JULIA COLLECTION Band 11
lag ein geöffnetes, mit blauem Samt ausgeschlagenes Auslagekästchen, das ein Vermögen an Diamantringen enthielt.
Zu aufdringlich, befand Luc. Er schloss den Kasten und legte ihn auf den Servierwagen, auf dem die Aperitifs bereits warteten. Er hatte Avis an diesem Morgen eine einzelne Rose und eine handgeschriebene Nachricht ins Büro geschickt und war vom Flughafen schnurstracks nach Hause gefahren, um mit den Vorbereitungen zu beginnen.
Schon den ganzen Tag lang fühlte er sich wie auf Messers Schneide. Denn er stand im Begriff, einen Schritt zu wagen, den er selbst nicht wirklich zu unternehmen erwartet hatte und der Avis sicherlich verblüffen würde. Aber in den vergangenen Wochen hatte sie gewiss ebenso wie er erkannt, dass sie zusammengehörten.
Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er den Wagen vorfahren hörte. Er blickte zur Uhr. Avis hatte Verspätung. Es war typisch für sie, auf diese stille, trotzige Art den Ton anzugeben. Sie schrie nicht und warf nicht mit Gegenständen um sich wie Eugenia, und sie war zum Glück keine Intrigantin, aber manchmal war es für ihn schwerer, mit ihr umzugehen als mit seiner Mutter.
Er eilte durch das Haus und konnte es mit jedem Schritt weniger erwarten, sie zu sehen, aber als er die Tür öffnete, erblickte er nur Jeff. „Was ist? Wo ist Mrs. Lorimer?“
Jeff hüstelte verlegen. „Ich soll Ihnen Nein danke sagen.“
„Nein danke?“, wiederholte Luc verwirrt. „Zum Dinner?“
„Ich nehme es an. Außerdem soll ich sie nie wieder abholen.“
„Soll das heißen, dass sie nicht in der Limousine kutschiert werden will?“
Jeff räusperte sich. „Ich glaube nicht. Ich soll Ihnen ausrichten, dass Mrs. Lorimer Sie nicht wieder sehen will.“
Fieberhaft überlegte Luc, was das zu bedeuten haben könnte. Es ergab keinen Sinn. Er konnte sich einfach keinen Grund für ihre Abfuhr erklären. „Das werden wir ja sehen“, knurrte er, und schon stürmte er zum Wagen. „Bringen Sie mich zu ihr. Schnell.“
Während der Fahrt dachte er an all seine Bemühungen, ihr zu zeigen, wie wichtig sie ihm war. Zorn und Enttäuschung über ihr unsinniges Verhalten stiegen in ihm auf. Als die Limousine vor dem Bürogebäude anhielt, sprang er hinaus und stürmte die Treppe hinauf.
Pete saß im Vorzimmer am Schreibtisch und blickte lächelnd auf. „Hallo, Luc.“
„Wo ist sie?“
„In ihrem Büro.“
Mit drei großen Schritten erreichte Luc die Tür und riss sie auf.
Avis stand am Fenster und blickte hinaus auf die Straße. Sie drehte sich nicht um, als er eintrat, aber sie wusste, wer gekommen war und warum. „Ich will dich nicht sehen, Lucien. Bitte geh.“
Ihr sanfter Ton sagte alles. Sie meinte es wirklich ernst. Und doch meinte sie das Gegenteil. Das war das Paradoxe an Avis.
Er schloss die Tür hinter sich. „Lügnerin“, sagte er.
Entrüstet wirbelte sie herum. „Ich bin es nicht, die lügt!“
„Soll das heißen, dass ich es bin?“
„Ich habe in San Francisco angerufen.“
„Und?“
„Ich habe mit Mrs. Tyrone gesprochen.“
Er runzelte die Stirn. „Die einzige Mrs. Tyrone, die im Moment existiert, ist meine Mutter. Du glaubst doch nicht etwa …“
Sie lächelte verkrampft und schüttelte den Kopf. „Nein. Diesmal hätte ich es gemerkt.“
„Diesmal?“, hakte er nach.
Sie holte tief Luft. „Mein Mann Kenneth war verheiratet, als wir uns miteinander einließen.“ Hastig fügte sie hinzu: „Ich wusste nichts davon – bis es zu spät war.“
Ihm fiel ein, was er in der Bar über sie gehört hatte. Von der Ehebrecherin zu Mätresse … er hatte es zu dem Zeitpunkt nicht geglaubt und tat es auch jetzt nicht.„Erklär mir das. Wieso war es zu spät?“
„Es kam zu einem riesigen Skandal, durch den er alles verlor – seine Professur an der Universität, seine Ehe, seine Familie und sein Zuhause. Einfach alles.“
„Er hat dich hintergangen, und du hältst es trotzdem für deine Schuld?“, hakte Luc verständnislos nach.
„Ich habe es geschehen lassen“, gestand sie leise ein. „Wie ich geschehen lassen habe, was zwischen dir und mir passiert ist.“
„Das ist nicht dasselbe. Damals war es eine völlig andere Zeit und Situation.“
Zornig blickte sie ihn an. „Sag mir nicht, dass ich zu jung war, um zu wissen, was ich tue. Ich wusste es. Ich habe eine falsche Wahl getroffen und damit gelebt. Aber noch einmal tue ich das nicht. Es tut mir leid, aber diesmal nicht.“
„Überleg dir gut, was du sagst.“
„Ich weiß genau,
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