Julia Bestseller Band 144
die er eben noch verspürt hatte, waren schlagartig verflogen. Damiens ganzer Körper vibrierte. Immer wenn er sich gegen jemanden behaupten musste, schnellte sein Adrenalinspiegel hoch. Dass sein Gegner diesmal eine Frau war, machte die Sache noch aufregender. Und vor allem, wenn es sich um jemanden wie Charlotte Ramsey handelte.
Während sie die Treppe hinunter in den Spielsalon gingen, flüsterte Peter ihm ins Ohr: „Kann es sein, dass ich da ein sehr persönliches Interesse an meiner Schwester wittere?“
„Hättest du ein Problem damit?“
Mit manchen älteren Brüdern war nicht gut Kirschen essen, wenn es um ihre kleinen Schwestern ging. Und Damien wollte bei der Familie Ramsey nicht ins Fettnäpfchen treten. Die Freundschaft mit Peter bedeutete ihm einiges, und Peters Vater wünschte er niemandem zum Feind, am allerwenigsten jedoch sich selbst. Obwohl das alles wichtige Gesichtspunkte waren, konnte er im Moment keine Rücksicht darauf nehmen.
Peter grinste. „Nicht im Geringsten. Doch sei gewarnt, mein Freund. Charlotte ist eine Kämpfernatur.“
Damien grinste zurück. „Ich auch.“
„Wenn du gewinnen willst, solltest du nichts als gegeben betrachten“, kam der weise Rat. „Glaub ja nicht, dass sie eine leichte Beute ist. Das ist sie nämlich nicht. Meine Schwester hat einen bemerkenswerten Dickschädel.“
Damit sagte Peter ihm nichts Neues. Und das bedeutete, dass Mark Freedman viel Zeit und Energie darauf verwandt haben musste, nach den Sprüngen in ihrer Rüstung zu suchen. Aber am Ende hatte er sie entdeckt und es geschafft, sich in ihr Herz zu schleichen.
„Sie ist viel zu schade für Freedman“, brummte Damien.
„Ganz meine Meinung.“ Peter seufzte bedauernd. „Aber er versüßt ihr das Leben. Und du bist nicht süß.“
Nein, das war er definitiv nicht. Und er hatte auch nicht vor, etwas in dieser Richtung vorzutäuschen. Davon abgesehen, fehlte ihm für Experimente einfach die Zeit. Er konnte sich nicht mit vielen Tricks langsam in ihr Herz einschleichen, sondern musste es im Sturm erobern. Aber zu viel Süße konnte einem mit der Zeit auch ganz schön auf den Geist gehen, und sein Gefühl sagte ihm, dass sie eigentlich einen herberen Geschmack bevorzugte.
„Du sagst es. Ich tendiere mehr in Richtung Pfeffer und Salz“, erklärte er.
Peter lachte leise auf. „Geht mir genauso. Ohne Pfeffer und Salz wäre ich völlig aufgeschmissen. Dabei fällt mir ein, dass Charlotte nie ein süßes junges Ding war, nicht mal mit sechzehn.“
„Wie alt ist sie eigentlich?“
„Dreißig. Zwei Jahre jünger als ich. Sie wünscht sich eine Familie.“ Peter war jetzt ernsthafter geworden. „Und genau deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich auf irgendetwas einlässt, was ihren Entschluss, Freedman zu heiraten, ins Wanken bringen könnte.“
„Dieser Entschluss könnte sich aber sehr schnell als ein schwerer Fehler erweisen.“
„Wohl wahr, es ist nur …“ Peter zuckte die Schultern. „Nicht mal Dad hat es geschafft, sie von dieser idiotischen Idee abzubringen, und das will etwas heißen.“
„Sie muss es selbst wollen, überreden kann man sie nicht.“
„Wenn du das schaffst, bekommst du einen Orden.“
Im Salon war bereits alles für den Beginn des Spiels vorbereitet. Um einen großen ovalen Tisch standen acht Stühle, außerdem gab es einen besonderen Platz für den Dealer, der auch die Bank hielt. Die handverlesenen Gäste schlenderten auf und ab, dabei vertilgten sie rasch noch die letzten Schnittchen und tranken ihre Gläser aus, obwohl hinter jedem Platz in Reichweite ein kleiner Beistelltisch mit Erfrischungen stand.
Als Charlotte mit Mark eintrat, sah sie, dass Peter bei ihrem Vater stand und auf ihn einredete. Und als sich der scharfe Blick ihres Vaters gleich darauf auf sie richtete, wusste sie, dass sie von ihr gesprochen hatten. Sie war die einzige Frau im Raum, und es war sehr wohl denkbar, dass sie unerwünscht war. Dagegen würde auch Damien Wynter nichts ausrichten können. Lloyd Ramsey ließ sich von niemandem Vorschriften machen. Doch nachdem sie nun schon einmal hier war, wollte Charlotte nicht aufgefordert werden, den Raum wieder zu verlassen, schon Marks wegen nicht. Er würde sich in diesem Fall bestimmt gekränkt fühlen.
„Oh! Charlotte! Was für eine Ehre“, rief ihr Vater aus, während er sein bekanntes gleichermaßen gewinnendes und furchterregendes Lächeln zeigte. Die hohe, breite Stirn, die kräftige Nase, die strahlend weißen
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