Judith McNaught
Mutter zur Ruhe begeben habe. »Danke,
Colfax, ich schlage vor, Sie tun das auch«, äußerte Stephen entschieden, wobei
ihm sofort wieder die Phantasie aus der Oper durch den Kopf ging. Der Butler
entfernte sich aus der Halle und blies dabei alle Kerzen aus, außer denen im
Eingangsbereich. Stephen blickte auf Sherry hinunter, die ihm gerade gute Nacht
wünschen wollte.
»Danke für den wundervollen Abend,
Mylo ...«
»Ich heiße Stephen«, entgegnete er,
wobei er sich fragte, wie in Gottes Namen er bloß vergessen haben konnte, sie
zu bitten, ihn so zu nennen.
Sherry probierte es sofort aus. Die
seltsame Intimität dabei gefiel ihr. »Danke, Stephen.« Sie hatte jedoch nur
kurz Zeit, sich daran zu erfreuen, denn er nahm sie beim Ellenbogen und führte
sie entschlossen durch die dunkle Halle in einen vom Mondlicht beleuchteten Salon,
schloß die Tür und drehte sich zu ihr um.
Mit der Tür im Rücken und ihm vor
sich, blickte Sherry in sein vom Mondlicht beschienenes Gesicht und versuchte
sich vorzustellen, was er in der Dunkelheit vorhatte. »Was ...?« begann sie.
»Das ...!« antwortete er. Er stützte
sich mit den Händen zu beiden Seiten ihres Kopfes an der Tür ab, beugte sich
vor und senkte den Kopf.
Bevor Sherry reagieren konnte,
drückte er seine Lippen auf ihre und raubte ihr den Atem. Sein Körper drückte
sich an ihren, und seine Hüften bewegten sich leicht, was eine erstaunliche
Wirkung auf ihre Sinne hatte. Leise aufstöhnend schlang sie die Arme um seinen
Nacken und gab ihm den Kuß zurück. Sie öffnete bereitwillig den Mund, um seine
Zunge einzulassen und genoß seinen rauhen Atem, während er sie immer härter
küßte und ihr Körper den beharrlichen Bewegungen seiner Hüften
entgegendrängte.
Siebenunddreißigstes Kapitel
Mit der Morgenausgabe der Post in
der Hand trat Thomas Morrison in sein behagliches EQzimmer und blickte vorsichtig
auf seine frischgebackene Ehefrau, die miQmutig an ihrem Frühstück herumpickte
und aus dem Fenster auf die laute Londoner Straße starrte. »Charise, was
bereitet dir denn solchen Kummer in den letzten Tagen?«
Charise blickte in das Gesicht, das
sie auf dem Schiff so gutaussehend gefunden hatte, und dann in das winzig
kleine EQzimmer in seinem winzig kleinen Haus, und sie war so wütend auf ihn
und auf sich selbst, daß sie sich nicht die Mühe machte, zu antworten. Auf dem
Schiff hatte er so hinreißend und romantisch gewirkt in seiner Uniform, und er
hatte so galante Dinge zu ihr gesagt, aber kaum war das Ehegelübde
ausgesprochen, hatte sich alles geändert. Danach hatte er von ihr verlangt, mit
ihm diese abscheulichen Dinge im Bett zu tun, und als sie ihm sagte, sie hasse
das, war er zum ersten Mal böse auf sie geworden. Nachdem sie ihm klargemacht
hatte, daß sie sich weder mit ihm noch mit dieser Sache abfinden würde,
verliefen ihre kurzen Flitterwochen in Devonshire doch noch ganz angenehm. Aber
als er mit ihr nach London zurückkam und sie sein Haus sah, war sie sprachlos
vor Entsetzen gewesen. Er hatte sie angelogen und ihr vorgemacht, er habe ein
hübsches Haus und verfüge über ein glänzendes Einkommen, nach ihren Standards
jedoch lag er dicht über der Armutsgrenze, und dafür verachtete sie ihn.
Wenn Sie Burleton geheiratet hätte,
wäre sie jetzt eine Baronin; sie könnte in den eleganten Geschäften, die sie
in der Bond Street und am Picadilly gesehen hatte, einkaufen gehen. Genau
jetzt, in dieser Minute, würde sie ein wunderschönes Morgenkleid mit Rüschen
tragen und ihre eleganten neuen Freundinnen empfangen, die in diesen prächtigen
Häusern an der Brook Street und der Pall Mall wohnten. Statt dessen hatte sie
ihr ganzes Geld für ein einziges Kleid ausgegeben und war dann im Green Park
spazierengegangen, wo sich nachmittags die feine Gesellschaft aufhielt, und sie
hatten sie übersehen, als gäbe es sie gar nicht! Sie hatte nicht ge wußt, wie
lebensnotwendig ein Adelstitel war, bis sie gestern auf ihrem Spaziergang durch
den Park die elitäre, geschlossene Gesellschaft gesehen hatte.
Und als dann ihr widerlicher Ehemann
sie nach dem Preis des Kleides gefragt und sie es ihm gesagt hatte, hatte der
Mann auch noch dreingeblickt, als wolle er gleich anfangen zu weinen! Statt sie
für ihren exzellenten Geschmack und ihre reizende Figur zu bewundern und zu
loben, dachte er nur ans Geld.
Sie war diejenige, die Grund zum
Weinen hatte, dachte sie wütend und sah ihn verächtlich an, während er Zeitung
las. Zu Hause in Richmond
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