Julia Ärzte zum Verlieben Band 52
einmal.
Reiß dich zusammen, ermahnte Susan sich und atmete tief durch. „Vielen Dank, dass Sie mir mit Ihrem Gesang so nett geholfen haben.“
„Kein Problem.“ Besorgt sah er sie an. „Geht es Ihnen wirklich gut?“
„Es muss, in ein paar Minuten fängt mein Dienst an.“ Von der Arbeit ließ sie sich durch nichts und niemand abhalten.
Sanft strich er ihr mit dem Handrücken über die Wange. „Ich nehme an, das war Ihr erstes Mal?“
„Ja. Und das nächste Mal, wenn einer unserer Chefs eine solche Super-Idee hat, zahle ich lieber und drück mich.“
Marco lächelte. „Dann haben Sie den Adrenalinstoß noch nicht gespürt.“
„Welchen Adrenalinstoß?“
„Schauen Sie hoch“, sagte er.
Susan sah jemanden langsam rückwärts den Turm herunterlaufen.
„Genau das haben Sie gerade getan“, erklärte Marco.
„Aber ich hatte Todesangst. Ich war völlig gelähmt.“ Kopfschüttelnd fügte sie hinzu: „Ich hätte nie gedacht, dass ich Höhenangst habe. Noch nie war ich dermaßen erstarrt.“ Nicht einmal, als man ihr nach dem MRT die schlechte Nachricht mitgeteilt hatte. Sie hatte trotzdem ihre positive Lebenseinstellung behalten. Doch da oben war es einfach nur Furcht einflößend gewesen.
„Trotzdem haben Sie es geschafft. Das finde ich bewundernswert.“
„Bewundernswert?“ Das hatte schon lange niemand mehr zu ihr gesagt.
„Allerdings“, bestätigte er. „Leute wie ich, die so etwas zum Spaß machen, sind nicht tapfer. Die Leute, die echten Mut beweisen, sind diejenigen, die es tun, obwohl sie Angst haben, weil sie damit etwas bewirken wollen. Menschen wie Sie.“
Marco umschloss Susans Gesicht und streifte mit den Lippen leicht ihren Mund. Warm, süß und vielversprechend. Doch auf einmal verwandelte sich diese freundschaftliche Geste in etwas völlig anderes. Heiß, sinnlich und atemberaubend.
Als Marco den Kuss beendete, zitterte Susan immer noch, diesmal jedoch aus einem anderen Grund. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann jemand zuletzt solche Gefühle in ihr ausgelöst hatte. Allein das war schon beängstigend.
„Jetzt funkeln Ihre Augen“, meinte er.
„Das ist bestimmt der Adrenalinstoß, von dem Sie gesprochen haben“, gab sie zurück.
„Ja, klar.“ Er lachte. „Es war jedenfalls nett, Sie kennenzulernen, Susan. Auch wenn ich mich gerne noch länger mit Ihnen unterhalten würde, sollte ich lieber gehen. In knapp zwanzig Minuten fängt nämlich mein neuer Job an.“
Er musste hier im Krankenhaus arbeiten, sonst wäre er gar nicht oben auf dem Turm gewesen.
„Hat mich auch gefreut. Viel Glück für Ihre erste Schicht. In welcher Abteilung sind Sie denn?“, fragte sie.
„In der Notaufnahme.“
„Ich auch.“ Plötzlich machte es Klick bei ihr. Marco. „Dann sind Sie also Dr. Ranieri, unser neuer Oberarzt?“ Der Mann aus Rom.
Er neigte leicht den Kopf. „Aber mir ist es lieber, mit Vornamen angesprochen zu werden.“
„Susan Collins. Und ich bin eine viel bessere Ärztin als Abseilerin. Freut mich sehr.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen.
Sobald sie seine Finger berührte, bekam sie erneut weiche Knie, und bei der Erinnerung an den Kuss von eben wurde ihr glühend heiß.
„Wie lange arbeiten Sie schon hier?“, erkundigte er sich.
„Fünf Jahre. Seit meiner Assistenzzeit. Es ist wirklich eine sehr angenehme Abteilung. Die Kollegen sind alle ausgesprochen freundlich. Vielleicht mal abgesehen von Max Fenton, der die grandiose Idee für diese Abseil-Aktion hatte.“ Sie verzog das Gesicht. „Ich glaube, den mag ich nicht mehr.“
Marco lachte. „Doch, natürlich. Er ist ein netter Kerl.“
„Seine Frau Marina auch. Haben Sie sie schon getroffen? Sie ist auch Italienerin. Momentan arbeitet sie nur halbtags, und in ein paar Monaten geht sie wieder in Mutterschaftsurlaub.“ Susan hielt inne. „Sie sind also schon oft geklettert und haben sich abgeseilt?“
Achselzuckend erwiderte er: „Ich hatte mal eine Phase, in der ich gerne Extremsportarten betrieben habe.“
„Sie haben solche Sachen zum Spaß gemacht? Sind Sie wahnsinnig?“ Sie schauderte. „Ich kriege heute Nacht garantiert Albträume davon.“
Wieder lachte er, und sie sah ihn an. Marco hatte einfach wunderschöne Augen und einen herrlichen Mund. Auch wenn der Kuss natürlich nicht die geringste Bedeutung gehabt hatte. Susan war nicht auf der Suche nach einer Beziehung. Jetzt nicht mehr. „Singen Sie oft, um Leute zu beruhigen?“
„Nicht beim Abseilen. Meistens tue ich
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