Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
hoch und lief in ihr Zimmer. Mit einem liebevollen Lächeln schaute Larissa ihr nach. Sie war so froh, dass die Kleine wieder Anteil am Leben nahm, auch wenn es noch eine Weile dauern würde, bis die seelischen Wunden verheilt wären.
Seit Jameelah wieder zu Hause war, verbrachte Larissa jeden Tag mehrere Stunden mit ihr in Faress’ Palast. Am Morgen nahmen sie das Frühstück gemeinsam ein, und am Abend nach dem Essen machten sie noch Spiele, bis es für die Kleine Zeit zum Schlafengehen war. Auf diese Weise halfen sie sich gegenseitig über ihren Kummer hinweg.
Vor ein paar Tagen hatte auch Faress sich ihnen angeschlossen. Sosehr Larissa sich nach seiner Nähe sehnte, es wäre leichter für sie gewesen, wenn er sie mit Jameelah allein gelassen hätte. Jeden Tag auch privat mit ihm zusammen zu sein, als wären sie eine Familie, fiel ihr schwer. Vor allem, da er sich in Gegenwart seiner Nichte wieder als der liebenswerte Mann zeigte, den sie kennengelernt hatte.
Und sobald Jameelah im Bett war, brach sein Verlangen nach Larissa durch. Dann zog er sie in seine Arme und küsste sie mit einem Feuer, das auch ihre Leidenschaft neu entfachte. Doch schon einen Moment später ließ er mit veränderter Miene wieder von ihr ab, als würde er heftig bereuen, wozu er sich hatte hinreißen lassen.
Larissa wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Die einzige Erklärung für sein widersprüchliches Verhalten war, dass er sich für seine Schwäche hasste und sie für das Begehren, das sie in ihm weckte. Doch wahrscheinlich erinnerte er sich dann, wie wichtig sie für ihn beziehungsweise für die Kinder seiner toten Geschwister war, was ihn in den freundlichen, umgänglichen Mann zurückverwandelte.
Bis zum nächsten Kuss …
„Hadi walla hadi?“
Larissa schreckte aus ihren Gedanken. Vor ihr stand Jameelah und hielt zwei Bilder hoch, die sie gemalt hatte. „Das hier oder das hier“, war ihre Frage gewesen.
Larissa bewunderte beide Bilder. Das Mädchen besaß ein unwahrscheinliches Talent und ein gutes Auge fürs Detail. Aber die kleinen Kunstwerke drückten auch eine große Traurigkeit aus, die Larissas Herz rührte.
Das eine Bild zeigte das Schlafzimmer einer Frau, dessen Einrichtung Wohlstand und Geschmack verriet. Doch das Zimmer war leer. Auf dem anderen Bild war ein kleines Mädchen zu sehen, das einsam und allein auf den Klippen saß und auf das weite Meer hinausblickte.
„ Habibati , beide Bilder sind Meisterwerke“, lobte Larissa, doch ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an.
In Jameelahs schwarzen Augen leuchtete es auf. „Wirklich?“
„Absolut, besonders für eine Zehnjährige. Wann hast du sie gemalt?“
„In der Schule. Wegen meinem … meinem Unfall darf ich beim Sport noch nicht mitmachen, deshalb gehe ich in den Malunterricht.“ Plötzlich hatte Jameelah Tränen in den Augen. „Aber richtig gelernt habe ich es von meiner Mama. Sie hat mir Schatten und Perspektiven gezeigt, bevor sie … bevor sie …“
Larissa nahm Jameelah in den Arm und küsste ihr die Tränen weg. „Deine Mama hat dir ein wundervolles Talent vererbt. Du solltest regelmäßig in den Malunterricht gehen.“
Die Kleine schaute sie mit jenen dunklen Augen an, die denen von Faress so ähnlich waren. Sie lächelte. „Dann gefallen dir beide Bilder gleich gut?“
„Eigentlich gefällt mir das mit den Klippen ein wenig besser. Aber nicht, weil es besser gemalt ist als das andere. Sie sind beide hervorragend. Doch die Szene hier ist so wirklich, dass ich beinahe spüren kann, wie der Wind in den Haaren des kleinen Mädchens spielt, und hören, wie die Wellen tosend gegen die Felsen rollen.“
„Es ist auch wirklich. Ein echter Ort. Es ist … es war Mamas Lieblingsplatz.“
„Siehst du, und darin liegt die Kunst“, sagte Larissa rasch, bevor das Kind wieder weinen würde. „Du hast es geschafft, dass man die Einzelheiten nicht nur sehen, sondern auch fühlen kann. Du bist eine wahre Künstlerin.“
Jameelahs Kinn begann erneut zu beben. „Das ist Ras Algam . Mama ist dort oft mit Baba gewesen. Als er starb und ich größer wurde, hat sie mich mitgenommen.“
Zweifellos war das kleine Mädchen auf dem Bild Jameelah, die von beiden Eltern allein zurückgelassen worden war. Larissa umarmte sie tröstend. „Wirst du mich einmal mitnehmen?“
Jameelahs Tränen versiegten. „Du willst mit mir zu den Klippen fahren?“
„Ja, sehr gern. Wir könnten ein Picknick veranstalten.“
Ein neuer Schatten fiel über das
Weitere Kostenlose Bücher