Julia Ärzte zum Verlieben Band 53
zweiten Schwangerschaftshälfte gar nicht so selten vorkamen. Sie hatte Injektionen und strikte Bettruhe verordnet und war froh, dass Rajene, eine ältere und sehr erfahrene Hebamme, die auch Gemmas letzten vier Kindern auf die Welt geholfen hatte, bereit war, sie zu betreuen.
In der folgenden Woche rief Rajene jeden Tag an, um Melissa über Gemmas Zustand zu informieren. Ihr und dem Baby ging es gut, und Gemma war eine gehorsame Patientin, die im Bett blieb und sich schonte. Melissa freute sich über die guten Nachrichten.
Im Geist ging sie noch einmal ihre erste Woche in Didja durch. Sie konnte sich wirklich nicht beklagen. Die Arbeit machte ihr Spaß, und die Leute waren ihr gegenüber offen und herzlich. Einige Abende hatte sie im Pub verbracht, an anderen hatte sie es vorgezogen, in ihrem Apartment zu bleiben und sich einfach zu entspannen.
An solchen Abenden lag sie dann mit einem Buch im Bett, doch statt zu lesen, lauschte sie auf die Geräusche von nebenan. Sie hatte mitbekommen, dass Joss’ Apartment spiegelbildlich zu ihrem eingerichtet war. Das hieß also, dass sein Schlafzimmer gleich neben ihrem lag. Melissa fand es aufregend, sich vorzustellen, dass Joss hinter dieser Wand im Bett lag und schlief – womöglich nackt …
Energisch rief sie sich zur Ordnung. Sie musste endlich die Gefühle unter Kontrolle bringen, die er immer wieder aufs Neue in ihr weckte, und ihn als das sehen, was er in erster Linie für sie war: ihr Vorgesetzter.
Weder er noch sie waren noch einmal auf den Kuss zu sprechen gekommen, obwohl die Anziehungskraft zwischen ihnen immer noch extrem stark war, so sehr sie auch versuchten, sie zu ignorieren. Als Joss sie gestern der vorgeschriebenen ärztlichen Routineuntersuchung unterzog, hatte er dies rein professionell getan. Carrie hatte assistiert, als er ihren Blutdruck gemessen, Herz und Lunge abgehört, einen Sehtest gemacht und ihr Blutproben abgenommen hatte.
„Nur für die Versicherung“, hatte er überflüssigerweise erklärt, denn Melissa kannte natürlich diese Vorschriften für alle, die in einem medizinischen Beruf arbeiteten.
Ihr war nicht entgangen, wie Carrie sie immer wieder mit forschenden Blicken beobachtete. Zweifellos hatte sie die unterschwellige Spannung zwischen ihr und Joss gespürt.
An diesem Freitag – zwei Wochen nach jenem Freitag, an dem sie und Joss zu Hausbesuchen unterwegs gewesen waren und sich so leidenschaftlich geküsst hatten – hatte Melissa keine Lust, in den Pub zu gehen. Sie wusste zwar, dass Dex dort sein würde, doch sie war total enttäuscht von ihm. Er würde sie nur wieder ignorieren. Nach wie vor behandelte er sie lediglich wie eine Kollegin, höflich und zurückhaltend. Sein Verhalten schmerzte sie, auch wenn sie versuchte, Verständnis für ihn aufzubringen.
Aber das war nicht der einzige Grund, musste Melissa zugeben. Ihr stand auch nicht der Sinn nach Gesellschaft, denn Joss war zu Hausbesuchen unterwegs und immer noch nicht zurückgekommen. Natürlich wäre Dex an der Reihe gewesen, und sie fragte sich, ob Joss diesmal freiwillig für ihn eingesprungen war. Oder hatte er nur die Gelegenheit genutzt, einen Tag lang nicht in der Klinik sein und ihr begegnen zu müssen?
Melissa schenkte sich ein Glas Wein ein und machte es sich damit hinter dem Haus gemütlich, wo es für die Bewohner eine Rasenfläche mit Tisch und Stühlen gab. Hier war es still und friedlich, und sie genoss die kühle Brise.
„Im Outback leuchten die Sterne viel heller, findest du nicht?“, vernahm sie nach einer Weile Joss’ dunkle Stimme. Melissa zuckte leicht zusammen. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken“, fügte er entschuldigend hinzu, während er sich auf dem Stuhl ihr gegenüber niederließ.
„Du bist wieder zurück!“, stellte sie überflüssigerweise fest.
„Nein, es ist nur mein Hologramm, das ich mir vor ein paar Wochen erstellen ließ, um Leute von meinem idyllischen Sitzplatz fernzuhalten.“
„ Deinem idyllischen Sitzplatz?“
„Dex lässt sich hier so gut wie nie blicken.“
„Dann hattest du den Sitzplatz bisher für dich allein?“
„Ja. Aber ich …“ Er zögerte kurz. „Ich denke, ich kann ihn gern mit dir teilen.“
„Heißt das, dass deine holografische Projektion dann wieder verschwinden wird?“
Joss grinste. Sie lagen echt auf der gleichen Wellenlänge. Das wirkte sich auf seine Gefühle für Melissa natürlich nicht gerade negativ aus. Sie mochten in den letzten zwei Wochen nur das
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