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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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kleinen Holzhammer, der erstaunlichen Lärm in dem fast leeren Saal machte. Ohne ein weiteres Wort verließ der Richter seinen Platz, auch Pia und Stein erhoben sich. Die Assistentin klaubte die Unterlagen zusammen und stopfte sie in eine kalbslederne Aktentasche.
    »Gehen wir etwas essen«, entschied der dürre Anwalt. Klara hätte nicht gedacht, dass Nahrungsaufnahme überhaupt je auf seinem Kalender stand. Das Essen bei ihrem ersten Treffen hatte er nicht einmal angerührt.
    Zehn Minuten später saßen sie in einem kleinen italienischen Restaurant, das nur einen Block vom Gerichtsgebäude entfernt lag. Thibault Stein schien hier Stammgast zu sein, denn der Kellner begrüßte ihn und Pia überschwänglich: »Monsignore Stein, heute gleich mit zwei wunderschönen Frauen.« Er bedachte Klara mit einem breiten Grinsen. Stein winkte ab und bestellte für alle einen »kleinen Lunch, Vito«.
    Nach der gemischten Vorspeise, die vorzüglich schmeckte, beschloss Klara herauszufinden, was Stein vorhatte. Sie lud sich noch einmal eine ordentliche Portion auf den Teller, sie hatte seit Langem nicht mehr so gutes Gemüse gegessen. Nach der Vorspeise entschuldigte sich Pia und verschwand im hinteren Teil des Restaurants. Klara beschloss, den Moment zu nutzen, und flüsterte ihrem Anwalt zu: »Was haben Sie vor, Stein? Was für Misshandlungen? Ich bin in keinen Nagel getreten, und als Zigeunerin hat man mich auch nicht beschimpft. Wenn überhaupt, war es in Bradford gähnend langweilig.«
    »Aber Miss Swell, das ist ja genau der Punkt. Sie treffen den Nagel auf den Kopf, warten Sie es einfach ab, Sie müssen mir vertrauen. Haben Sie Ihren Anzug fertig?«
    Klara rutschte auf ihrem Stuhl herum. Woher wusste Stein von dem Tick mit der Näherei? Dieses Detail stand nur in der internen Akte des FBI. Zumindest so viel hatte Sam damals erreicht.
    Der Anwalt schien ihr Unwohlsein zu spüren, denn als Pia von der Toilette zurückkam, beugte er sich zu ihr herüber und flüsterte: »Machen Sie sich keine Gedanken darüber, Miss Swell. Meine Quellen mögen Ihnen merkwürdig intim erscheinen, aber der Rest«, er tippte sich mit dem knorrigen Zeigefinger an die Stirn, »ist reine Psychologie.«
    Klara war nicht überzeugt und beäugte ihn skeptisch, als sich Pia wieder zu ihnen gesellte. Andererseits: War er nicht ihr Anwalt, vor dem sie keine Geheimnisse haben musste? Klara entspannte sich ein wenig und atmete aus. Stein ließ ihr keine Chance, weiter darüber nachzudenken. Er bestellte die Rechnung und mahnte sie zur Eile, das Gericht warte nicht. Wie schon am Morgen rannte der alte Anwalt beinah die Stufen hinauf, erst am Eingang zum Saal hielt er ihnen galant die schwere Tür auf.
    »Miss Lindt, wie lautet § 10 der Steinschen Prozessordnung?«
    »Wenn du nicht gewinnen kannst, verlier wenigstens nicht«, antwortete seine Assistentin wie aus der Pistole geschossen.
    »Eben«, lächelte ihr Chef in Klaras Richtung und scheuchte sie in den Raum.
    Sie erhoben sich von ihren Stühlen, als Richter Green den Saal betrat. Er bearbeitete seine Robe mit einem blütenweißen Taschentuch, als hätte er sich beim Mittagessen einen Fleck eingefangen. Isst ein Richter tatsächlich in seiner Robe?, fragte sich Klara. Sie erschreckte sich fast über diesen Gedanken, nicht etwa ob des vermeintlichen Flecks, sondern ob ihrer Denkweise. Sie hatte zum ersten Mal seit Jahren wieder wie eine Polizistin gedacht. Vielleicht war ihre früher so gut geschulte Beobachtungsgabe doch nicht gänzlich abhanden gekommen.
    Sie freute sich aufrichtig über diese neue Entwicklung, die irgendwie mit der Hoffnung zu tun haben musste, die Stein ihr durch sein Angebot eingepflanzt hatte. Klara stellte fest, dass sie in den letzten drei Wochen das zarte Pflänzchen, das sich Zukunft nannte, unmerklich gepflegt hatte. Sie fragte sich nicht mehr, ob sie dem gewachsen war, nein, sie wollte dem gewachsen sein. Sie musste. Aber dafür war entscheidend, dass Stein heute das Ende ihrer Bewährungsauflagen erstritt. Bei dem Gedanken daran, was für sie auf dem Spiel stand, schnürte sich ihr die Kehle zu. Als der Richter den Saal aufforderte, sich zu setzen, hatte Klara ein ungutes Gefühl im Bauch.
    »Nun, Herr Verteidiger, dann bin ich sehr gespannt zu hören, wie Sie die angeblichen Misshandlungen von Miss Swell begründen möchten. Ich darf Sie bitten?«
    Bevor sich Stein erhob, trank er einen großen Schluck Wasser aus dem Glas, das ihm Pia bereitgestellt hatte.
    »Euer Ehren,

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