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Judith

Judith

Titel: Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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»Es ist besser, wenn Ihr geht… «
    Mit gesenktem Kopf schlich Gavin zur Tür. Im Flur wartete Stephen. Sie sprachen kein Wort, bis sie draußen im Hof standen. Stephen zog Gavin zu einer Bank. Dann saßen sie da und sahen in den heraufdämmernden Morgen.
    »Warum ist sie mitten in der Nacht im Schloß herumgegangen? « fragte Stephen.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich in das nächste Bett oben an der Treppe gefallen bin, nachdem wir uns trennten. «
    »Vielleicht ist sie aufgewacht und hat dich vermißt? Dann hat sie nach dir gesucht. «
    Gavin sagte nichts.
    »Du verschweigst mir etwas«, meinte Stephen.
    »Ja. Als Judith mich fand, lag ich mit Lilian im Bett. «
    Stephens Miene wurde finster. Wütend fuhr er auf seinen Bruder los. »Du hättest Judith umbringen können! Und alles wegen dieser… dieser Hexe! Du warst doch zu betrunken, um mit einer Frau zu schlafen… « Er betrachtete Gavin und sah, wie dessen Gesicht kantig wurde.
    »Ich habe Lilian nicht ins Bett gezerrt«, sagte Gavin dumpf. »Ich war vom Wein betäubt. Das stimmt. Aber ich war nicht volltrunken. Ich wurde durch ein Geräusch wach, und sah Lilian neben mir… «
    »Du hast sie nie so gesehen, wie sie wirklich ist. Eine raffi nierte Hure. Sie schläft fast mit der Hälfte der Männer hier bei Hofe. Es kümmert sie nicht, ob es ein Stallbursche ist oder ein Lord. «
    Trübe starrte Gavin vor sich hin. »Wenn sie so geworden ist, bin ich schuld daran. Sie war noch Jungfrau, als ich sie das erste Mal nahm. «
    Stephen lachte laut auf. »Jungfrau? Der Earl of Lancaster schwört, daß er sie schon als Zwölfjährige hatte. «
    »Nein… «
    »Sie sucht in allem nur ihre Vorteile«, fuhr Stephen fort. »Sie hat einen reichen Earl dir vorgezogen. «
    »Ihr Vater wollte es… «
    »Gavin! Kannst du sie denn nicht so sehen, wie sie wirklich ist? Glaubst du wirklich, daß dieser Trunkenbold von Vater ihr etwas befehlen konnte? Hätte er zugelassen, daß sie nachts die Burg verließ, um sich mit dir irgendwo zu treffen, wenn er ein so harter Mann war, wie sie behauptet? Diese Schlampe hat sich heute nacht die Kleider vom Leib gerissen und dann jemanden nach Judith geschickt. Da bin ich ganz sicher. «
    Gavin erhob sich. Er wollte nichts mehr hören. »Ich möchte nach Judith sehen«, murmelte er.
    Er hatte gerade die Tür erreicht, als die Hebamme herauskam. Sofort packte Gavin sie am Arm. »Wie geht es ihr? «
    »Sie schläft. Das Kind wurde tot geboren. «
    Gavin holte tief Luft. »Wird sich meine Frau erholen? «
    »Das kann ich nicht sagen. Sie hat viel Blut verloren. Wie lange seid Ihr verheiratet? «
    Gavin verstand nicht, was diese Frage sollte. »Fast vier Monate. «
    »Das Kind war schon erstaunlich weit. Ich vermute, sie hat es in der Hochzeitsnacht oder kurz danach von Euch empfangen… «
    Sie wollte weitergehen, doch Gavin hielt sie fest. »Woher willst du das wissen? «
    »Seht mich an. Ich bin eine alte Frau und habe viel Erfahrung. « »Darf ich zu ihr? « fragte Gavin aufgeregt. Er war schon an der Tür, als die Frau nickte.
    Es goß in Strömen, und der Sturm bog die Bäume. Blitze zuckten über den grauen Himmel, denen krachender Donner folgte. Doch die vier Menschen, die dem winzigen Sarg folgten, kümmerten sich nicht darum.
    Stephen stand neben Gavin. Helen stützte sich schwer auf John. Das Wasser rann ihnen aus Haaren und Kleidern.
    Mein Sohn, dachte Gavin. Er trug seinen ersten Sohn zu Grabe. In seinen Ohren hallten die bösen Worte wider, mit denen er Judith des Ehebruchs mit Walter Demari beschuldigt hatte.
    Er allein war schuld am Tod des Kindes. Gavin schlug die Hände vors Gesicht, und zum ersten Mal in seinem Leben weinte er.
    Währenddessen saß Joan bei ihrer schlafenden Herrin. Judiths Gesicht war so bleich wie das Kissen.
    Gavin gesellte sich wieder zu Joan, als er vom Friedhof zurückkehrte. Schweigend hielten sie ihre Wache am Bett der Kranken.
    Schließlich brach Joan das Schweigen. »Was wollt Ihr mit ihr tun? «
    »Tun? Ich bete darum, daß sie gesund wird«, antwortete Gavin.
    Unwillig winkte Joan ab. »Ich meinte Lady Lilian. Sie hat das Leben meiner Herrin auf dem Gewissen. «
    »Hüte deine Zunge«, knurrte Gavin.
    »Nein, niemals. Unten in der Küche hockt eine Frau, die sich die Augen aus dem Kopf heult. Sie behauptet, daß sie Judith geholt hat, damit sie Euch und diese Hure im Bett sieht. Die Frau sagt, daß sie für Geld fast alles getan hätte, aber sie wollte sicher nicht an einem Mord

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