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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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Steins Kanzlei vor Pias Schreibtisch und wartete geduldig darauf, dass Steins Assistentin die Akte gelesen hatte, die Klara in den letzten Wochen zusammengetragen hatte. Klara betrachtete das kleine Büro. Das einzig Persönliche waren die Bilder an den Wänden: Eindrückliche Fotografien von Kellerräumen oder metallischen Objekten, die eine verwirrende Tiefenschärfe aufwiesen. Klara hatte sich nie sonderlich für Kunst interessiert, aber diesmal stand sie auf, um die Bilder näher in Augenschein zu nehmen. Als sie ganz nah herantrat, erkannte sie, dass es sich keineswegs um Fotografien handelte, sondern um Zeichnungen, die mit weißem Stift auf einem schwarzen Papier ausgeführt worden waren.
    »Beeindruckend, nicht wahr?«, fragte Pia, die die Lektüre unterbrochen hatte und auf einmal dicht neben ihr stand. Sie konnte sogar ihr Parfum riechen, ein frischer Duft nach Orchideen und Sandelholz. Nicht unangenehm.
    »Ja«, gab Klara zu. »Von Weitem ist man überzeugt, es ist eine Fotografie …«
    »… und dann stellt man fest, wie dumm das Auge ist, nicht wahr?«, stellte Pia fest.
    Klara nickte.
    »Der Künstler ist Spanier. Noch nicht sonderlich bekannt, aber meiner Meinung nach dafür umso begabter. Ich habe im Studium die letzten Mäuse zusammengekratzt, um mir drei davon kaufen zu können, aber sie sind jeden Dollar wert, finde ich.«
    Pia rückte das Bild gerade. Dabei fiel Klara auf, dass die Wand drumherum noch nicht nachgedunkelt war. Du hast sie also noch nicht lange hier hängen, nicht wahr? Aber du besitzt sie bereits seit drei Jahren. Klaras Skepsis war geweckt. Warum hast du die Bilder dann gerade jetzt aufgehängt, Pia? Bilder auszutauschen, ist normalerweise immer ein symbolischer Akt, vor allem, wenn ein Raum in einem Rutsch gänzlich neu bestückt wird. Pia hatte wieder an ihrem Schreibtisch Platz genommen und war in die Akten vertieft. An mehreren Stellen weiteten sich die Augen der blonden Frau, und ihr klassisches Gesicht bekam asymmetrische Züge, die ihre Verstörtheit widerspiegelten. Oder arbeitest du erst seit Kurzem für Stein? Klara zog die Augenbrauen hoch und setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber. Zehn Minuten später schloss Pia sichtlich schockiert die Akte. Sie war blass und ihre Stimme brüchig.
    »Sie wollen andeuten, dass Jessica von Bingen Opfer eines Serienmörders wurde?«
    Klara nickte: »Wir können es zumindest nicht ausschließen, Pia. Bei zwei Opfern spricht man noch nicht von einem Serienmörder im engeren Sinne, und wir haben ja nicht einmal eine Leiche. Aber wenn Sie mich fragen, riecht es schwer danach. Um nicht zu sagen, es stinkt zum Himmel: zwei verschwundene Mädchen, ohne jede Beziehung zueinander, von beiden findet das FBI Fotos im Netz, auf denen sie brutal gefoltert werden. Ich habe das zweite Set noch nicht gesehen, aber von dem, was ich den Akten entnehmen konnte, sieht das für mich nicht nach einer Beziehungstat oder einem Mafiamord aus.«
    »Und diese Mordserie wird vom FBI bewusst unter Verschluss gehalten?«
    Wieder nickte Klara: »Ja, die Familie von Madison Carter wurde nicht über die Bilder informiert. Ich vermute, sie suchen mit Hochdruck nach ihrer Leiche. Ohne die wird es schwer, überhaupt eine sinnvolle Untersuchung in Gang zu setzen. Und vergessen Sie nicht, dass die Fotos über vier Jahre alt sind. Viel zu alt, um der Familie unnötig Hoffnungen zu machen, auch wenn ich Sams Geheimniskrämerei nicht billige.«
    »Und was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?«, fragte Steins Assistentin. »Wenn es wirklich ein Serienmörder ist, warum tötet er nur alle paar Jahre? Ich dachte immer, die Abstände zwischen den Morden würden sich mit der Zeit eher verkürzen?«
    »Das ist richtig«, dozierte Klara. »Aber wir können nicht wissen, wie viele Frauen er überhaupt getötet hat. Nehmen Sie den berühmt-berüchtigten Ted Bundy: Die Polizei konnte ihn mit etwas über dreißig Morden in Verbindung bringen, aber man geht heute davon aus, dass er weit über hundert Frauen umgebracht hat. Agent Brown hat die Bilder ja eher zufällig entdeckt, mit einem cleveren Algorithmus und der Vermisstendatenbank. Wir haben keinerlei Garantie, dass es nicht noch mehr gibt. Im Grunde halte ich es sogar für unwahrscheinlich, dass es die Einzigen sind, so grausam das klingt.«
    Steins Assistentin wirkte schockiert, wie die meisten Zivilisten, die das erste Mal mit den tiefsten Abgründen konfrontiert werden, in die menschliche Seelen fallen können. Klara konnte es

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