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Judith

Judith

Titel: Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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einer Bank an der Steinmauer.
    Judith beobachtete Lilians Bewegungen und konnte es nicht fassen. Diese Frau war eine perfekte Schauspielerin. Sie hatte gesehen, wie sich Lilian den Fingernagel ins Auge gestoßen hatte, um Tränen vorzutäuschen. Sie sprach melodramatisch, und als sie jetzt auf der Bank Platz nahm, ordnete sie graziös den weiten Rock ihres Gewandes. Dann schenkte sie Wein in die Kelche.
    Was Judith dann sah, machte sie noch fassungsloser. Lilian zog einen großen Ring vom Finger und öffnete darin einen winzigen Deckel. Weißes Pulver fiel in ihr Glas. Ihr Blick war anklagend, als sie den Becher an die Lippen hob und trank.
    Gavin schlug ihr das Trinkgefäß aus der Hand, so daß es in hohem Bogen fortflog. »Was machst du da? « fuhr er sie an.
    Lilian lehnte sich matt gegen die Mauer. »Ich will allem ein Ende setzen, mein Liebster. Ich kann alles ertragen, wenn es für, uns beide nötig ist. Meine Heirat mit einem anderen und deine mit dieser Erbin. Aber auf deine Liebe kann ich nie verzichten. Ohne sie ist mein Leben nichts mehr wert. « Sie schloß die Augen und spielte die dem Tode nahe liebende Frau.
    Gavin riß sie in seine Arme. »Lilian, du wirst dir doch deshalb nicht das Leben nehmen! «
    »Mein geliebter Gavin, du weißt nicht, wozu Liebe fähig sein kann. Ohne dich bin ich nichts. Warum verlängerst du meine Qualen noch? Ich kann ohne deine Liebe nicht leben… «
    »Wie kannst du sagen, daß niemand dich liebt? «
    »Liebst du mich, Gavin? Mich, nur mich? «
    »Ja! « Er beugte sich über sie und küßte ihre Lippen. Die untergehende Sonne färbte ihre Wangen rosig. Und ihre langen dunklen Wimpern warfen feine Schatten auf ihre Wangen.
    »Schwöre es! « forderte Lilian. »Schwöre, daß du nur mich liebst! «
    Es schien Gavin ein geringer Preis, um sie davon abzuhalten, sich zu töten. »Ich schwöre es«, sagte er.
    Lilian erhob sich hastig. Sie wirkte wieder lebensfroh und heiter. »Ich muß jetzt in den Saal, ehe man mich vermißt. Du vergißt mich niemals? Auch heute nacht nicht? « hauchte sie dicht an seinem Mund. Ihre Hände schoben sich unter den Stoff seines Hemdes. Dann riß sie sich los und lief aus dem Garten.
    Ein lautes Klatschen ließ Gavin herumfahren. Judith stand vor ihm. Ihr Kleid und ihre Augen leuchteten in der untergehenden Sonne.
    »Das war eine großartige Vorstellung«, sagte sie und ließ die Hände sinken. »Ich habe mich seit langem nicht so gut unterhalten. Diese Frau sollte wirklich nach London gehen und dort auf der Bühne in dramatischen Rollen auftreten. Ich habe gehört, daß dort gute Komödianten gesucht werden. «
    Gavin machte ein paar Schritte auf sie zu. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt.
    »Du kleine Schlange! Du hast kein Recht, mir nachzuspionieren! «
    »Spionieren? « fuhr sie ihn an. »Ich bin hierhergekommen, um etwas frische Luft zu schnappen, nachdem mein Herr Gemahl sich nicht um mich gekümmert hat! Und hier wurde ich nun Zeugin, wie dieser, mein Ehegemahl, einer Frau zu Füßen liegt, die ihn um den kleinen Finger wickeln kann. «
    Blitzschnell riß Gavin die Hand hoch und schlug ihr ins Gesicht. Vor einer Stunde noch hätte er schwören können, daß er niemals die Hand gegen eine Frau erheben würde.
    Judith wurde von dem Schlag umgeworfen und fiel zu Boden. Und im selben Moment begriff Gavin, was er da getan hatte. Er kniete nieder und half ihr auf.
    Judith riß sich sofort von ihm los und starrte ihn haßerfüllt an. Ihre Stimme war jedoch so leise, daß er sie kaum verstehen konnte.
    »Du hast gesagt, daß du mich nicht heiraten wolltest und daß du es nur getan hast, weil ich dir Reichtum einbringe. Ich schwöre dir, daß ich dich auch nicht wollte! Ich habe mich geweigert, bis mein Vater meine Mutter so quälte, daß er ihr den Arm brach. Ich habe weder Liebe noch Achtung für einen Mann, und für dich schon gar nicht. Aber mein Vater ist wenigstens ehrlich und verstellt sich nicht. Er würde nicht vor einem Priester und Hunderten von Zeugen ewige Treue und Liebe schwören und eine Stunde später den gleichen Schwur vor einer anderen Frau tun. Du bist für mich kein Mann von Ehre, Gavin Montgomery. Du bist schlimmer als der schlimmste Verräter. Ich werde für immer den Tag verfluchen, an dem man mich dir angetraut hat. Du hast dieser Frau etwas geschworen, und nun schwöre ich dir etwas. Gott ist mein Zeuge, daß du diesen Tag immer bereuen wirst. Du bekommst den Reichtum, nach dem du verlangt hast, aber ich werde mich dir

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