JULIA COLLECTION Band 11
Mrs. Baldwins Bemühungen zählten, sie schamlos zu verwöhnen.
„Aber es macht sie so glücklich, dich beköstigen zu können“, entgegnete Lucien. Er hob den Schwamm und drückte ihn über ihrer Schulter aus, sodass warmes Wasser über ihre Brüste rann. „Außerdem hat Baldwin gesagt, dass du heute fünf Meilen gelaufen bist.“
Avis lehnte sich zwischen seinen Beinen zurück und legte den Kopf an seine Schulter. „Es gab so viel zu sehen! Ich hätte nicht gedacht, dass Westminster Abbey so faszinierend ist. Emma sagt …“
„Sie bewährt sich also?“, hakte er gespannt nach. „Du magst sie?“
„Sie ist wundervoll.“
„Das freut mich. Du warst zuerst so unsicher.“
Das war gelinde ausgedrückt. Avis hatte nicht gewollt, dass er eine Fremdenführerin für sie engagierte. Beinahe war es darüber zu einem ernsthaften Streit gekommen, und sie hatte nur widerstrebend nachgegeben. Nun drehte sie sich zu ihm um und brachte das Wasser in der riesigen Wanne zum Schwappen. „Ich war zuerst geradezu ungnädig.“
Er lächelte und tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze. „Das war wohl eine Frage des Stolzes, denke ich. Das gefällt mir an dir.“ Er zeigte ihr, was ihm sonst noch gefiel, indem er ihre Brüste umschmiegte.
Sie drehte sich wieder um, lehnte den Rücken an seine Brust und versuchte, das Verlangen zu ignorieren, das er in ihr auslöste. Es war verwirrend, dieses Verlangen, das mit jedem Tag stärker zu werden schien. Sie hatte sich einzureden versucht, dass die Leidenschaft im Laufe der Zeit abklingen würde, aber das Gegenteil war eingetreten.
„Auch auf die Gefahr hin, dass es dein ohnehin aufgeblasenes Ego noch mehr stärkt, muss ich zugeben, dass es wahrscheinlich in ganz England keinen besseren Fremdenführer als Emma gibt.“
„Du meinst, sie ist noch besser als ich?“
Avis zog es vor, die Bemerkung zu ignorieren. „Es ist kaum zu glauben, dass ein so junges Ding so viel weiß.“
„Ich versuche, es mir nicht zu Kopf steigen zu lassen.“
Sie stupste ihn mit dem Ellbogen an. „Ich habe von Emma gesprochen.“
Er schmunzelte. „Ich bin froh, dass sie dir Vergnügen bereitet.“
„Ich glaube nicht, dass es darum geht, mir Vergnügen zu bereiten.“
„Aber doch“, widersprach er und ließ die Hände hinab über ihren Bauch gleiten.
„Ich wollte damit sagen, dass Emma mehr daran interessiert ist, dir Vergnügen zu bereiten als mir. Sie ist ernsthaft in dich verliebt, falls du das nicht bemerkt haben solltest. Du bist ihr zweitliebstes Thema, gleich nach der Monarchie.“
Er verzog das Gesicht und schob seine Hand noch tiefer. „Schottische Schulmädchen sind nicht mein Geschmack. Ich mag in letzter Zeit Frauen aus dem Wilden Westen.“
In letzter Zeit. Das konnte nicht mehr lange andauern. Sie war bereits eine Woche bei ihm. Wenn sie noch lange blieb, wollte sie womöglich nie wieder nach Hause.
Sie schob seine forschenden Hände fort und rief ihm in Erinnerung: „Wir haben Theaterkarten.“
Unbeirrt knabberte er an ihrem Ohr. „Man wird uns schon nicht abweisen.“
Niemand wies Lucien Tyrone ab, nicht einmal Avis. Noch nicht. „Ich möchte nichts verpassen. Außerdem habe ich ein neues Kleid.“ Sie hatte das saphirblaue Kleid bereits zu einem Dinner sowie zu einem Konzert in der Royal Albert Hall getragen und sich daher an diesem Nachmittag neu eingekleidet.
„Dann komm.“ Er drehte sie in seinen Armen um und glitt zwischen ihre Beine. „Lass uns keine Zeit verschwenden.“
Sie tat wie geheißen. Es war so einfach, so natürlich, ihm gefällig zu sein. „Ich weiß nicht, wie du das schaffst“, murmelte sie danach verwundert, als sie verzückt die Minuten verstreichen ließ.
„Ich glaube nicht, dass ich es schaffe. Ich glaube, wir sind es, du und ich zusammen.“
Wir. Ein Schauer rann über ihre nasse Haut. Sie stand auf und wischte sich das Wasser vom Oberkörper, bevor sie aus der Wanne stieg und nach einem Handtuch griff. „ Wir sollten lieber in Gang kommen.“
„Hör auf.“
Überrascht blickte sie ihn an, während sie sich in das Handtuch hüllte. „Womit?“
„Hör auf, dem Thema auszuweichen.“
„Ich weiche überhaupt nicht aus. Ich will nur nicht den ganzen ersten Akt verpassen.“
Mit finsterer Miene beobachtete er, wie sie sich die Haare frottierte. „Ich lasse dich nicht ewig damit durchkommen.“
„Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon du sprichst.“
„Wirklich nicht?“
Sie drehte sich zu ihm um.
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