JULIA COLLECTION Band 12
wahr?“
„Ja, das stimmt“, antwortete Gaylynn wehmütig.
„Eigentlich hätte ich erwartet, dass du inzwischen eine eigene Familie hast.“
„Das Gleiche könnte ich von dir sagen.“
„Das Polizistenleben ist hart für die Angehörigen. Ich bin überhaupt erst hergezogen, weil meine Frau, Tricia, nicht damit zurechtgekommen ist, dass ich in Chicago gearbeitet habe. Ich dachte, hier würde es leichter für sie sein. Ein Sheriff in so einer ländlichen Gegend ist ja viel weniger in Gefahr als ein Polizist in der Großstadt.“
„Aber es gibt trotzdem Gefahr?“
Hunter zuckte mit den Schultern. „Das ganze Leben ist gefährlich. Doch es war nicht nur das, was meine Ehe kaputt gemacht hat. Meine Exfrau hat diese Gegend gehasst. Sie meinte, sie würde verrückt werden in so einem Kaff. Wie ich gehört habe, ist sie nach Chicago zurückgezogen und hat einen Klempner geheiratet.“
„Das klingt, als könntest du dich freuen, dass du sie los bist. Du hattest nie einen besonders guten Geschmack, was Frauen angeht“, erklärte sie ihm offen. „Erinnerst du dich an diese hohlköpfige Rothaarige, mit der du in der Highschool gegangen bist? Sindy mit ‚S‘.“
„Ich habe mich nicht wegen ihrer Fähigkeiten im Buchstabieren mit ihr verabredet.“
„Das war offensichtlich.“
„Es überrascht mich, dass du dich überhaupt an sie erinnerst.“
„So ein Busen ist schwer zu vergessen“, meinte Gaylynn. „Ich war überzeugt, dass sie ihre BHs mit Luftballons ausstopfte. Das war das Einzige an ihr, was es wert war, sich daran zu erinnern. Aber ich bin sicher, du hast eine Menge von damals vergessen.“
„Dich habe ich nicht vergessen.“
„Ja, ich habe all die Karten und Briefe aufgehoben, die du mir im Lauf der Jahre geschickt hast“, spottete sie.
Jetzt war er ein bisschen verlegen. „Du weißt, dass ich in solchen Dingen nicht gut bin.“
Zu der Zeit war er verheiratet gewesen, also hatte Gaylynn auch nicht erwartet, von ihm zu hören. Und sie hatte es gar nicht gewollt. Sie hatte ihn vergessen wollen, und das war ihr einigermaßen gelungen.
Okay, sie gab zu, dass ein winziger Teil von ihr alle Männer, mit denen sie verabredet gewesen war, mit Hunter verglichen hatte, und keiner hatte standgehalten. Aber sie war nicht unglücklich gewesen mit ihrem Leben. Ganz und gar nicht.
Doch dann war es in tausend Stücke zerbrochen.
Plötzlich musste sie gähnen, und das lenkte sie von ihren düsteren Gedanken ab.
„Das ist wohl das Signal für mich, zu gehen und dich schlafen zu lassen“, stellte Hunter fest.
„Tut mir leid“, murmelte sie. „Es liegt nicht an der Gesellschaft. Ich bin bloß müde.“
„Das sehe ich.“
„Danke, dass du heute vorbeigekommen bist, aber ich komme zurecht, wirklich.“
„Ich weiß.“ Hunter sagte nicht dazu, dass er das so genau wusste, weil er vorhatte, in der Nähe zu bleiben und auf sie aufzupassen.
In dieser Nacht drehten sich Gaylynns Träume um einen Wolf, der im Wald um die Hütte streunte. Einem Wolf mit Hunters grünen Augen. Sie selbst war angezogen wie Rotkäppchen, und sie wachte bei dem Teil auf, wo der Wolf im Bett lag und sie verführen wollte, sich zu ihm zu legen.
„Kommt ja gar nicht infrage“, murmelte sie, während sie aufstand und unter die Dusche ging. Auf keinen Fall würde sie Hunter erlauben, sie ins Bett zu locken, außer wenn sie krank war … und dann wären seine Absichten eher praktisch als romantisch.
Die Dusche half ihr, einen klaren Kopf zu bekommen. Es war an diesem Morgen etwas kühl, also zog sie einen blauen Pullover über ihr weißes T-Shirt. Ihre Jeans hatten immer noch Schmutzflecke an den Knien. Deshalb entschied sie sich für eine schwarze Hose. In der Hütte gab es keine Waschmaschine. Sie würde nachsehen müssen, ob es im Ort einen Waschsalon gab.
Nachdem die Katzen die letzte Thunfischdose geleert hatten, musste Gaylynn wohl oder übel eine Einkaufsliste schreiben. Sie wollte nicht öfter als unbedingt nötig den Berg hinunterfahren. Nicht weil sie Angst vor der schmalen Straße gehabt hätte, sondern weil ihr noch nicht nach Zivilisation zumute war.
Als sie dann vor dem Gebäude hielt, das gleichzeitig eine Tankstelle und einen Lebensmittelladen beherbergte, hatte sie jedoch den Eindruck, dass man dies nicht direkt Zivilisation nennen konnte.
Auf der Schwelle der offenen Tür lag ein Tier … groß und dick und rotbraun. Als Gaylynn näher hinsah, stellte sie fest, dass es ein Bluthund war.
„Er
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