Julia Ärzte zum Verlieben Band 52
nehmen.“
Sie begegneten sich früher. Die Patientin mit den Gesichtsverletzungen brauchte einen plastischen Chirurgen, wenn sie nicht für ihr Leben lang entstellt sein wollte. Luke fand sich im OP wieder, mit Lily als zweiter OP-Schwester.
Es ging nicht um Leben oder Tod. Nur ein paar feine Narben sollten Becky Martin später daran erinnern, dass Übermut, zu viel Alkohol und ein PS-starkes Motorboot sich nicht vertrugen. Die junge Frau war mit einem blauen Auge davongekommen.
Die Stimmung im OP-Saal war nicht mit der letzte Nacht zu vergleichen. Entspannt fand Luke sie trotzdem nicht. Jeder beobachtete ihn … und Lily. Die Blicke, die sie tauschten, was und wie sie es zueinander sagten, alles wurde genau registriert.
Lily wirkte mitgenommen, aber sie arbeitete professionell und bewies Fähigkeiten, die ihm die Arbeit erleichterten. Trotzdem hätte er sie lieber nicht dabeigehabt. Er sah es nicht gern, wenn sein Team abgelenkt war – und das war es, durch Lily.
Das ist nicht fair, dachte er missmutig. Sie wollte mich trösten, und dafür bezahlt sie jetzt. Über ihn amüsierten sich die Kollegen, aber Lily hatte gleich den Ruf weg, dass sie leicht zu haben war. Luke gefiel das gar nicht.
Er setzte die letzte Naht und trat vom OP-Tisch zurück.
„Gut gemacht, Luke“, meinte sein Anästhesist. „Du hast dir eine Pause verdient. Ich habe gehört, das Dienstzimmer ist frei. Schwester Ellis, vielleicht sind Sie ja auch frei?“
Die Juniorschwester fing an zu kichern.
Ich muss mit Lily reden, dachte Luke. Ich muss mich bei ihr entschuldigen.
Er brauchte Schlaf, Lily hatte die ganze Nacht Dienst. Luke beschloss, zum Schichtwechsel wiederzukommen und dann mit ihr zu sprechen.
Luke verschwand, und sie konnte sich endlich wieder richtig auf ihre Arbeit konzentrieren. Zu sagen, dass der Mann sie ablenkte, war noch untertrieben! Und die Kommentare der werten Kollegen waren unerträglich.
Lily fühlte sich gedemütigt, aber nicht nur das. Die Magenkrämpfe wurden schlimmer, und jetzt war ihr auch noch übel. Sie hatte Lighthouse Cove verlassen, weil die Anspannung sie krankmachte. Nur zwei Tage in Sydney, und sie hatte es geschafft, den Stress noch zu erhöhen …
„Sie sehen blass aus.“ Elaine musterte sie kritisch. „Hoffentlich haben Sie sich nicht dieses Virus geholt. Das halbe Krankenhaus war betroffen, aber wir dachten, das Schlimmste ist vorbei. Wie fühlen Sie sich?“
„Ich bin einfach nur müde. Ich hatte eine harte …“ Lily fing Elaines Blick auf und verstummte. „Ich meine …“
„Nein, nein, ich verstehe schon.“ Die ältere Schwester lächelte nachsichtig. „Sie und Luke … ich kann mir vorstellen, dass Sie müde sind. Aber wie ich von Dr. Blain gehört habe, der es wiederum von Dr. Lockheart weiß, kennen Sie Luke schon länger. Warum haben Sie sich von mir über ihn erzählen lassen, wenn Sie beide doch alte Freunde sind?“
„Ich …“ Sie verstand gar nichts mehr, aber da redete Elaine schon weiter.
„Er erzählt nicht viel von sich, das wissen wir schon. Aber wenn er mit jemandem zusammen ist, der genauso gestrickt ist, dann brechen für uns saure Zeiten an“, meinte sie augenzwinkernd. „Man sagt, dass er Sie um sechs abholen und nach Hause bringen will. Falls Sie bis dahin durchhalten“, fügte sie besorgt hinzu. „Sie sehen ja ganz elend aus. Wissen Sie was, Sie bleiben bis zum Schichtwechsel im Stationszimmer und kümmern sich um den Papierkram. Wenn es Sie wirklich erwischt hat, haben Sie bei den Patienten nichts zu suchen.“
„Ich bin nur müde – und ich brauche niemanden, der mich nach Hause bringt.“
„Es ist ja nicht irgendwer, sondern Luke Williams! Also, ran an die Büroarbeit, meine Liebe, und danach lassen Sie sich von Ihrem Schatz ins Bett packen.“
Lily hätte sich am liebsten in einer dunklen Ecke verkrochen. Wie ein Häufchen Elend saß sie über den Krankenakten, niedergeschlagen und geplagt von Übelkeit und Bauchkrämpfen.
Luke fand sie im Spindraum, als sie ihre Sachen holte.
Ich könnte es einrichten, dass ich in den nächsten vier Wochen nichts mit ihr zu tun habe, dachte er. Es wäre für ihn ein Leichtes, die Dienstpläne so abzufassen, dass sie bei seinen OPs nicht dabei war.
Finn benutzt Frauen, um zu vergessen. Vielleicht sollte ich das auch tun.
Nur … Lily selbst war nicht so einfach zu vergessen. Ihre Anteilnahme, ihre Großzügigkeit, das Lächeln in den Tiefen ihrer wundervollen Augen, ihre sanften Berührungen
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