JULIA ARZTROMAN Band 26
um halb neun. Kann ich bei dir schlafen?“
Ben hielt mitten in der Bewegung inne, die Hand auf der Keksdose, und wandte sich zu Lucy um. „Selbstverständlich.“
„Möchtest du …?“
„Kann ich …?“
Beide verstummten abrupt.
Ben lachte auf. „Du zuerst.“
„Ich wollte dich fragen, ob du mitkommen willst.“
„Und ich dich, ob du mich mitnimmst.“
„Ja, gern.“
Nachdenklich betrachtete er ihren Bauch. „Seltsamer Zeitpunkt für einen Ultraschall, oder?“
„In der achtzehnten Woche hatte sich die Plazenta ein bisschen abgesenkt. Deshalb wollten sie es in der vierunddreißigsten noch einmal überprüfen.“
Zwischen seinen Brauen erschien eine steile Falte. „Abgesenkt? Wie tief?“
„Nicht der Rede wert. Es ist eine Routineuntersuchung.“
„Aber du bist erst in der zweiunddreißigsten Woche.“ Ben hielt sie auf Armeslänge von sich ab und musterte sie. „Warum jetzt schon, zwei Wochen eher? Stimmt dein Gewicht nicht?“
Widerstrebend gab sie es zu. „Ich habe seit zwei Wochen nicht mehr zugenommen.“
„Dann werde ich morgen auf jeden Fall dabei sein“, sagte er mit entschlossener Miene. „Darauf noch einen Keks!“
„Ben, ich habe schon zwei gegessen.“
„Das reicht nicht.“ Er strich ihr mit dem verlockend duftenden Keks über die Lippen. „Mund auf.“
Lachend wollte sie ihn wegschieben, aber er ließ nicht locker. Mit allen Tricks versuchte er ihr, den Keks in den Mund zu schieben, und bald konnte Lucy nicht mehr vor Lachen. Da ging die Tür auf, und ihr Vater betrat den Raum.
Noch am Türrahmen blieb er wie angewurzelt stehen.
Oh, Schande! Ausgerechnet … Lucy hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst.
Ben ließ die Hände sinken und trat einen Schritt zurück, bevor er ihn ansah. „Dr. Roberts.“
„Carter.“ Kalt erwiderte er den Blick.
Bitte … Lucy schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Bitte mach, dass er sich zusammennimmt.
„Sie sind früh dran“, sagte Nick ruhig, aber sie kannte ihn zu gut, um nicht den gefährlichen Unterton herauszuhören. Ihr Herz schlug schneller.
Ben zuckte mit den breiten Schultern. „Eigentlich nicht. Ich wollte pünktlich sein. Der Ausbau der Praxis ist für die Menschen hier von großer Bedeutung, und da ich meinen Teil dazu beitragen kann, nehme ich meine Aufgabe sehr ernst …“
Ihr Vater schnaubte verächtlich. „Wirklich? Ich habe gerade gesehen, wie ernst Sie sein können.“
„Dad!“, mischte Lucy sich ein, verzweifelt bemüht, eine Szene zu verhindern. „Das muss jetzt wirklich nicht sein.“
Sein Blick glitt zu ihr. „Finde ich auch. Du hast doch bestimmt Wichtigeres zu tun, als dich um Kekse zu balgen.“
„Ben wollte nur, dass ich besser auf mich achte“, verteidigte sie sich.
„Seit wann braucht die Familie Roberts gute Ratschläge von Ben Carter?“, stieß er hervor. „Von dir hätte ich mehr Loyalität erwartet. Wie kannst du mit einem Mann herumalbern, der deine Mutter …“
„Lass meine Mutter aus dem Spiel“, fauchte sie. „Du weißt ganz genau, dass Ben nicht schuld war.“
„Bist du sicher?“ Seine Augen waren dunkel vor Schmerz, als er Ben zornig ansah.
Andere wären unwillkürlich zusammengezuckt, doch Ben blieb ruhig. „Das wurde bereits vor zwei Jahren geklärt, Dr. Roberts.“
„Erwarten Sie etwa, dass ich diesen Bericht akzeptiere? Sie wissen verdammt genau, dass die Untersuchungsergebnisse manipuliert wurden.“
Lucy schnappte nach Luft. Sie hörte, wie Kate einen vorwurfsvollen Laut ausstieß, und blickte zur Tür. Neben der Praxismanagerin standen der Architekt und der Finanzsachverständige, und dahinter entdeckte sie ihre Kollegen.
Wie viel hatten sie mitbekommen? Wahrscheinlich zu viel.
An Bens Kinn zuckte ein Muskel. Aber abgesehen von einer leichten Röte im Gesicht zeigte er keine Reaktion.
„Das will ich nicht gehört haben“, sagte er und wollte sich abwenden.
„Was, die Wahrheit?“, hakte Nick erbittert nach.
Ben hatte genug. Verärgert drehte er sich wieder um. „Dr. Roberts, ich wäre nicht hier, wenn mir das Projekt nicht am Herzen läge. Man hatte mich gebeten, an der Planung mitzuarbeiten. Falls Sie dagegen sind, brauchen Sie es nur zu sagen, dann gehe ich. Glauben Sie mir, zu tun habe ich genug.“
Sekundenlang maßen sie einander mit Blicken. Schließlich holte Nick tief Luft und atmete hörbar aus. „Wir sitzen im selben Boot. Ich bin bei diesem Treffen auch nur deshalb dabei, weil ich für meine Patienten das Beste will. Sie, so
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