JULIA COLLECTION Band 10
beruhigte sich sein Herzschlag ein wenig, und er schöpfte tatsächlich so etwas wie Hoffnung. Er setzte Rusty auf ihren Lieblingssessel und eilte ins Gästezimmer und dann in sein Büro, um sich zu vergewissern, dass Dominique auch nicht dort war.
Der Brief lag auf seinem Schreibtisch, beschwert mit der Schmuckschatulle des Colliers, das er ihr vergangenen Freitag gekauft hatte. Je näher er dem Schreibtisch kam, desto größer wurde die Gewissheit, dass sich seine Befürchtung, zu spät gekommen zu sein, bewahrheitete.
Wie in Trance ließ er sich auf den Schreibtischstuhl sinken, und als er die beiden handgeschriebenen Seiten unter der Schmuckschatulle hervorzog und zu lesen begann, bebte seine Hand.
Mein geliebter Charles,
ich hoffe, Du hast nichts dagegen, dass ich Dich so nen ne, denn an meiner Liebe zu Dir wird sich nie etwas än dern.
Lass mich Dir zunächst erklären, wie es dazu kam, dass ich den Bericht gefunden habe. Ich habe nicht etwa in Deinen Unterlagen herumgeschnüffelt, sondern wollte beim Baden Musik hören. Dazu holte ich Deinen tragba ren CD-Player aus dem Büro. Als ich auf die Abspieltas te drückte, stand die Vorauswahl wohl noch auf „Kasset te“.
Verdammt! Charles stöhnte. Die Kassette hatte er ja ganz vergessen! Wie hatte er nur so dumm sein können?
Als ich dann hörte, was darauf war, habe ich natürlich eins und eins zusammengezählt. Rasch wurde mir klar, dass der Bericht, den Rico Dir vergangenen Samstag ge bracht hat, von mir handelte. Als ich dann darüber nach dachte, wurde mir auch bewusst, dass Rico Dir wahr scheinlich schon am Freitagabend davon erzählt hat.
Es tut mir sehr leid, dass Dich mein Verhalten in der Vergangenheit so verletzt hat. Ich kann mir gut vorstellen, wie wütend Du gewesen bist, als Du davon erfahren hast. Deshalb nehme ich Dir auch nicht übel, was Du Freitagnacht und während der vergangenen Woche mit mir gemacht hast. Schmerz veranlasst Menschen zu Handlungen, die sie unter normalen Umständen verurteilen würden.
Ich wollte es eigentlich nicht erwähnen, aber ich habe Rico heute Abend angerufen, weil ich herausfinden woll te, warum er diesen Detektiv auf mich angesetzt hat. Zu diesem Zeitpunkt war ich wohl selbst ein wenig außer mir. Wie auch immer, als Rico mutmaßte, es würde zu Deinem Racheplan gehören, nur so zu tun, als würdest Du das Haus kaufen, war mir einen Moment lang ganz anders.
„Oh nein!“, rief Charles.
Aber schließlich kam ich zu dem Schluss, Ricos Erklä rung nicht zu glauben. Inzwischen gehe ich davon aus, dass Du bereits herausgefunden hast, dass Du mich ge nauso liebst wie ich Dich. Das heißt natürlich nicht, dass Deine Liebe für mich anhalten wird. Und daran bin al lein ich schuld. Ich hatte einen Lebensweg eingeschla gen, der genauso verworren und krank war wie der, den Rico gerade beschreitet. Leute, die sich so verhalten wie er und wie ich es jahrelang getan habe, durchleiden ihre eigene private Hölle. Du hast mich da herausgeführt, mein Liebling, und meinen Glauben an die Menschheit wiederhergestellt. Du hast mir sogar die Augen geöffnet, was Geld betrifft. Es zu haben oder auch nicht hat nichts damit zu tun, ob man glücklich ist.
Es ist leicht, andere Menschen zu verurteilen, beson ders wenn man kein Verständnis oder Mitgefühl für sie aufbringt. Zu beidem ist Rico nicht mehr in der Lage. Er tut mir wirklich leid, und ich wünsche ihm, dass er eines Tages die richtige Frau findet, die ihn um seiner selbst willen liebt. Dabei kann man nur hoffen, dass er ihr dann auch glaubt.
Jetzt muss ich mich aber beeilen. Ich will nicht mehr hier sein, wenn Du nach Hause kommst. Du sollst mich nicht zum Bleiben überreden, obwohl ich genau weiß, dass ich gehen muss.
Rusty lasse ich Dir aus zwei Gründen da: um Dir zu zeigen, dass ich nicht glaube, dass Du mich hasst, zu mindest nicht tief im Innersten, und weil ich es Rusty gegenüber nicht fair finde, ihr schon wieder ein Zuhau se zu nehmen. Es gefällt ihr bei Dir. Behalt sie, Charles, als Erinnerung an mich. Und wenn Du sie ansiehst, denk immer daran, wie sehr ich Dich geliebt habe. Meine Ge fühle für Dich hatten nie etwas mit Geld zu tun, das ist sogar mir am Ende klar geworden. Ich habe Dich von Anfang an geliebt.
Die Sachen und Kleidungsstücke, die Du mir gekauft hast, habe ich zurückgelassen, um Rico zu beweisen, dass er sich geirrt hat. Glücklicherweise habe ich noch meinen eigenen Wagen und einige Ersparnisse. Nach ei ner gewissen Zeit werde ich
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