Judith
schuld sein. «
Gavin sah endlich ein, daß er die Wahrheit nicht länger verdrängen konnte. »Ich will mit dieser Frau sprechen«, sagte er.
Joan erhob sich sofort. Nach einer Weile kam sie wieder und zog ein völlig verängstigtes Mädchen hinter sich her.
»Hier ist die Übeltäterin. «
Gavin musterte das Mädchen, das ihn mit großen Augen anstarrte und am ganzen Körper zitterte. »Erzähl mir, was du von dem Unfall weißt. «
»Unfall! « höhnte Joan. Bei Gavins Blick schwieg sie jedoch.
Das Mädchen berichtete, was in der Nacht vorgefallen war, zuerst stockend, dann immer hastiger. »Bitte, Lord, sagt Lady Lilian nicht, daß Ihr es von mir gehört habt. Sie würde mich umbringen. «
Gavins Gesicht zeigte jedoch keine Gnade. »Du bittest mich um Hilfe? Wer hatte Mitleid mit meinem Kind, mit meiner Frau? Bring sie weg! « befahl er Joan. »Ich kann sie nicht mehr sehen. « Joan packte die Verräterin und stieß sie zur Tür hinaus.
28. Kapitel
Judith lag in Fieberträumen. Wirre Bilder quälten sie, so daß sie sich stöhnend in ihren Kissen hin und her wälzte.
Irgendwann schlief sie vor Erschöpfung ein, und die Traumbilder verschwanden. Und dann hörte sie Gavins Stimme. Sie spürte seine Hand auf ihrer Stirn.
»Judith. Das Fieber ist vorbei. Dem Himmel sei Dank. « Wieder legte sich seine Hand auf ihre Stirn. »Wie fühlst du dich? « »Laß mich. Rühr mich nicht an! « flüsterte Judith.
Gavin nickte, und seine Lippen wurden zu einem dünnen Strich.
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und Stephen kam herein. Als er sah, daß Judith wach war, entspannte sich sein Gesicht. Er eilte neben das Bett und faßte nach Judiths Hand. »Wir hatten solche Sorgen… «
Judith traten Tränen in die Augen. »War es… war es ein Junge«, fragte sie kaum hörbar.
Stephen konnte nur nicken.
Judith wurde von heftigem Schluchzen geschüttelt. Gavin saß mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern da. Stephen konnte nicht sagen, wer von beiden verzweifelter war. Gavin hatte Judith noch nie so bitterlich weinen sehen. Und es quälte ihn, daß sie sich in ihrem Kummer nicht an ihn wandte.
»Judith, du darfst dich nicht so aufregen. Du brauchst viel Ruhe«, meinte Stephen sanft. »Du bist sehr krank gewesen. «
»Wie lange? «
»Drei Tage. Das Fieber war sehr schlimm. «
Judith schluchzte noch ein paarmal. Dann sagte sie: »Stephen, du mußt doch fort. Du wirst zu spät zu deiner Hochzeit kommen. «
Er nickte grimmig. »Die Hochzeit sollte heute morgen stattfinden. «
»Dann hast du… Du wirst deiner Braut doch eine Nachricht geschickt haben? « fragte sie bewegt.
Stephen schüttelte den Kopf. »Um ehrlich zu sein, ich habe es vergessen. Wir dachten alle nur an dich. Weißt du, wie nahe du dem Tod gewesen bist? «
Judith fühlte sich schwach und elend. »Reitest du jetzt zu deiner Braut? « wollte sie wissen.
»Jetzt, da das Fieber gesunken ist, kann ich aufbrechen. «
»Ja, versprich es mir. Ich wünsche dir nicht, daß deine Ehe so beginnt wie meine. Du sollst glücklicher werden. «
Stephen warf einen schnellen Blick zu seinem Bruder hinüber. »Ich reite in einer Stunde. «
Judith nickte und schloß die Augen. Gleich darauf schlief sie ein. Gavin stand auf. »Ich habe deine Hochzeit auch völlig vergessen. «
»Ist sie noch immer ärgerlich auf dich? « fragte Stephen statt einer Antwort.
Gavin nickte trübe. »Mehr als ärgerlich. «
»Rede mit ihr. Erzähle ihr, wie dir zumute ist. Sage ihr die Wahrheit, was Lilian Chatworth angeht. Sie wird dir glauben. «
Stephen umarmte seinen Bruder, und Gavin rang sich ein
Lächeln ab. »Bis Weihnachten. Ich hoffe, du stellst uns dann deine Braut vor. «
»Das werde ich. Und du wirst mit Judith alles besprechen? «
»Wenn sie sich besser fühlt. «
Es war dunkel im Zimmer, als Judith wieder erwachte. Joan schlief in der Nähe der Tür auf einem Strohlager.
Judith fühlte sich kräftiger, und sie hatte Hunger. »Joan? « rief sie leise.
Joan war sofort hoch. Lächelnd kam sie zum Bett. »Lord Gavin sagte schon, daß es Euch besser geht. Ich wollte es nicht glauben. «
»Ich möchte etwas trinken«, bat Judith mit spröden Lippen.
Joan eilte, um den Krug zu holen. Sie gab ihrer Herrin gerade zu trinken, als sich die Tür öffnete. Gavin kam mit einem Tablett, auf dem Essen stand.
»Ich will ihn nicht sehen! « verlangte Judith.
»Geh! « befahl Gavin der Magd.
Joan stellte hastig die Tasse ab und lief aus dem Raum. Gavin trug das
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