JULIA COLLECTION Band 11
meine Frau tot ist.“
Avis zog eine Augenbraue hoch. „Willst du damit sagen, dass ich die erste Frau bin, mit der du seit vier Jahren zusammen bist?“
„Nein. Das will ich damit nicht sagen.“
„Demnach bin ich nur die erste Frau, die du seitdem mit nach Hause nimmst?“
Er lehnte sich zurück und rieb sich das frisch rasierte Kinn. „Das bist du wirklich.“ Er runzelte die Stirn. „Es ist mir gerade erst bewusst geworden.“
„Na ja, das ist ja immerhin etwas“, murmelte sie.
„Das hast du falsch verstanden. Ich habe Häuser auf der ganzen Welt verstreut, und ich habe bisher in keines von ihnen eine Frau mitgenommen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Auf der ganzen Welt, soso.“
„Gdansk, Madrid, Buenos Aires, Sydney, Bangkok, Martinique.“
Als sie die Sprache wieder fand, murmelte sie: „Nicht zu vergessen San Francisco.“
„Oder Manhattan.“
Sie runzelte die Stirn. „Das ist ein furchtbar großer Spielraum, den du da hast. Das gibt dem Wort Zuhause eine völlig neue Bedeutung, oder?“
„Nicht wirklich. Ich mag keine Hotels, aber meine Geschäfte erfordern viele Reisen. Es ist schön, einen eigenen Ort zu haben, eine Operationsbasis. In meinem Fall sind viele Stützpunkte nötig.“
„Aber du bist bestimmt nie lange genug an einem Ort, um dich dort zu Hause zu fühlen.“
„Im Gegenteil. Ich kenne die meisten Häuser, seit ich ein kleiner Junge war.“
Avis seufzte. Es war eine völlig andere Welt, in die sie nie gehören würde. Zum Glück brauchte sie das auch nicht, zumindest nicht für lange. Aber es konnte Spaß machen, so zu tun als ob. Zumindest für eine kleine Weile.
5. KAPITEL
Avis hätte sich nicht darüber sorgen müssen, wie Lucs Personal sie empfangen würde. Mrs. Baldwin, pummelig und Anfang sechzig, mit ergrauten Haaren und in einem erstaunlich modischen Hosenanzug, war entzückt.
„Herzlich willkommen“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Ich hoffe, es ist alles zu Ihrer Zufriedenheit.“
„Bitte machen Sie sich meinetwegen keine Umstände“, entgegnete Avis verlegen, während sie sich in der hohen Eingangshalle der vornehmen Vorstadtvilla umblickte.
„Hören Sie nicht auf sie“, entgegnete Luc und küsste Mrs. Baldwin zur Begrüßung auf die Wange. „Sie weiß nicht, dass es Ihr Lebensinhalt ist, andere zu verwöhnen.“
Mrs. Baldwin schlug ihn auf den Unterarm. „Wen kann ich denn schon verwöhnen? Sie sind ja nie zu Hause, selbst wenn Sie hier in London sind.“ Sie lächelte Avis an und klatschte in die Hände. „Zumindest sind es diesmal keine Geschäfte, die Sie fern gehalten haben.“
Der große junge Rotschopf, der Avis als Lofton vorgestellt worden war, räusperte sich. „Da wir gerade von Geschäften reden …“
Luc nahm Avis bei der Hand und küsste sie flüchtig auf den Mund. „Es tut mir leid, aber ich muss jetzt wirklich gehen. Wenn Baldwin mit dem Wagen zurückkommt, dann sag ihm einfach, wohin er dich fahren soll. Ich komme so schnell wie möglich wieder zu dir.“
Mrs. Baldwin verzog das Gesicht und protestierte: „Sie können das Kind doch nicht einfach allein lassen.“ „Das ist schon in Ordnung“, warf Avis hastig ein. „Ich habe Verständnis dafür.“
„Nein, nein.“ Luc hob kapitulierend die Hände. „Ich wurde zurecht getadelt. Wie wäre es, meine liebe Mrs. Baldwin, wenn ich einen Fremdenführer für unsere reizende Avis engagiere, damit sie nicht allein ist, selbst wenn ich nicht bei ihr sein kann.“
„Lucien“, setzte Avis an, „das ist wirklich nicht nö…“
Mit gerümpfter Nase verschränkte Mrs. Baldwin die Arme unter dem schweren Busen und murrte: „Na ja, wenn Ihnen nichts Besseres einfällt …“
Luc deutete eine Verbeugung an. „Betrachten Sie es also als arrangiert.“ Er zwinkerte Avis zu und verließ eilig das Haus, gefolgt von Lofton.
Mrs. Baldwin strahlte Avis an. „Nun, dann wollen wir Sie jetzt unterbringen, meine Liebe. Mein Mann hat Ihr Gepäck schon ins Ankleidezimmer gebracht, das viel zu lange auf hübsche Damenkleidung gewartet hat.“ Und damit eilte sie voraus in einen breiten Flur.
Avis folgte ihr gemächlich und blickte sich dabei neugierig um. Mehrere Türen standen offen. Sie erhaschte Einblicke in einen Salon und ein Esszimmer. Die Möbel schienen antik zu sein, ebenso wie die Gemälde in reich verzierten Rahmen und die farbenfrohen Teppiche.
„Einige der Wände können verschoben werden, sodass ein großer Ballsaal entsteht“, erklärte Mrs. Baldwin
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