Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
„Und jetzt?“
Er streckte die Hände aus, und sie legte beides hinein. „Ich ziehe ihn von hinten aus dem Sitz, du wartest an der Trage, bis ich ihn draußen habe. Als Erstes legen wir einen Venenzugang und geben ihm Morphin.“
Mia betrachtete den beengten Pilotensitz. Das Fußende der Trage ragte in den vorderen Teil der Kabine, dort, wo in den meisten Hubschraubern ein zweiter Sitz montiert war. „Meinst du, du schaffst es, ihn über den Sitz zu bergen?“, meinte sie zweifelnd.
„Hoffentlich. Ich weiß nicht, wie stabil das Ding bleibt, wenn ich auf die Trage steige, um ihn von dort rauszuziehen. Das Heck sitzt zwar fest zwischen zwei Baumstämmen, aber ich will nicht riskieren, dass wir nach vorn kippen.“
Ihr rutschte das Herz bis in die Zehenspitzen. Sie saßen in jeder Beziehung in der Klemme.
„Wir schaffen das schon, Mia.“ Er lächelte aufmunternd, und sie brachte ein zittriges Lächeln zustande, dankbar, dass – wenn sie schon einen Hubschrauberabsturz erleben musste – Luca bei ihr war.
„Okay, dann los“, sagte sie tapfer.
Zwanzig Minuten später lag Brian auf der Liege, wurde intravenös mit Flüssigkeit und Schmerzmittel versorgt und bekam Sauerstoff. Zur Sicherheit hatten sie ihn auch an ein Überwachungsgerät angeschlossen. Die komplizierte Fraktur war geschient, und Brian döste, getragen von einer Morphinwolke, vor sich hin.
Mia und Luca setzten sich wieder auf ihre Plätze. Der Wind heulte um den Hubschrauber und pfiff durch die geborstene Frontscheibe. Gelegentlich zerrte eine Bö an der Maschine, und Mia spürte das leichte Schwanken mit jeder Faser ihres Körpers. Das stetige Piepsen des Monitors wirkte seltsam fehl am Platz, während um sie herum Mutter Natur wütete.
„Wie lange reicht der Sauerstoff, was meinst du?“, fragte Mia.
Zwar brauchte Brian eigentlich keinen Sauerstoff, aber obwohl sie ihn gründlich durchgecheckt hatten, konnten sie etwas übersehen haben. Was war, wenn sein Zustand sich verschlechterte? Mia hatte keine Ahnung, wie lange sie hier noch ausharren mussten, und irgendwann war die Sauerstoffflasche leer.
„Ein paar Stunden bestimmt.“
Wann würden die Rettungskräfte kommen? Es sah nicht danach aus, als würde der Sturm in absehbarer Zeit nachlassen. Mia versuchte, nicht daran zu denken, wie gefährlich ihre Lage immer noch war.
„Und was machen wir jetzt?“
„Wir könnten auch versuchen, zu schlafen“, schlug er vor.
Sie schüttelte den Kopf und tastete wieder nach dem Pulsschlag in Brians Bein. Er war nur schwach spürbar. „Ich mache mir Sorgen um die Durchblutung“, sagte sie. „Es wäre doch schrecklich, wenn er das Bein verliert … nachdem er diesen Absturz überlebt hat.“
Luca stimmte ihr insgeheim zu, lächelte aber aufmunternd. „Hoffen wir, dass wir rechtzeitig von hier wegkommen.“
Mia nickte und merkte dabei, dass sie immer noch ihren Helm trug. Sie setzte ihn ab.
„Lass ihn lieber auf.“ Luca berührte sie am Arm.
Sie schüttelte die Haare und kämmte sie mit den Fingern. „Ich komme mir albern vor, hier wer weiß wie viele Stunden mit Helm herumzusitzen.“
Er suchte ihren Blick. „Falls die Maschine doch noch zu Boden kracht, könnte er dir das Leben retten.“
Sie wich den intensiven dunklen Augen aus und sah zur Seite. „Ich glaube, dann werde ich mir mit hundertprozentiger Sicherheit das Genick brechen, und davor schützt mich ein Helm auch nicht.“
Leider hatte sie recht. Luca hasste es, machtlos zu sein. Ihrer aller Schicksal hing von Faktoren ab, die er nicht beeinflussen konnte – vom Wetter, von der Stabilität der Bäume, die den Hubschrauber trugen, von den Entscheidungen, die das Rettungsteam traf.
Er nahm den Helm ab und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. „Behalt ihn in der Nähe“, sagte er, während er auf ihren Helm deutete.
Mia nickte. „Was passiert mit dem Patienten, den wir ausfliegen sollten?“ Luca hatte vorhin, als sie bei Brian einen Venenzugang legte, mit der Flugverkehrskontrolle gesprochen.
„Sie holen ihn mit einem Krankentransporter. Anders ist es nicht zu machen.“
Durch die tückischen Wetterbedingungen konnte das gut eine Stunde dauern. Bei Nässe waren die Bergstraßen besonders gefährlich, und die Wolken hingen tief, was die Sicht zusätzlich erschwerte.
„Hoffentlich ist es nur eine leichte Spinalverletzung.“ Gedankenverloren rieb sich Mia den Arm. Allerdings hätte man bei drohendem Unwetter wohl kaum einen Rettungshubschrauber
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