Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
Vom Netzwerk:
Liebe, und solche, die auf satirische Weise entmutigte Jugendliche betrachten, die ihre Zeit verschwenden und Lieder, um die Menschen vor einem Atomkrieg zu warnen.“ Als Höhepunkt machte Herr Zhaoxia das Duett von Wolfgang Niedecken mit der chinesischem Sängerin Cheng Fangyuan aus. Das Zeitungsfoto dazu zeigte eine lächelnde Sängerin und einen etwas verkniffen dreinschauenden Wolfgang Niedecken, der angestrengt auf sein Textblatt schaute, als müsse er chinesische Schriftzeichen entschlüsseln.
    Es war in der Tat ein seltsames Gefühl, dieses erste Konzert. Das spürte die ganze Band. 18.000 Chinesen auf der einen Seite, dann mindestens 20 Meter Sicherheitsabstand, und dann erst die brandgefährlichen Kölner auf ihrer Bühne. Nicht zu vergessen, dass 2000 der Besucher Sicherheitspolizisten waren, denn Sicherheit war alles. Vor dem Konzert gab es eine Lautsprecherdurchsage, über deren Inhalt die Band erst hinterher aufgeklärt wurde: „Es ist verboten zu rauchen, aufzustehen, während der Darbietung sich in irgendeiner Form auffällig zu benehmen. Beifall darf nur zwischen den einzelnen Darbietungen gespendet werden …“ Zur Sicherheit hatte der weise Ratschluss der chinesischen Kulturbonzerei schon mal den brandgefährlichen Klaus Heuser mit der Stromgitarre gar nicht erst aufs Plakat gelassen, sondern eine Bläsersection an seine Stelle gesetzt. Wirklich überrascht waren die Kölner nicht, als sie die Plakate in China sahen. Jürgen erinnerte sich, dass die Vorabdelegation, bestehend aus Fonz Wollrath und Balou bei der Inspektion der zu bespielenden Örtlichkieten mit interessanten, aber doch unerwarteten Fragen konfrontiert worden war: „Ja, und wo sind denn die Tänzer?“ war deren zweitschönste gewesen. Die beste aber hieß: „Und warum steht die Band auf der Bühne?“ Eine Band gehörte hinter den Vorhang oder in den Orchestergraben. Es kostete einige Mühe, zu erklären, dass BAP etwas anders funktionierte als die Pekingoper. Aber gut, wenn sie eine Bläsersection haben wollten, dann sollten sie eine bekommen. Christian „Kalau“ Keul war der richtige Mann, der wurde als Teil der Bläsersection ausgedeutet und durfte folglich abwechselnd einmal mit der Trompete hupen und dann mit der Stimme brillieren. Dann gab es noch den Ulla Meinecke-Saxophonisten Richard Wester und die Chordamen Karen Schweizer-Faust und Claudia Hess, um dem vermuteten chinesischen Massengeschmack ein wenig entgegenzumusizieren.
    Eine chinesische Dame im Pailettenkleid ging, nein schritt, auf die Bühne und sagte an, am Anfang und dann immer wieder. Sie erklärte die jeweils nächsten drei Stücke: Ein Liebeslied, ein politisches Lied, ein soundso Lied. Dann Beifall, dann das Stück. Beifall nach dem Stück gab es auch. Aber nicht vergleichbar mit dem, was die leicht verunsicherten Helden aus der Kölner Südstadt gewohnt waren. Sehr merkwürdig, das. Jürgen war hinter seinem Schlagzeug noch ein paar Meter weiter weg. „Wir erreichen die gar nicht“, dachte er. Da musste doch was zu machen sein. Ab Shanghai hatten Wolfgang und der Major Sendermikrophone und konnten dem langsam auftauenden Publikum den Rock’n’Roll aus nächster Nähe ins Gesicht schleudern. Was dazu führte, dass der Major nun endlich wieder auf den Schwingen seiner Tonkaskaden am Horizont entschwinden durfte, und der Schmal dazu erbarmungslos immer schneller auf ein Becken ein dengelte, dass Jürgen es ihm am liebsten hätte wegschießen wollen. Aber egal, einen Tod musste man sterben, wenn es der kulturenübergreifenden Publikumsakzeptanz dienen sollte. Und wo konnte man sich schon besser an eine so merkwürdige Band gewöhnen als unter den Extrembedingungen eines so völlig fremden Landes? Hier waren alle gleich ratlos. Wenn der Major seinen Rundflug startete, musste er immer wieder feststellen, dass er in viele große, sehr erstaunte Augen schaute, aber nicht wirklich etwas in Bewegung bringen konnte.
    Die Chinesen standen auf die Mädels, wenn sie die Schnulze „Alone“ von Heart sangen. Soweit, so gut. Was könnte man noch machen, wurde beratschlagt. Klar, das Schlimmste, was es gibt: „Dann musst du eben auch ein Schlagzeugsolo machen“, beschloss die brutale, zynische und menschenverachtende Bandvollversammlung. „Ich hasse Schlagzeugsoli“ murmelte der Trommler noch fahl und fügte sich dann doch in sein Schicksal. „Vatter“ von Niedeckens
Complizen-
Album eignete sich dafür recht gut. Jürgen spielte einfach im gleichen Groove

Weitere Kostenlose Bücher