Julia Bestseller Band 144
tummelte, dachte Charlotte, wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben froh über deren soziales Engagement.
Kate Ramsey kauerte mit verstörtem Gesicht am Boden, an der Seite ihres Mannes, der mit seiner Linken ihre beiden Hände umklammerte. Als Charlotte sich näherte, riss ihre Mutter den Blick von ihm los und schaute sie aus großen braunen Augen verstört an. Ihr kupferfarbenes, normalerweise stets perfekt frisiertes Haar war durcheinander. Zum ersten Mal wurde Charlotte klar, wie nah sich ihre Mutter und ihr Vater trotz ihrer unterschiedlichen Lebensstile doch waren. Wenn Kate ihren Mann verlöre …
Hör sofort auf damit, ermahnte sich Charlotte. Solche Gedanken waren alles andere als hilfreich. Peter saß hinter dem Arzt auf einem Stuhl, vorgebeugt, die Ellbogen auf die Knie aufgestützt, die Hände fest gefaltet. Außer ihnen war niemand im Raum. Es war mucksmäuschenstill.
Damien zog einen Stuhl neben den Stuhl von Peter und bedeutete Charlotte, sich zu setzen. Ihr Bruder bedankte sich mit einem Blick für seine Hilfe. Dann schaute er zu Charlotte. Nachdem sie sich gesetzt hatte, ergriff er ihre Hand und sagte: „Sieht aus wie ein Herzinfarkt, aber wie schlimm es wirklich ist, wissen wir erst, wenn sie ihn im Krankenhaus untersucht haben.“
Sie nickte und drückte seine Hand, dann warteten sie schweigend darauf, dass die Jacht anlegte. Mark hatte sich ebenfalls einen Stuhl geholt und saß neben ihr. Sie wusste, dass er ihre Nähe suchte, weil er sich ihr verbunden fühlte, seltsamerweise aber empfand sie in diesem Moment nicht dasselbe. Irgendwie war er nicht Teil dessen, was sie und ihre Familie gerade durchmachten. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es für sie war. Er war kein Ramsey und lebte kein Ramsey-Leben, deshalb würde er es wohl auch nie nachfühlen können.
Hatte ihr Vater vielleicht doch recht damit, dass sie und Mark nicht zusammenpassten? War sie einfach nur zu stur gewesen, um auf ihn zu hören? Hatte sie ihm überhaupt je richtig zugehört? Er war heute Nachmittag so wütend gewesen, einen ganz roten Kopf hatte er bekommen. Und was, wenn sie an seinem Herzanfall schuld war?
Bitte, Daddy, bitte. Stirb nicht. Lass uns wieder miteinander reden.
„Soll ich dich ins Krankenhaus begleiten?“, fragte Mark, nachdem die Jacht angelegt und die Sanitäter ihren Vater auf eine Trage gelegt und von Bord gebracht hatten.
Als Charlotte die Unsicherheit in seiner Stimme mitschwingen hörte, bekam sie prompt Gewissensbisse. War sie schuld, dass er sich wie ein Außenstehender fühlte? Obwohl er es in diesem Fall ja tatsächlich war. Ihr Vater lehnte ihn ab, und wenn es nach ihm ginge, würde er nie in die Familie aufgenommen werden.
„Ich bleibe bei Mum, Mark. Ich glaube … vielleicht sollte besser nur der engste Familienkreis … geh nach Hause. Ich rufe dich an, wenn … wenn es gute Nachrichten gibt.“
Er wirkte fast erleichtert, dass sie es ihm ersparte, in gedrückter Atmosphäre im Krankenhaus herumzusitzen, als einziger Störfaktor in einer Familie, die sich trotz allem, was sie unterschied, doch eng verbunden fühlte. Zudem wurde Charlotte den leisen Verdacht nicht los, dass er nicht allzu traurig wäre, wenn ihr Vater das Zeitliche segnete – damit wäre ein Stachel aus ihrer Beziehung entfernt, eine Verbindung gekappt. Obwohl sie ihm seinen Groll gegen ihren Vater schwerlich zum Vorwurf machen konnte, wenn man bedachte, wie dieser sich ihm gegenüber verhalten hatte. Trotzdem zog sie es vor, ihn heute Nacht nicht an ihrer Seite zu haben. Jeder Trost von ihm würde in dieser Situation schal schmecken.
Wie sich dann herausstellte, klammerte sich ihre Mutter an Peter und wollte, dass er sie auf der Fahrt ins Krankenhaus begleitete – der Sohn, der ihrem Mann so ähnlich war, und nicht die rebellische Tochter, die sich gegen das Urteil ihres Vaters aufgelehnt hatte. Bisher war Charlotte davon ausgegangen, dass Kate verstand, warum sie anders leben wollte als ihre Mutter. Doch als diese sich jetzt in diesem kritischen Moment allein von Peter Trost und Verständnis erhoffte, fühlte sich Charlotte schmerzlich zurückgewiesen.
Peter, der offenbar irgendetwas spürte, warf seinem Freund einen scharfen Blick zu und fragte: „Könntest du dich vielleicht statt meiner um Charlotte kümmern, Damien?“
„Selbstverständlich“, kam die prompte Erwiderung. „Fahr schon mal vor, Peter. Wir kommen nach.“
Wieder nahm Damien Wynter sie unter seine Fittiche. Er brachte sie zu der
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