Julia Arztroman Band 62
möchte dich vielleicht wieder in der Praxis haben, aber ich bin nicht sicher, ob ich das will. Ich habe Pläne für mein Leben, und mit dir zu arbeiten gehört nicht dazu.“
Sie holte tief Luft. „Im Augenblick sind wir zu zweit, ich und Hugo Lawrence, der aus einer Gemeinschaftspraxis in Bournemouth hergekommen ist, um seine Schwester und ihre Kinder zu unterstützen. Sie ist seit einiger Zeit verwitwet und kommt damit nicht besonders gut zurecht. Außerdem haben wir drei Krankenschwestern, drei Empfangskräfte in Teilzeit, und Gordon Jessup ist immer noch der Praxismanager wie damals, als du hier gearbeitet hast. Und mit unserer Gemeindeschwester und einer Hebamme bilden wir ein hervorragendes Team, bei dem uns nur noch ein Arzt fehlt. Es ist schwer, jemanden zu finden, weil die meisten jungen Ärzte ungern in eine so abgelegene Gegend ziehen. Aber wir wollen auch niemanden, der zu alt ist. Die Patienten und die Praxis brauchen Beständigkeit.“
„Aber mich willst du nicht?“
Sie wich seinem Blick aus. „Eigentlich nicht. Andererseits sollte ich als Seniorpartnerin persönliche Dinge beiseitelassen und die Bedürfnisse der Patienten in den Vordergrund stellen. Die wären sicher entzückt, den Namen Gallagher weiterhin auf dem Praxisschild zu sehen. Und ich schätze, wenn du Teilzeit arbeitest, würde uns das sehr gut passen. Bisher hatte ich noch nicht darüber nachgedacht.“ Düster setzte sie hinzu: „Also in Ordnung. Wenn es das ist, was du willst, kannst du meinetwegen zu uns kommen.“
„Na, herzlichen Dank“, gab Nathan ironisch zurück. Doch ihr Mangel an Begeisterung war durchaus verständlich.
Ob sie wohl ebenso denken würde, wenn sie wüsste, dass er sich bemüht hatte, vor ihrer Hochzeit noch einmal mit ihr zu reden? Aber das wollte er ihr auf keinen Fall gestehen.
Nathan hatte sicherlich keinen großen Jubel über seine Rückkehr nach Swallowbrook von ihr erwartet. Dennoch hatte er gehofft, sie hätte ihm seine Worte in jenen Minuten des Abschieds von damals verziehen.
Natürlich war er zum großen Teil wegen Toby nach Swallowbrook zurückgekommen, hatte aber immer auch die Hoffnung gehabt, dass er und Libby sich eines Tages noch einmal begegnen würden, damit er eine Chance bekam, die Vergangenheit wiedergutzumachen.
„Willst du Montagfrüh in die Praxis kommen, um deine Arbeitszeiten zu besprechen?“, schlug sie vor. „Ich könnte mir zehn Uhr dafür freihalten.“
„Ja, gerne.“
Libby steckte den Schlüssel in ihre Haustür. „Gut, dann also bis Montag, zehn Uhr.“ Sie bückte sich, gab Toby einen Kuss auf die Wange und meinte in sanftem Ton: „Wir haben eine tolle Schule hier. Sie wird dir gefallen.“
Er war ein schmaler kleiner Junge mit einem blonden Lockenschopf. „Sind Sie eine Freundin von meinem Onkel?“, fragte er interessiert.
Sie spürte Nathans Blick, als sie vorsichtig antwortete: „Nein, wir haben bloß früher mal zusammen gearbeitet.“
„Haben Sie Kinder?“, wollte der Kleine wissen.
„Leider nicht.“
„Und warum nicht?“
„Weil ich niemanden gefunden habe, der nett genug war, um ihr Daddy zu sein.“
„Warum …?“ Der Junge war noch nicht fertig, doch Nathan unterbrach ihn, indem er ihn bei der Hand nahm. „Sag auf Wiedersehen zu Dr. Hamilton.“ Mit einem kleinen Lächeln setzte er hinzu: „Bis Montag um zehn.“
Sie nickte, schloss auf und ging hinein.
Beim Frühstück am Sonntag sah Libby, wie Nathan und Toby mit Angeln ausgerüstet ins Auto stiegen. Vermutlich wollten sie John Gallagher besuchen, der kürzlich in ein Holzhaus etwas außerhalb des Dorfes gezogen war.
Libby wünschte, sie hätte nicht so anmaßend auf Nathans Wunsch reagiert, in die Praxis zurückzukommen. Ohne es ausdrücklich anzusprechen, hatte sie ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie den Tag am Flughafen nicht vergessen hatte und auch nie wieder in dieselbe Falle tappen würde. Andererseits, wieso war sie dann so froh gewesen, als sie herausfand, dass er nicht verheiratet war und eine Familie hatte?
Was er für Toby tat, rührte sie. Ohne eigenes Verschulden hatte Nathan die Rolle eines alleinerziehenden Vaters mitsamt der damit verbundenen Belastung übernommen.
Er hatte gesagt, dass ihm leid tat, was Ian zugestoßen war. Doch er konnte nicht wissen, wie schnell sich diese Ehe als Fehler herausgestellt hatte. Libbys Antwort auf Tobys Frage, weshalb sie keine Kinder hatte, war die Wahrheit gewesen. Niemals hätte sie ein Kind aus einer so
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