Judastöchter
einer Hand rüttelte er am Öffner, aber es geschah nichts.
»Die Kindersicherung«, gurrte Sídhe. »Verarschen Sie mich nicht: Der Pub, in dem Sie angeblich den Mann bei seinem Gespräch über die Nachtkelten belauscht haben, war der
TeaRoom
.«
»Ja, ja, das hätte ich auch noch erzählt!« Rainal hielt sich die brennende Wunde, es roch nach Blut. »Mir ist es eben wieder eingefallen, ehrlich. Ich …«
»Mister Righley, Sie waren nicht nur im
TeaRoom
, Sie haben sich Zugang zum Gentlemen’s Club in den Räumen darüber verschafft und die Versammlung belauscht.« Sídhe hielt ihm das blutige Stilett, auf dem das Blut Blasen schlug und verdampfte, vor das Gesicht; mit der anderen Hand nahm er einige dünne, rote Haare aus seiner Jackentasche. »Das sind Ihre. Der Duft verrät es. Sie hatten die Fuchsgestalt angenommen, um sich unbemerkter durch die Zimmer zu bewegen.«
Rainal ächzte und sah auf den Schnitt, der sich nicht schließen wollte! Das Brennen hatte nicht nachgelassen, es schien sogar intensiver zu werden.
»Sie fragen sich sicher, warum Sie nicht regenerieren«, sagte Sídhe genüsslich. »Die Schneide ist in eine Chemikalie getaucht, die gelöstes Silber enthält. Wir haben viel experimentiert, um gegen Wandler erfolgreich in die Schlacht zu ziehen.« Er lachte. »Die Nachtkelten und eine Gang, das ist sehr lustig, Mister Righley!«
Er fand es gar nicht lustig, was vor allem an den unvorstellbaren Schmerzen lag. Er war im Club gewesen, er hatte ein paar der Männer und Frauen belauscht und beschlossen, dass sich jemand mit dieser Gruppe beschäftigen müsste, die offenbar etwas plante – aber nicht er. »Ich habe Stiff und Cougar geschickt, um herumzuschnüffeln und einige der Gruppe zu verfolgen. Ich wollte mehr über die Nachtkelten herausfinden. Aber die beiden sind unzuverlässig und mir abspenstig geworden. Beschissene Hundewandler. Sie haben sich nicht mehr gemeldet«, ächzte er und rieb sich die Brust. Sein Blut haftete an der Hand, und die Stelle kribbelte sofort. Das flüssige Silber hatte sich auch auf der intakten Haut festgesetzt und entfaltete seine Wirkung.
Sídhe wirbelte das Stilett in der Hand und schob es wieder in die Hülle, die sich unter dem Ärmel verbarg. »Haben Sie sonst noch jemandem von uns erzählt?«
Rainal wusste, dass der Mann die Antwort bereits kannte. Eine Lüge bedeutete bestimmt den Tod – aber was geschah nach der Wahrheit? »Ich musste«, sagte er gepeinigt. Die Silberschmerzen ließen einfach nicht nach. Das Tier in ihm revoltierte immer lauter und wollte aus ihm brechen, um den Qualen davonzulaufen oder den Mann ihm gegenüber für seinen Angriff zu bestrafen. »Die Scharfrichterin ist bei mir aufgetaucht, und ich …«
»Sie haben sich gedacht, dass Sie der Scharfrichterin etwas bieten müssen, was von Ihren eigenen miesen Aktivitäten ablenkt«, ergänzte Sídhe. »Ich verstehe die Taktik, und sie ist gar nicht mal schlecht.« Sein schön geschnittenes Gesicht zeigte Missfallen. Eine beleidigte Diva. »Aber Sie haben nicht bedacht, Mister Righley, dass ich etwas dagegen haben könnte, wenn Sie mir Miss de Cao ins Haus schicken.«
»Es tut mir leid«, war das Einzige, was er dazu sagen konnte. Erste sanfte Verwandlungswellen durchliefen ihn, Knochen wuchsen, schrumpften und verschoben sich, was die Schmerzen in seiner Brust noch steigerte. Das Silber entfaltete seine Wirkung immer weiter.
»Das glaube ich Ihnen. Hätten Sie geahnt, welche Konsequenzen Ihre Tat nach sich zieht, würden Sie heute davon absehen, nochmals in den Gentlemen’s Club einzusteigen.« Sídhe betrachtete ihn geringschätzig. »Sie wollten mit der Fähre nach Wales flüchten. Vor der Scharfrichterin?«
»Ja. Sie hat den Rí … sie hat McFinley ausgeschaltet, und ich nehme an, dass sie es auf mich abgesehen hat«, sprach er gurgelnd. Krämpfe schüttelten ihn, in seinem Kopf dröhnte das Knacken der Schädelknochen. »Die Falle … im
TeaRoom
…« Das Tier übernahm die Kontrolle über ihn. Rainal krümmte sich und rutschte zur Hälfte in den Fußraum.
»Das führt mich zu einer letzten Frage, Mister Righley: Wie kommt es, dass es Miss de Cao möglich war, sich in einem von Silber angefüllten Raum zu befinden, längere Zeit dort zu verweilen und unbeschadet ins Freie zu gelangen?« Sídhe setzte ihm einen Zeigefinger gegen die Stirn und zwang seinen Kopf nach oben. »Haben die Wandler ein Mittel gegen Silber entwickelt? Oder eine Abhärtungskur?«
Rainal schlug
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