Julia Collection Band 09
war, von wo immer sie hinging, um dem Schmerz zu entfliehen.
„Was ist?“, fragte sie, als er sie nur stumm ansah.
Er räusperte sich. Es gab keine schonende Art, diese Art von Neuigkeiten einer Frau beizubringen, die er gerade mal – er sah auf die Uhr – vor knapp einer Stunde kennengelernt hatte.
„Hier steht, Sie müssen sich von der Taille abwärts ausziehen“, erklärte er schließlich und achtete darauf, ruhig und unbeteiligt zu wirken.
„Ist das jetzt sofort nötig?“, fragte sie genauso gelassen. Er war nicht sicher, aber er hatte den Eindruck, als wären ihre Wangen etwas röter geworden.
Morgan zuckte die Schultern, reichte ihr das Buch und ging in die Küche, um noch einen Topf zu holen. Er brauchte etwas, worin er Wasser kochen konnte, um ein paar Dinge zu sterilisieren, die er während der Geburt brauchen würde. Und Samantha musste sich erst einmal mit den Gegebenheiten anfreunden.
Morgan stellte zwei Töpfe nach draußen, um Regenwasser zu sammeln, und ging ins Wohnzimmer zurück. Samantha hatte eine der Decken genommen und sie sich über den Bauch und die Beine gelegt. Er blickte ans Ende des Sofas und sah, dass ihre Jeans ordentlich gefaltet über der Armlehne lag. Ihre Socken lagen neben den Tennisschuhen, die sie auf den Boden gestellt hatte.
„Würden Sie sich nicht besser fühlen, wenn Sie liegen?“, fragte er besorgt.
Samantha schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht.“
Schweiß stand ihr auf der Stirn, als sie ihm das Buch zurückgab und sich wieder darauf konzentrierte, die nächste Wehe zu überstehen. Morgan war sich in seinem ganzen Leben nicht so nutzlos vorgekommen. Er wollte ihr helfen, aber er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er das tun sollte.
Aber irgendetwas musste er unternehmen, und so drehte er sich zum Holzstapel neben dem Kamin um, nahm einige Scheite herunter und legte sie auf das schwächer gewordene Feuer im Kamin. Obwohl es schon Anfang Mai und recht warm war, hing eine feuchte Kälte im Raum, und Morgan dachte, er würde so viel Licht wie möglich gebrauchen, wenn die Zeit gekommen war für den großen Auftritt des Babys. Außerdem musste er sich mit etwas beschäftigen, um sich ablenken zu können von dem, was Samantha durchmachte.
Das trockene Holz fing sofort Feuer und verjagte die nahenden Schatten des Spätnachmittags. Morgan zog seinen Mantel aus und warf ihn auf den Stuhl, auf den er schon den Schonbezug des Sofas gelegt hatte, und machte sich dann auf die Suche nach einer möglichen Lichtquelle. Zu seiner Erleichterung fand er zwei Kerosinlampen in der Speisekammer, deren Brennstoffbehälter gefüllt waren. Er ging ins Wohnzimmer zurück, stellte die Lampen auf den Kaminsims und zündete die Dochte mit Streichhölzern an, die er in der Küche gefunden hatte. Dann setzte er sich auf die Kaminsohle und nahm wieder das Buch in die Hand. Nachdem er die Liste mit den nötigen Vorbereitungen durchgegangen war, sah er auf. Woher zum Teufel sollte er zwei kräftige Schnüre herbeizaubern, um die Nabelschnur abzubinden?
Er sah sich um, und sein Blick fiel auf Samanthas Tennisschuhe. Er würde sich mit ihren Schnürbändern zufriedengeben müssen. Das Buch sagte nichts darüber, ob sie sterilisiert werden mussten, aber er dachte sich, es könnte nichts schaden. Um sicherzugehen, würde er sie einfach zusammen mit seinem Taschenmesser ins kochende Wasser werfen. Selbst wenn die Schnürbänder im heißen Wasser einlaufen sollten, würden sie immer noch lang genug sein, um ihren Zweck zu erfüllen.
Er legte das Buch in Reichweite auf den Boden und stand dann auf und rollte die Ärmel seines Hemdes hoch. Er wartete ab, bis Samantha sich von der letzten Schmerzwelle erholt hatte.
„Das Buch sagt, wir müssen anfangen, die Abstände, in denen Ihre Wehen kommen, zu messen. Sagen Sie mir, wenn die nächste kommt.“
Samantha nickte. „Sie folgen schon viel schneller aufeinander.“
Und die Schmerzen wurden stärker, das erkannte er, weil Samantha jedes Mal heftiger die Lippen zusammenpresste. Er nahm ihre Hand in seine und drückte sie sanft und beruhigend. „Sie werden es schon schaffen, Samantha.“
Sie erwiderte seinen Händedruck. „Erinnern Sie mich in ein paar Stunden daran.“
„Mach ich“, sagte er. Er wusste nicht, warum das Vertrauen, das sie ihm entgegenbrachte, ihn mit Stolz erfüllte, aber trotzdem war es so. Er sagte sich, dass er das später immer noch analysieren könnte, ließ ihre Hand los und ging zur Tür. „Ich komme
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