Julia Bestseller Band 144
verunsicherter fühlte als zuvor. Das legt sich bestimmt wieder, versuchte sie, sich einzureden. Es musste sich einfach legen.
„Obwohl es doch gerade heute so romantisch sein könnte“, versuchte er noch einmal zaghaft sein Glück. Ihr Herz flatterte ängstlich, während sie nach einer glaubhaften Ausrede suchte.
Es war nur normal, dass er die heutige Nacht ganz mit ihr verbringen wollte, schließlich war Silvester. Und sich ihm zu verweigern, war mehr als unfair.
„Na ja …“, sagte sie zögernd, als würde sie es sich womöglich doch noch überlegen. „Tanzen wir erst noch mal.“
Er lachte, vielleicht weil er annahm, sie würde ihn nur auf die Folter spannen, während sie selbst hoffte, beim Tanzen so locker zu werden, dass ihr die Vorstellung, mit ihm zu schlafen, nicht mehr ganz so unerträglich war.
Nachdem sich die älteren Herrschaften nach Mitternacht damit begnügten, parlierend übers Deck zu flanieren, war der DJ dazu übergegangen, schnellere Musik aufzulegen. Als sie auf die Tanzfläche kamen, sang Gwen Stefani gerade ihr „Hollaback Girl“. Charlotte bemühte sich, nicht auf den Text zu hören, der Salz in ihre Wunden streute.
Marks Stimmung besserte sich zusehends, und sie gab sich alle Mühe mitzuspielen, aber sie schaffte es nicht. Und dann merkte sie überrascht, dass der starke Motor der Jacht ansprang. Was hatte das zu bedeuten? War die Zeit wirklich so schnell vergangen? Ein Blick auf ihre Uhr sagte ihr, dass dem nicht so war. Erst zwanzig vor eins. Frustration stieg in ihr auf. Warum musste ihr Vater ausgerechnet heute seinen Zeitplan ändern, wo sie jede Sekunde benötigte, um die Dämonen zu bannen, die Damien Wynter in ihr entfesselt hatte?
„Wir legen schon ab“, kommentierte Mark sichtlich erfreut.
„Sieht ganz so aus“, gab sie ausdruckslos zurück, während sie innerlich immer noch davor zurückscheute, heute Nacht das Bett mit ihm zu teilen.
Und der Grund dafür war doch tatsächlich dreist genug, sie schon wieder beim Tanzen zu stören, obwohl sie ausdrücklich darum gebeten hatte, künftig in Ruhe gelassen zu werden.
„Charlotte, Sie werden unten verlangt.“
„Was ist passiert?“, fragte Mark, der sofort spürte, dass dies nicht einfach nur eine beiläufige Störung war.
Damien Wynter beachtete ihn gar nicht. Er schaute sie durchdringend an, wohl um ihr begreiflich zu machen, dass es sich hier um ein echtes Problem und nicht um eine weitere persönliche Herausforderung handelte. „Ihr Vater hat einen Herzanfall“, erklärte er leise. „Peter ist bei ihm. Ihre Mutter ist bereits informiert.“
Der Schreck fuhr ihr in die Knochen. Sie zweifelte keine Sekunde am Wahrheitsgehalt seiner Worte. Deshalb also hatte das Schiff früher als geplant abgelegt. „Wie schlimm ist es?“, fragte sie schließlich.
Als in seinen Augen Mitgefühl aufblitzte, machte sie sich auf das Schlimmste gefasst. Sie hielt den Atem an, bis er sagte: „Ich weiß nicht. Ein Arzt – einer der Gäste – untersucht ihn gerade. Ein Krankenwagen ist bereits alarmiert, man wird ihn ins Krankenhaus bringen, sobald wir angelegt haben. Aber Sie sollten jetzt wirklich mitkommen, Charlotte.“
„Ja.“ Sie war sich der Dringlichkeit bewusst. Es kam ihr gar nicht in den Sinn zu protestieren, als Damien Wynter ihren Arm nahm und sich mit ihr einen Weg durch die Menge auf der Tanzfläche bahnte, während Mark hinter ihnen hertrottete. Sie fühlte sich ganz schwach auf den Beinen und war froh über die Kraft und Entschlossenheit, die er ausstrahlte.
Der persönliche Assistent ihres Vaters bewachte die Tür zum Salon. Er begrüßte sie mit einem respektvollen Nicken, bevor er sagte: „Ihr Bruder hat mich gebeten, die Gäste über Lautsprecher aufzufordern, auf dem Oberdeck zu bleiben, bis man Ihren Vater vom Schiff gebracht hat. Der Fuhrpark ist bereits benachrichtigt. Für die Fahrt ins Krankenhaus werden Limousinen bereitgestellt.“
„Danke, Giles.“
Damien Wynter führte sie in den Salon. Die Pokerspieler waren gegangen. Ihr Vater lag auf dem Boden, seine gesunde Gesichtsfarbe war einer erschreckenden Blässe gewichen. Die Augen hielt er geschlossen. Charlotte erkannte den Arzt, der bei ihrem Vater nach dem Puls tastete. Es war der berühmte Herzchirurg Eric Lee. Seine Anwesenheit heute Nacht war einzig und allein dem Umstand zu verdanken, dass ihre Mutter im Vorstand der Heart Foundation saß. Wie gut war es doch, dass sich ihre Mutter in so vielen karitativen Organisationen
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