JULIA COLLECTION Band 10
und sah sie nicht mehr begehrlich, sondern kühl an.
Was sollte sie darauf antworten? Wenn du eine andere Frau anrührst, bringe ich dich um schien ihr übertrieben und außerdem zu aussagekräftig. „Ob du mir treu bist, bleibt dir überlassen“, erklärte sie schließlich und hatte dabei das ungute Gefühl, gerade den größten Fehler ihres Lebens begangen zu haben. Aber nun war es zu spät. „Ich habe kein Recht, irgendetwas von dir zu verlangen“, fuhr sie deshalb konsequent fort, „genauso wie du nicht das Recht hast, etwas von mir zu verlangen.“
Es war unübersehbar, dass ihm das nicht gefiel. Aber daran konnte sie leider nichts ändern. Hätte Ali sie in Ruhe gelassen, wäre es gar nicht erst so weit gekommen. Aber nein, er musste sie haben. Nun ja, ihren Körper konnte er bekommen, nicht aber ihr Herz – zumindest nicht so, dass er es wusste.
„Aber wenn wir versprechen, einander treu zu sein“, sagte er nun und sah sie nach wie vor kühl an, „könntest du doch auch die Pille nehmen, damit wir uns noch intensiver und spontaner genießen können und nicht immer eine Pause einzulegen brauchen, um uns vor ungewollter Empfängnis zu schützen.“ Charmaine verschwieg ihm auch weiterhin, dass sie diese Verhütungsmethode längst gewählt hatte. Denn auf eine allein würde sie sich nie verlassen.
„Die Natur hat nicht vorgesehen“, fuhr er fort, „dass Mann und Frau während des Liebesaktes durch etwas getrennt werden. Man fühlt viel mehr ohne Schutz, und das Vergnügen wird noch gesteigert.“
Unwillkürlich begannen sich bei Charmaine die Gedanken zu überschlagen. Ein noch größerer sexueller Genuss als der von letzter Nacht? Schön wär’s ja, aber ging das?
„Einige Frauen kommen automatisch, sobald sie spüren, dass der Mann so weit ist“, meinte er nun. „Man sagt, diese Form des Höhepunkts sei nicht nur körperlich, sondern auch seelisch viel erhebender.“
Wenn er gedacht hatte, sie würde bei der Vorstellung seines Samens in ihr schwach werden, hatte er sich böse getäuscht. Vielmehr das Gegenteil war der Fall: Es brachte sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Ali war doch nur ein Schürzenjäger, dem jedes Mittel recht war, um ans Ziel zu gelangen: Er wollte sie als Sexspielzeug behalten, ohne sich irgendwelche Gedanken um Verhütung machen zu müssen.
„Ich werde die Pille nicht nehmen“, sagte Charmaine deshalb entschieden. „Und wenn du einmal vergessen solltest zu verhüten, Ali, siehst du mich nie wieder.“
Erschrocken blickte er sie an. Dann wurde er nachdenklich. „Ich tue, was du von mir verlangst“, sagte er schließlich.
„Gut. In diesem Fall will ich jetzt ins Haus zurückgebracht werden. Ich habe Kopfschmerzen.“
Er zog die Augenbrauen zusammen. „Ist das die Wahrheit oder nur ein Vorwand, um meiner Gesellschaft zu entgehen?“
„Es ist die absolute Wahrheit.“ Ali wusste nicht, dass er mit seinen Worten Erinnerungen geweckt hatte, die sie lieber für immer vergessen hätte. Jedes Mal wenn sie daran erinnert wurde, stieg ihr Blutdruck rapide an und führte zu einem unerträglichen Kopfschmerz.
„Ich leide an Migräne“, sagte Charmaine, als sie die ersten Lichtblitze am Rande ihres Gesichtsfelds bemerkte. Dem folgte in der Regel sehr bald ein schreckliches Klopfen in den Schläfen und Übelkeit. „Ich muss sofort eine Tablette nehmen und mich hinlegen, sonst wird heute Nacht zwischen uns nichts stattfinden.“
„Dann komm!“ Ali nahm sie beim Arm und kümmerte sich rührend um sie. Charmaine war nicht sicher, ob er die folgende halbe Stunde so hilfsbereit war, weil es nun einmal seinem Wesen entsprach oder weil er befürchtete, sie würde ihn am Abend nicht beehren. Was auch immer der Grund sein mochte, Ali brachte sie in ihr Zimmer, wo er selbst die Vorhänge zuzog und die Bettdecke zurückschlug. Er brachte ihr auch ein Glas Wasser, damit sie ihre Tabletten einnehmen konnte, und sorgte dafür, dass sie es bequem hatte.
Dann verkündete er, das Essen im großen Speisesaal abzusagen, sollten die Kopfschmerzen bis dahin nicht verschwunden sein. In dem Fall wollte er ihr etwas auf einem Tablett bringen lassen, und sie könnte entscheiden, ob sie bei sich oder bei ihm im Zimmer essen wollte, je nachdem, wie sie sich fühlte. Charmaine sollte es ihn nur wissen lassen. Er sei in seinen Räumen, gleich nebenan. Sie könnte aber auch das Haustelefon benutzen und Cleo Bescheid sagen, wenn ihr das lieber wäre.
„Wähl einfach die Null“,
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