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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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ein Pokerspieler, und er ließ sich niemals in die Karten schauen. Sam bewegte sich auf verdammt dünnem Eis, aber er durfte Klara nicht ans Messer liefern. Das war er ihr schuldig. Er versuchte es mit einem Mittelweg: »Thibault Godfrey Stein hat sie rausgepaukt.«
    Marin hob eine Braue.
    »Ja, Sir. Das ist die große Frage: Warum sollte sich ein Mann wie Thibault Stein für Klara Swell interessieren.«
    Der Chef sah ihn fragend an. Sam schaute in die Runde. Es war wichtig, dass diese Erkenntnis nicht von ihm kam, sonst würde Marin direkt Verdacht schöpfen. Wesley spielte mit einem Bleistift, Anne wühlte eilfertig in ihren Akten, und Paul blickte gelangweilt zur Decke. Sam tippte auf Anne.
    »Das New Yorker FBI hat seinem Büro vor zwei Monaten etwas aus unseren Akten gefaxt«, vermeldete Anne, seine eifrige, wenn auch bisweilen etwas uninspirierte Kollegin in die Stille und rückte ihre Brille zurecht. Sie zog zwei Seiten Papier aus dem Stapel auf ihrem Schoß und hielt sie Marin hin. Sam griff zu.
    »Tatsächlich. Hm. Augenscheinlich hatte ein übereifriger Kollege genügend Zeit, eine alte Suchanfrage aus dem Jahr 1994 zu bearbeiten. Meine Güte, haben die denn gar nichts zu tun da drüben?«, murmelte Sam und stand auf, um Marin die Akte zu zeigen.
    Sein Chef riss ihm die Blätter ungeduldig aus den Händen und las. Als er fertig war, blickte er einige Sekunden zur Decke. Sam hielt den Atem an.
    »Ausgerechnet Sissi. Verdammt, hätte sich dieser Anwaltswiderling keine andere aussuchen können?«
    Eine andere schon, dachte Sam, aber keine bessere, hütete sich aber, den Gedanken laut auszusprechen.
    »Sir, ich sehe da zunächst kein großes Problem. Wenn es wirklich stimmt, dass er Klara wegen dieser Bingen-Kiste rausgehauen hat, muss das immer noch nichts heißen.«
    Marin nickte und strich sich mit den Fingern um die Lippen. Er schien nicht überzeugt.
    »Ich würde vorschlagen, dass wir einmal mit ihr reden. Besser, die Initiative geht von uns aus, als dass sie uns aufs Dach steigt.«
    Bei diesem treffenden Vergleich musste sogar Marin ein wenig schmunzeln, was in seiner Arbeitswoche niemals vorkam, außer es gab Blaubeerpudding zum Nachtisch in der Kantine, ein Gericht, das bis auf Marin niemand mochte und von dem sich hartnäckig das Gerücht hielt, dass er der Kantine persönlicheAnweisung gegeben hatte, es dann und wann auf den Speiseplan zu setzen. Sam wusste schon jetzt, dass er gewonnen hatte.
    »Also gut, Sam. Reden Sie mit ihr. Finden Sie heraus, was sie will.«
    Sam nickte.
    »Aber«, setzte Marin nach. »In Herrgotts Namen, Sam, kein Wort von den anderen Bildern. Kein einziges Wort , Sam.« Er schwang sich von dem Tisch, auf dem er gesessen hatte, und ging zur Tür. Mit der Klinke in der Hand drehte er sich noch einmal um: »Das ist eine dienstliche Anweisung, Sam. Haben Sie das verstanden?«
    »Natürlich, Sir«, murmelte Sam. »Nicht die anderen Fotos. Das versteht sich von selbst.«
    Nachdem Marin die Tür geschlossen hatte, sahen ihn die Mitglieder seines Teams erwartungsvoll an. Sam würde ihnen einiges erklären müssen. Vor allem, wie er selbst aus dem Schlamassel wieder herauskam, da Sissi doch längst von der Existenz der Bilder wusste. Das konnte ja heiter werden, dachte Sam und biss in einen der Donuts, die Anne mittlerweile auf den Tisch gestellt hatte, da Marin endlich das Weite gesucht hatte.

K APITEL 11
     
    Juni 2011
    East Village, New York
     
    Sissi stapelte Birnen auf eine Packung Frühstücksflocken, ihr erster Einkauf seit Jahren, bei dem sie nicht auf die Preise achten musste, Steins »Gehalt« sei Dank. Am Kühlregal ging sie in die Hocke und streckte die Finger nach einem großen Joghurtglas aus, die Birnen sicherte sie mit ihrem Kinn. Plötzlich standen zwei schwarze Hosenbeine neben ihr, die ihr seltsam bekannt vorkamen.
    »Hallo, Sissi«, begrüßte sie ihr Expartner. »Immer noch der Avenue A Key Food?«
    »Wonach sieht es denn aus?«, ätzte sie. Als sie sich aufrichtete, kullerte eine der Birnen auf den Boden. Sam hob sie auf und warf sie in die Luft.
    »Wir müssen reden, Sissi.«
    Sie blickte ihm in die blauen Augen. Er wollte also reden, das hieß, sie hatte das Wespennest aufgescheucht. Dem Fisch muss man Leine lassen.
    »Heute Abend, Sam, am alten Platz.«
    Ihr Expartner nickte und legte die heruntergefallene Birne auf den schwankenden Stapel. Danach drehte er sich wortlos um und verschwand im Gang mit dem Klopapier.
    —
     
    Zwei Stunden später saß Sissi in

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