Judastöchter
geschickt hatten oder zumindest dahintersteckten, dass der Ex- IRA -Mann vor dem Club
Waterfront
aufgetaucht war.
Das Rätsel des Überfalls musste gelöst werden. Die Rís und noch jemand, der ihr sehr viel bedeutete, würden ihr dafür dankbar sein.
Boída kehrte zu ihrem Wagen zurück und fuhr weiter, folgte dem Hauch von fast nichts, das noch nach Righley roch.
Eine halbe Stunde später erreichte sie die Südostküste Irlands, wo die Spur schwächer wurde.
Sie hielt das Auto an und stieg aus, atmete tief ein und züngelte dabei. Boída folgte der kaum wahrnehmbaren Nuance über die Steine bis zum Ufer. Das Meer schwappte über große und kleine Felsen, rauschte und schäumte.
Die salzige Luft tat ihren Nasenschleimhäuten gut, aber vom Fuchswandler roch sie nichts mehr. Sie war bereit, darauf zu wetten, dass man ihn im Meer versenkt hatte. Mit seinem Auto und allen Spuren, die ihr Aufschlüsse über die Mörder hätten geben können.
Boída grübelte, während sie die Wellen betrachtete, die in monotoner Unendlichkeit den steinigen Strand hinaufrollten und schließlich versickerten.
Es gluckste und gluckerte um sie herum, Möwen hüpften auf Krebsjagd über die Muschelschalenberge und stritten sich lautstark um jeden Fund.
Das Meer weckte nicht nur gute Erinnerungen, sondern einmal mehr die Sehnsucht nach warmem Wasser und nach Sümpfen, nach der Umgebung, die sie gekannt und geliebt hatte. Palmyra war ein guter Ersatz gewesen, wenn auch eine Spur zu trocken und heiß; aber Wärme war immer gut, und wohltuende Bäder hatte sie sich genügend bauen lassen.
Das Leben an der Seite von Levantinus war das beste, das sie geführt hatte. Voller Privilegien, voller Möglichkeiten und mit so viel Staunen angefüllt.
Sie hatte dem gottgleichen Wesen wirklich sehr gerne gedient, für ihn gemordet, für ihn getanzt und ihn beschützt, so gut es möglich war. Oder soweit er ihren Schutz überhaupt benötigt hatte. Kein Mann hatte es ihr als Liebhaber so besorgt wie Levantinus. Noch ein Grund, ihn zu vermissen.
Sie fröstelte und flüchtete zurück in den warmen Wagen, wo sie sofort die Heizung bis zum Anschlag aufdrehte. Von dort betrachtete sie das Meer weiter und ließ ihre Gedanken schweifen.
Es kam ihr schrecklich unwirklich vor, dass ihr erstes Leben vor siebzehnhundert Jahren stattgefunden hatte, bevor es abrupt
in diese Gegenwart geschleudert worden war.
Den ersten Schock hatte sie noch früher bekommen, als sie ihre Heimat gegen ihren Willen verließ.
Menschen hatten sie im Schlaf überrascht, gefangen und in eine Kiste gesperrt, aus der sie sich nicht befreien konnte. Sie hatte gespürt, wie sie in ihrem Gefängnis an Bord eines Schiffs und aufs Meer gebracht wurde. Tagelang, wochenlang hatte ihr Dasein daraus bestanden, dazuliegen und nichts zu tun, das bisschen Essen in sich zu schlingen, das man ihr gab, und zu warten, was man mit ihr machen würde.
Dann war irgendetwas passiert. Es hatte harte Schläge gegen ihr Gefängnis gegeben, und plötzlich war die Kiste zersprungen.
Boída hatte sich im tosenden Meer wiedergefunden, einer kalten, wütenden See, die sie zu ertränken versuchte. Aber sie hatte sich am Leben erhalten, sich an einen Felsen geklammert. Niemand sonst hatte das Unglück überlebt.
Als Schlangenwandlerin war sie in der Lage, längere Zeit ohne Essen auszukommen, doch irgendwann hatte sie der Schwäche nicht widerstehen können und das Bewusstsein verloren.
Bei ihrem nächsten Erwachen hatte sie sich auf einem anderen Schiff befunden. Händler, deren Sprache sie nicht verstand.
Natürlich hatten die Männer sich an ihr vergangen, das spürte sie unmittelbar nach dem Aufwachen, aber sie blieb ruhig – bis sie zu Kräften gekommen war. In einem wahren Fressrausch hatte sie die Besatzung ausgelöscht, satt und unbeweglich hatte sie in einer Ecke gelegen und war mit dem Geisterschiff dahingetrieben, ohne zu wissen, wo sie sich befand.
Schließlich war das Schiff von einer römischen Galeere aufgebracht worden und mit vielen Zwischenstationen nach Palmyra gelangt. Der Centurio hatte Boída als Geschenk an Levantinus übergeben.
Das gottgleiche Wesen hatte erkannt, was sie war und was sie konnte. Die Zeit des Lernens begann, danach die Zeit des Genusses, der Freiräume und unendlichen Möglichkeiten. Nicht zu vergessen: der Lust. Nach vielen Jahren waren die beiden Frauen aufgetaucht und hatten ihr Paradies vernichtet.
Eine Möwe landete auf der Motorhaube und stolzierte darauf
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