Julia Collection Band 09
dazu überreden, es sich mit dir anzusehen.“
Er öffnete den Mund, als wollte er ihr widersprechen, nickte dann aber nur kurz, ging in den anderen Raum und stellte den Fernseher an.
Kaylee atmete erleichtert auf. Sie war noch nicht bereit dazu, über jene Nacht vor drei Jahren zu sprechen, und sie war gar nicht sicher, dass sie hören wollte, warum Curtis sie damals im Stich gelassen hatte.
Amber folgte Curtis zögernd, der sich schon vor den Fernseher gesetzt hatte, und Kaylee biss sich auf die zitternde Unterlippe. Es war ein großer Fehler gewesen, Curtis’ Einladung zur Lonetree Ranch anzunehmen. In den nächsten ein, zwei Monaten würde sie von morgens bis abends mit ansehen müssen, wie er und Amber sich näherkamen. Sie würde einen Eindruck davon bekommen, wie ihr Leben hätte sein können, würde Curtis sie so lieben, wie sie ihn geliebt hatte.
Sie gab sich einen Ruck und beschäftigte sich hastig mit dem Abendessen. Was war nur los mit ihr? Sie war schließlich schon einmal über ihn hinweggekommen und hatte ohne ihn gelebt.
Aber während sie Kartoffeln schälte und Karotten für ein Schmorfleischgericht putzte, fragte sie sich bedrückt, wie sie es schaffen sollte, die nächsten Monate zu überleben, ohne das letzte bisschen Verstand zu verlieren, das ihr noch geblieben war.
5. KAPITEL
Curtis lächelte zufrieden, als er ausprobierte, wie sich seine Schulter ohne die Armschlinge anfühlte. Sie tat noch ein wenig weh, aber er hatte keine großen Schmerzen mehr.
„Wurde auch verdammt noch mal höchste Zeit“, sagte er leise.
Er warf die Schlinge auf die Kommode und ging aus seinem Schlafzimmer hinaus und den Flur hinunter. Soweit es ihn anging, brauchte er sie nie wieder zu Gesicht zu bekommen. Aber er wusste, dass Kaylee an die Decke gehen würde, wenn er sie wegwarf.
Aber selbst eine Standpauke wäre ihm sehr viel angenehmer als die Stille, mit der sie ihn in den letzten zwei Wochen die Wände hochtrieb. Seit er sie geküsst hatte, war sie nachdenklich, ja fast abweisend gewesen, obwohl sie sehr viel Zeit zusammen verbrachten. Er war nicht sicher, was in ihrem hübschen Kopf vor sich ging, aber er hatte die feste Absicht, es herauszufinden.
Der Duft nach frischem Kaffee und gebratenem Schinken lockte ihn in die Küche. Curtis beschleunigte die Schritte. Seit Kaylee und Amber bei ihm waren, aß er besser als seit einer kleinen Ewigkeit, wie ihm schien. Am Fuß der Treppe stieg er über das Gitter, das sie angebracht hatten, um Amber von der Treppe fernzuhalten, und folgte dem verlockenden Duft bis zur Küche.
„Guten Morgen“, sagte er fröhlich, als er hereinkam. „Irgendetwas riecht hier wahnsinnig gut.“
„Guten Morgen.“ Kaylee war gerade dabei, ihre Teller aufzufüllen, und sah kurz auf. „Wo ist deine Armschlinge?“
„Auf der Kommode in meinem Zimmer“, sagte Curtis und setzte sich neben Ambers Kinderstuhl an den Küchentresen. Er grinste sie liebevoll an und fragte: „Meinst du, Mommy wird Daddy anschreien?“
„Mommy“, sagte Amber und wies auf Kaylee, um jedes Missverständnis auszuräumen.
„Kannst du auch Daddy sagen?“, fragte Curtis hoffnungsvoll. Bis jetzt hatte sie ihn kein einziges Mal so angesprochen.
Amber nickte und begann Rührei zu essen.
Sie waren sich schon sehr viel nähergekommen, fand er. Sie erlaubte ihm zwar immer noch nicht, sie in die Arme zu nehmen, aber sie hatte aufgehört, ihr Gesicht zu verstecken, wenn er sie ansah, und hatte auch angefangen, mit ihm zu plappern. Nicht sehr viel. Aber er war sicher, dass sie sich mit der Zeit noch in eine wahre Plaudertasche verwandeln würde.
„Nein, ich werde dich nicht anschreien“, sagte Kaylee und stellte einen randvollen Teller mit Ei, Schinken und Brötchen vor ihn auf den Tisch. „Wenn du sagst, dass es nicht wehtut, ist es wahrscheinlich in Ordnung, wenn du sie abnimmst.“ Sie reichte Amber einen Plastikbecher mit Deckel und warf Curtis einen warnenden Blick zu. „Aber wenn es anfängt wehzutun, legst du sie besser wieder an, sonst bekommst du dasselbe von mir zu hören wie alle Patienten, die sich früh zu viel zumuten.“
Curtis lächelte. Es war zwar nicht, womit er sich vorgestellt hatte, Kaylee aus ihrem Schneckenhaus herauszulocken, aber es war immerhin ein Anfang. „Jawohl, Ma’am.“
„Jawoll, Mom“, echote Amber.
Das Lachen seiner Tochter klang wie das Klimpern eines kleinen Windspiels bei einer leichten Brise, und Curtis fiel mit ein. Er liebte es, wenn sie Worte falsch
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