JULIA COLLECTION Band 11
geworden ist.“
„Tja, der Neue hat wesentlich mehr zu bieten als der alte Kenneth. Seit sie Searles Million geerbt hat, kann sie in besseren Kreisen verkehren.“
„Eine Nutte bleibt trotzdem eine Nutte, würde ich sagen.“
Mit einem lauten Knall stellte Luc die Bierflasche auf den Tresen. Er packte den Mann bei der Schulter und drehte ihn zu sich um. „Aus Respekt vor Mrs. Lorimer breche ich Ihnen diesmal nicht den Kiefer, aber wenn ich noch mal so eine dreckige Bemerkung von Ihnen höre, vergesse ich meine gute Kinderstube.“
„Wir haben es nicht böse gemeint“, versicherte der andere und schluckte schwer. „Und es wird auch nicht wieder passieren.“
Luc bedachte die beiden mit harten Blicken, wandte sich wortlos ab und schaute sich nach Heston Witt um. Er sah ihn in der hinteren Ecke bei einem Paar stehen und bahnte sich einen Weg zwischen den Gästen hindurch zu ihm.
Der dicke Bürgermeister blickte ihn unsicher an. „Mr. Tyrone!“
„Sind Sie gerade auf Wählerfang, Bürgermeister?“
Witt grinste selbstgefällig und richtete sich auf. „Ach, damit brauche ich mich nicht mehr abzugeben. Ich bin vor kurzem wieder gewählt worden.“
„Tatsächlich?“ Luc lächelte wohlgefällig. „Nun, alles hat einmal ein Ende.“
„Ich bin sehr beliebt hier.“
„Eine Klatschbase ist immer beliebt in gewissen Kreisen, aber nicht in meinen, und die sind sehr groß.“
„Ich weiß gar nicht, was Sie meinen.“
„Ich meine, dass ich nicht zulassen werde, dass Sie Gerüchte über eine unschuldige Frau verbreiten.“
„Unschuldig?“, höhnte der Bürgermeister. Als er Zorn in Lucs Augen aufblitzen sah, wich er zurück. „Wollen Sie mich bedrohen?“
„Keineswegs. Ich warne Sie nur. Ich werde nicht tolerieren, dass Sie Lügen über eine Frau verbreiten, die mir sehr wichtig ist und ein permanenter Teil meines Lebens wird. Sie werden sich in dieser Stadt nicht länger wohl fühlen, Sir, und sollten an einen Umzug denken.“
„Das ist ja absurd! Sie wissen nicht, was mir diese Frauen angetan haben.“
„Ich weiß, was Sie sich selbst angetan haben, und ich rate Ihnen, schon mal Ihre Sachen zu packen.“
„Aber ich bin hier geboren. Ich habe tiefe Wurzeln in dieser Gemeinde.“
„Nicht tief genug, als dass ich sie nicht ausgraben könnte.“
Hestons dicke Backen zitterten. „Niemand kann mich aus meiner eigenen Stadt jagen!“
„Wie wenig informiert Sie doch sind“, murmelte Luc, und dann wandte er sich ab und verließ die Bar.
Luc verbrachte die Nacht in Avis’ Haus, und ihr schien, dass er ihr verstärkt mit Zärtlichkeit und Fürsorge begegnete, was sie irgendwie entnervte. Sie war beinahe froh, als er am nächsten Morgen nach Italien abreiste. Plötzlich brauchte sie mehr Raum, um zu atmen, und Zeit, um Kräfte zu sammeln und sich in Erinnerung zu rufen, wer sie war und was sie eigentlich wollte. Mit diesem Ziel im Sinn machte sie sich auf den Weg ins Einkaufszentrum, um mit Gwyn zu plaudern, die ihr meistens – oft unbewusst – hilfreiche Denkanstöße gab.
Zu ihrer Überraschung traf sie Sierra und Sam in dem Café an. Ihre Freude darüber wurde ein wenig getrübt von Gewissensbissen, weil sie ihre Freundin in letzter Zeit so schamlos vernachlässigt hatte. Sie umarmten sich herzlich, und dann stellte Avis fest: „Du siehst echt gut aus.“
Sierra strich sich die Bluse glatt, sodass ihr leicht gewölbter Bauch zum Vorschein kam. „Ich fühle mich großartig. Aber du solltest Val mal sehen. Die ist echt riesig.“
„Val ist ja auch sehr klein“, warf Sam ein, „und sie sind schon viel weiter als wir.“
Wir. Unwillkürlich verspürte Avis einen Anflug von Neid.
„Trotzdem. Ihr Bauch ist sehr dick.“
„Vielleicht werden es ja Zwillinge“, meinte Avis.
„Nein“, entgegnete Gwyn, die mit einer Tasse Kaffee an den Tisch trat. „Es wird ein Junge. Ein großer Junge. Er kommt wohl nach seinem Vater.“
„Ich wusste gar nicht, dass sie es schon wissen.“ Sierra klatschte in die Hände. „Perfektes Timing.“
„Inwiefern?“, wollte Avis wissen, während sie sich einen Stuhl an den Tisch zog.
„Sag mir erst mal, ob du sonst noch was möchtest“, warf Gwyn ein. „Ich habe frische Rosinenbrötchen. Sie sind noch warm.“
„Nein danke.“
„Das wirst du dir anders überlegen, wenn du erst mal hörst, was sie ausgeheckt haben“, konterte Gwyn und ging das Gebäck holen.
„So ungewöhnlich ist es doch gar nicht“, wandte Sam ein. „Warum sollten wir
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