Julia Bestseller Band 144

gibt sich schon mit jemandem ab, von dem er sich nichts erwartet?“
    Es war eine entwaffnende kleine Ansprache, mit der er das vorwegnahm, was man ihm hätte vorwerfen können, nämlich dass er aus Eigennutz die Beziehung zu einer Erbin gesucht hatte. Und indem er sein eigenes Tun zum allgemeinen Prinzip erhob, nahm er ihm das Verwerfliche.
    „Langweiler meiden wir“, fuhr er fort. „Denn natürlich sind wir lieber mit Leuten zusammen, die unser Leben aufregender und reicher machen.“
    Er lächelte Charlotte an, zweifellos um ihr das Gefühl zu geben, dass mit dieser letzten Bemerkung sie gemeint war. Damien spürte Angriffslust in sich aufsteigen. Dieser Mann war ein Meister der Manipulation, ein geschickter Menschenfänger. Und als er das Lächeln sah, das sich jetzt auf dem Gesicht der Frau ausbreitete, die ihm jede positive Reaktion verweigert hatte, verspürte Damien einen Stich.
    Er sah sie unverwandt an – diese Frau, die Gefühle in ihm weckte, die ihn zum Handeln trieben. Lag es daran, dass sie Peters Schwester war und er das Unbehagen des Freundes nachfühlen konnte? Oder war es, weil sie ihm die Anerkennung versagte, mit der sie ihren Verlobten förmlich überschüttete?
    Er kannte viele schöne Frauen, aber das Lächeln, das sie Mark Freedman jetzt schenkte, verstärkte ihre umwerfende Ausstrahlung noch. Er schaute auf ihren anmutig geschwungenen Hals. Sie trug keinen Schmuck, und durch seine Nacktheit bekam dieser Hals etwas Verletzliches, das an einen Urinstinkt in ihm appellierte. Der aggressive Jäger und Beschützer in ihm machte sich bereit. Zum Kampf um Charlotte Ramsey.
    Sein Blick wanderte über das Kleid, das sie für diesen Abend gewählt hatte. Es war leuchtend Orange – eine gewagte Farbe, die längst nicht jede Frau tragen konnte und die seinen ersten Eindruck von ihr bestätigte.
    Sie war mutig und selbstbewusst. Provozierend selbstbewusst.
    Es war ein schlichtes Futteralkleid mit einer perlenbestickten Passe. Sehr elegant. Wieder nicht übertrieben sexy und doch höchst verführerisch, weil es ihre Kurven auf eine sehr unterschwellige Weise betonte. Damien gelangte zu dem Schluss, dass sie eine Frau war, die in erster Linie als Persönlichkeit und nicht als Sexobjekt wahrgenommen werden wollte.
    Hatte Mark Freedman die Persönlichkeitskarte ausgespielt, um sie zu ködern?
    „Aufgepasst! Der Countdown für das Feuerwerk läuft“, verkündete Peter.
    Millionen Stimmen im Hafen skandierten: „Zehn, neun, acht …“
    Charlotte löste sich von ihrem Verlobten und wandte sich zu der beeindruckenden Harbour Bridge um – im Volksmund ihrer Form wegen auch „Kleiderbügel“ genannt. Mark Freedman tat es ihr gleich, legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie wieder eng an sich. Damien schob sich auf der anderen Seite unauffällig zwischen Peter und seine Schwester, entschlossen, Charlotte keine Auszeit zu gönnen, egal ob ihr das passte oder nicht.
    „… drei, zwei, eins …“
    Der große Bogenscheitel der Brücke versank in einem gleißenden Meer aus Licht.
    Das ist der Beginn von etwas ganz Großem, schoss es Damien durch den Kopf. Der Vorgeschmack dieser ersten Explosion befeuerte seine Erwartung auf das Kommende. Der Anblick symbolisierte das, was mit ihm passiert war, als er Charlotte Ramsey heute Nachmittag zum ersten Mal begegnet war. Irgendwie musste er es schaffen, sie Mark Freedman auszuspannen, und sie so vor einem schweren Fehler bewahren.
    Damit sie frei war für ihn.

3. KAPITEL
    Über den stilisierten weißen Segeln, die das Dach der Oper und zugleich eines der beiden Wahrzeichen von Sydney bildeten, brach der schwarze Nachthimmel auf und explodierte in einem bunt schillernden Farbenrausch. Die gewaltigen Kaskaden aus Licht waren atemberaubend schön, und doch wurde Charlottes Freude über den Anblick durch Damien Wynters Anwesenheit irgendwie getrübt.
    Obwohl es natürlich völlig idiotisch war, sich von ihm den Spaß verderben zu lassen.
    Und mehr als ärgerlich.
    Mark hielt sie. Mark redete mit ihr, er teilte seine Freude über das grandiose Feuerwerk mit ihr, machte sie auf die beeindruckenden Spezialeffekte aufmerksam, die es ihm besonders angetan hatten. Mark verdiente ihre volle Aufmerksamkeit. Und Charlotte versuchte, ihm diese zu geben, gab sich alle Mühe, so zu reagieren, wie sie es normalerweise getan hätte.
    Aber irgendwie klappte es nicht.
    Damien Wynters Stimme lenkte sie ab von dem, was Mark sagte, ihr Gehör reagierte plötzlich extrem