Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
Beth. „Daddy, du kannst den Graben machen, und Lisa und ich bauen das Schloss.“
„Sind Sie wirklich sicher, dass Sie nichts anderes vorhaben?“, fragte Joel.
„Ich habe heute frei und kann machen, was ich will“, gab sie knapp zurück. Vielleicht hatte er ja keine Lust, außerhalb der Arbeitszeit mit ihr Kontakt zu haben. Aber seiner Tochter zuliebe konnte er sie doch wohl eine Zeitlang ertragen, oder? Wenigstens so lange, bis sie eine Sandburg gebaut hatten.
„Danke.“
Er wirkte ein wenig verlegen. Und zu Recht, wie Lisa fand.
Eine halbe Stunde später hatte er seinen Schlossgraben fast ausgehoben. Beth und Lisa klopften den Sand fest und formten die Ecktürme der Sandburg. Beinahe wie eine kleine Familie. Allerdings eben nur beinahe. Lisa war seine Kollegin, das durfte Joel nicht vergessen. Eine äußerst attraktive Kollegin.
Als Beth ein paar Meter weit weg nach Muscheln für die Fenster suchte, sagte er halblaut zu Lisa: „Es ist lieb von Ihnen, dass Sie hierfür Ihre freie Zeit opfern.“
Achselzuckend meinte sie: „Ich mag Kinder. Meine Patentochter ist etwa im selben Alter wie Beth. Und ich weiß, wie es ist, wenn man einen Elternteil verloren hat.“ Sie hatte die Stimme ebenso gesenkt wie er. „Mein Vater starb, als ich sechzehn war. Er ist bei Glatteis genau in die Fahrbahn eines Lastwagens gerutscht. Er hatte keine Chance. Es war das schlimmste Weihnachten meines Lebens.“
Joel stockte der Atem. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
Rasch fügte Lisa hinzu: „Hören Sie, ich habe nicht über Sie getratscht, wenn Sie das glauben. Ich weiß nur deshalb, dass Sie alleinerziehend sind, weil jemand mich informiert hat, damit ich nicht aus Versehen in ein Fettnäpfchen trete.“
„Entschuldigen Sie, so habe ich das nicht gemeint. Ich bin bloß …“ Er schüttelte den Kopf. „Ach, ich weiß nicht.“
Sie hob die Schultern. „Ich will damit nur sagen, dass ich genau weiß, wie Beth sich fühlt, weil ich es selbst erlebt habe. Ich war damals schon viel älter als sie, aber im Grunde immer noch ein Kind. Und ich hätte auch noch beide Eltern gebraucht.“
„Das muss sehr schwer für Sie gewesen sein“, meinte Joel leise. „Jetzt verstehe ich, warum Sie Angst vor Glatteis haben.“
Wieder zuckte sie die Achseln. „Und noch etwas. Ich tue das hier für Beth.“
Und vielleicht auch für das Mädchen, das Lisa selbst einmal gewesen war? Ihre Augen wirkten auf einmal grau. Traurige Erinnerungen möglicherweise.
„Es tut mir leid“, sagte er.
„Weil Sie angenommen haben, ich würde Ihre Tochter dazu benutzen, um mich an Sie ranzumachen? Gut, denn das ist nicht der Fall“, entgegnete sie energisch. „Ich bin nicht auf der Suche nach einer Beziehung, okay?“
Joel stieß hörbar den Atem aus. „Jedenfalls sind Sie sehr direkt.“
„Ist am einfachsten so. Das erspart einem eventuelle Missverständnisse.“ Lisa verteilte weiter Seetang auf der Ringmauer der Sandburg.
„Okay. Ich verstehe, dass Sie das tun, weil Sie nett sind. Und ich weiß es zu schätzen, dass Sie meiner Tochter den Tag verschönert haben. Vielen Dank.“
Lisa nickte wortlos.
Joel wollte die leicht gespannte Atmosphäre wieder etwas auflockern. „Vermissen Sie London?“, fragte er daher.
„Ich vermisse meine Mutter. Ich habe gerade mit ihr telefoniert und versucht, sie dazu zu überreden, mich für ein paar Tage zu besuchen.“
Also doch kein anderer Mann, dachte er erleichtert.
„Einige meiner Freunde vermisse ich auch. Und es fehlt mir, dass ich nicht mehr mit meinem Patenkind Sophie spielen kann“, fuhr Lisa fort. „Aber ich freue mich, dass ich hier bei der Luftrettung mithelfen kann. In London hätte ich entweder ganz wechseln müssen oder hätte gar nicht mehr dabei sein können. Man macht dort nur ein halbes Jahr seine Einsätze, und dann muss man sich entscheiden. Das hat auch etwas für sich. Erstens wird man dadurch nicht allzu vielen traumatischen Situationen ausgesetzt. Zweitens können auf diese Weise mehr Notfallmediziner in der Erstversorgung ausgebildet werden. Mir blieb also keine andere Wahl, als die Stelle zu wechseln. Deshalb bin ich hergekommen.“
„Warum gerade die Luftrettung?“, wollte Joel wissen.
„Weil man da wirklich Leben retten kann“, antwortete sie schlicht. „Mit der Luftrettung bin ich innerhalb kürzester Zeit bei einem Patienten, was oft den entscheidenden Unterschied ausmacht.“
„Wenn Sie an Ihren freien Tagen bei der Luftrettung arbeiten, hatten
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