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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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erschienen war; schon 1891 hatte Joris-Karl Huysmans in seinem schwarzen Roman
Là-bas
auch über Gilles de Rais geschrieben. Aus dieser Rezension im
Spiegel
einige Schlüsselsätze: «Ritter Gilles geistert seit fünf Jahrhunderten als blutbesudeltes Scheusal, als Räuber, Schänder und Mörder kleiner Kinder durch die Chroniken und Biographien   … [D]er Päderast Gilles – der seine Frau Cathérinesamt Tochter aus seiner Nähe verbannt hatte – suchte ganz andere Räusche. Den mittelalterlichen Gerichtsakten zufolge hat ‹besagter Sire› Kinder und Jugendliche zwischen sieben und 20   Jahren, vornehmlich Knaben, geraubt und rauben lassen, geschändet und schänden lassen, getötet und töten lassen – ‹nicht nur zehn, auch nicht zwanzig, aber dreißig, vierzig, fünfzig, sechzig, hundert, zweihundert und mehr, so daß man die Zahl nicht klären kann.› Seine Opfer, Schüler und Bauernkinder, verschwanden auf den Märkten und Straßen, aus den Häusern, beim Viehhüten und Betteln. Gilles und seine Kumpane, vom Wein berauscht, würgten und erhängten, sie schnitten Kinderkehlen durch, hackten Glieder ab, schnitten Bäuche auf und ergötzten sich am Anblick der inneren Organe. Nach der Orgie, wenn Gilles seinen Rausch ausschlief, reinigten die Diener das Zimmer vom Blut, die Leichen wurden im Kamin verbrannt oder in Latrinen versenkt.» Zweieinhalb Jahre nach diesem Brief von Jürgen, und zwar im Revisionsprozeß in Düsseldorf, hat Staatsanwalt Heydenreich drei schwerwiegende Punkte betont: Jürgens Behauptungen über Gilles de Rais in Verbindung mit Pater Pütlitz enthielten keine Einzelheiten, die er nicht im
Spiegel
hätte lesen können; Jürgen lese den
Spiegel
regelmäßig; und Jürgen spreche den Namen «Gilles» nicht nach französischer, sondern nach deutscher Art aus, was darauf hindeute, daß er den Namen nicht gehört, sondern gelesen hatte. Erst einige Jahre danach, als ich Jürgen in der Heilanstalt Eickelborn besuchte, konnte ich ihn mit diesen Tatsachen persönlich konfrontieren. Seine einzige, lahme Erklärung: «Das eine schließt das andere nicht aus.» Mehr war aus ihm nicht herauszukriegen.]
     
    6.) Die Taschenbücher sind so eine Sache. Ich möchte Ihnen zuerst einmal nachträglich Dank dafür sagen, muß aber gleichzeitig bekennen, daß Pater Kettner und auch ich bis jetzt nicht den Mut fanden, sie in meine Zelle zu bringen. Denn meine Bücher usw. werden ja kontrolliert, gezählt (!) usw.
     
    [Ich hatte ihn nach seiner Meinung über die Beziehung zwischen seinem Beruf Metzger und seinen Taten gefragt.]
     
    7.) Ich bin ganz und gar nicht dieser Auffassung! Es mag sein, daß es rein äußerlich so aussieht, als hinge es zusammen, aber dem ist nicht so. Schließlich habe ich meinen Beruf nicht geliebt. Ich glaube, alles wäre ebenso gekommen, hätte ich einen anderen Beruf gelernt.
    ***
     
     
    Wuppertal, den 19.   Juli 1968
     
    Lieber Herr Moor.
    … Den Ausdruck «Generalplan» brachte der Vorsitzende des Gerichtes auf, er stammt nicht von mir, obwohl er natürlich in etwa das Richtige trifft. Vielleicht gehört folgendes hierhin: Herr Möller fragte mich, ob ich einen Zusammenhang sehe oder gesehen hätte zwischen der Sache, die PaPü mir erzählte, und meinen späteren Phantasien. Darauf kann ich nur sagen, daß ich nie einen bewußten Zusammenhang zwischen diesen beiden Dingen gesehen oder erlebt habe.
    Meine Phantasien fingen an, als ich zu Hause in Langenberg das letzte Jahr noch auf die Schule ging. Und zwar, als ich mit ein paar anderen Jungs in der Höhle gewesen war. Später, ein paar Tage später, habe ich allein begonnen, immer ein Stück weiter in den Stollen hineinzugehen, bis nach einiger Zeit alle Angst weg war, denn natürlich hatte ich auch Angst wie jedes andere Kind. Aber ich wollte diese Angst überwinden und schaffte es auch, ich blieb dann eine ganze Stunde oder länger in dem Stollen und betrachtete ihn langsam aber sicher als mein «Eigentum».
    Sofort nach dem ersten Besuch der Höhle kam mir der Gedanke, dort mit Gewalt Kinder zu mißbrauchen. In dieser allerersten Zeit dachte ich allerdings noch nicht an mehr, oder gar ans Töten. Das kam erst nach der Sache mit B. (B. ist übrigens vor ein paar Wochen bei einem Einbruchsdiebstahl erwischt worden.) Also kurz vor der Tat an dem F.   Ich kann das so genau sagen, weil ichnoch weiß, daß ich Rasierklingen in der Höhle aus der Tasche zog und dem Jungen drohte, ich würde ihn zerschneiden, wenn er nicht

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