Julia Bestseller Band 146
hier …?“
„Du kleine grünäugige Hexe! Was machst du nur mit mir?“ Enrico stöhnte. Ja, das ist gut, mach weiter …“
– ENDE –
Herzen in Fesseln
1. KAPITEL
Der mit Walnussholz vertäfelte Raum strahlte die zeitlose Eleganz der alten Welt aus, und die Vorstellung, jemand könne in dieser Atmosphäre ungehobelt genug sein, um die Stimme zu erheben, schien geradezu absurd. Unter normalen Umständen wäre Anton Luis Ferreira Scott-Lee auch nie auf diese Idee verfallen.
Doch an der momentanen Situation war absolut nichts Normales, und die Wut in ihm ließ sich nicht zurückhalten, pulsierte im Hintergrund, wenn auch für den Augenblick wie in Eis verbannt.
„Ich werde zurücktreten müssen“, verkündete Anton und versetzte mit diesen Worten die beiden anderen Anwesenden im Raum in einen schockierten Zustand des Entsetzens.
Seine Mutter war mit fünfzig viel zu jung und viel zu schön, um Witwe zu sein – aber offensichtlich nicht zu jung, um, nachdem sie im zarten Alter von neunzehn geheiratet hatte, eine unrühmliche Vergangenheit zu vertuschen. Eine Vergangenheit, die sie nun einholte.
„Aber … meu querido …“ Sie erholte sich als Erste von dem Schock. „Du kannst unmöglich zurücktreten!“
„Ich habe wohl keine andere Wahl.“
Maria Ferreira Scott-Lee zuckte leicht zusammen, betroffen wandte sie den Blick ihrer braunen Augen von den harten Zügen ihres Sohnes ab.
„Sei nicht albern, Junge!“, stieß Maximilian Scott-Lee hervor. „Das hat absolut nichts mit der Bank zu tun! Wir sollten die Dinge schon in der richtigen Perspektive belassen!“
Max wollte Perspektive? Anton sah in das Gesicht des Mannes, den er sein ganzes Leben lang liebevoll „Onkel“ genannt hatte. Allerdings verspürte er im Moment den nahezu unkontrollierbaren Drang, die Faust in dieses geliebte Gesicht zu schlagen.
Nein, das bietet sicherlich keine Perspektive, dachte Anton bei sich und drehte sich abrupt zu der Fensterfront um, die den Blick auf das exklusive Anwesen der Scott-Lees in Belgravia freigab.
Das Wetter da draußen passte zu seiner düsteren Stimmung. Regen fiel unablässig vom grauen Himmel, riss gewaltsam die wenigen Blätter, die noch an den Ästen der Bäume hingen, zu Boden. Anton konnte sich bestens ausmalen, wie diese Blätter sich vorkommen mussten. Vor zwei Stunden noch hatte ein ruhiger, sonniger Wintertag über London gelegen, und Anton hatte in einer Vorstandssitzung der altehrwürdigen und renommierten Scott-Lee-Bank gesessen.
Und jetzt … jetzt fühlte er sich wie eines dieser sturmgebeutelten Blätter dort draußen.
Ein Muskel zuckte in seiner Wange, vertiefte damit die Spalte in der Mitte seines Kinns – ein Grübchen, über das er sich bisher nie bewusst Gedanken gemacht hatte. So wie er sich bis zum heutigen Tag über viele Dinge keine Gedanken gemacht hatte, Dinge über sich selbst, mit denen er jetzt unausweichlich konfrontiert war.
Es hatte keinen Grund für Fragen gegeben. Geboren als das einzige und geliebte Kind der brasilianischen Schönheit Maria Ferreira und des reichen englischen Bankiers Sebastian Scott-Lee – zumindest hatte er das bis heute geglaubt –, hatte er immer als selbstverständlich angenommen, er verdanke sein Latin-Lover-Aussehen den Genen seiner brasilianischen Mutter und den gewieften Geschäftssinn seinem verstorbenen und immer noch betrauerten englischen Vater.
Als er diesen Brief aus Brasilien erhielt, in dem ein gewisser Enrique Ramirez behauptete, sein leiblicher Vater zu sein, hatte Anton das Ganze zuerst für einen geschmacklosen Scherz gehalten. Doch das erzwungene Treffen mit seiner Mutter und seinem Onkel hatte die Scherztheorie schnell zunichtegemacht. Jetzt musste Anton nicht nur die hässliche Tatsache akzeptieren, dass dieser Ramirez die Wahrheit gesagt hatte, sondern zusätzlich auch noch, dass der Mann, den er bisher für seinen Vater gehalten hatte, von Marias Affäre mit Enrique gewusst hatte. Ebenso, wie Sebastian gewusst hatte, dass Anton nicht sein Sohn war. Eine Adoption hatte Anton den legalen Platz in Sebastian Scott-Lees Leben gesichert, verbunden mit der Bedingung, dass Anton nie die Wahrheit herausfinden sollte.
„Du weißt genauso gut wie ich, dass die Bank ohne dich ruiniert wäre“, sagte Maximilian in das lastende Schweigen hinein. „Du bist die Bank, Anton. Die Leute werden Fragen stellen, warum du dich zurückziehst, und die Wahrheit wird unvermeidlich ans Licht kommen. Pikantes kommt immer ans
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