der Hand, und sie schaute sich um. Justine stand hinter ihr, eine Kippe im rechten Mundwinkel. »Très chic! Es steht dir, aber es ist zu weit.«
    »In der Wohnung, aus der ich es geklaut habe, gab es keinen Schneider dazu«, gab Sia bissig zurück. Dennoch konnte sie ihre Erleichterung nicht verbergen, die Wandlerin zu sehen. »Was ist geschehen?«
    »Sag ich dir gleich. Erst mal weg von hier.« Justine zog sie zwei Querstraßen weiter, gegen den Strom der Schaulustigen, bis sie in einem kleinen Café landeten, von dem aus man Teile des zerstörten
TeaRoom
s sehen

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