JULIA COLLECTION Band 16
ein Fehler sein würde, kaum dass sie sich auf das Motorrad gesetzt hatte. Aber welche heißblütige Frau hätte es über sich gebracht, einem Mann wie Aidan eine Abfuhr zu erteilen?
„Aidan …“
„Beruhigen Sie sich, Baby.“
„Und hören Sie auf, mich Baby zu nennen.“
Er lachte, und das Vibrieren seiner Stimme schien bis zu ihr durchzudringen. Sally biss verzweifelt die Zähne zusammen. Sobald er das Motorrad anhielt, würde sie ruck, zuck! absteigen und den Weg zu Donnas Haus zu Fuß zurücklegen, wenn es sein musste.
Der Zauber der Fahrt war verflogen, weil Sally innerlich vor Wut kochte. Als Aidan schließlich die Maschine zum Stillstand brachte, nahm Sally sich nicht einmal die Zeit, sich umzusehen, wo sie waren, so hastig sprang sie herunter, nahm den Helm ab und sah Aidan wütend an.
„Sie sind wirklich verrückt, nicht wahr?“
Er lächelte nur, und sie stellte fest, dass sein Lächeln, so aufregend es auch sein mochte, ihr manchmal wirklich auf die Nerven ging. „Ich dachte bloß, Sie würden sich gern ein paar Sehenswürdigkeiten ansehen.“
„Im Regen?“
Er hielt die Hand mit der Handfläche nach oben und zuckte die Achseln. „Wir haben den Regen schon seit einer Weile hinter uns gelassen.“
Sally hob verwundert den Kopf und musste feststellen, dass Aidan recht hatte. Sie waren so weit außerhalb von Baywater, dass sie dem kurzen Sommergewitter offenbar davongefahren waren. Jetzt sah Sally sich doch ein wenig um. Sie stand auf einer Küstenstraße und sah den Ozean tief darunter liegen. Auf der Straße hinter ihnen fuhren kaum Wagen vorbei, und die hohen Bäume wiegten sich im Wind, als würden sie zu einer Melodie tanzen, die nur sie hören konnten.
Als Sally sich nach einer Weile zu Aidan umdrehte, stellte sie leicht erschrocken fest, dass er schon dicht neben ihr stand und auf das dunkle Meer hinaussah. Der Mond lugte scheu hinter den Wolken hervor und verschwand gleich wieder dahinter, wie ein Kind, das Verstecken spielte.
„Na? War das die Fahrt wert?“, fragte er.
Sie sah wieder aufs Meer hinaus und musste zugeben, dass die Aussicht wunderschön war. Das Mondlicht ließ die Wasseroberfläche aufblitzen und war dann wieder verschwunden, sobald die Wolken sich vor den Mond schoben. Die schäumenden Wellen sahen in der Dunkelheit fast unheimlich aus.
„Es ist unbeschreiblich schön.“
„Einer meiner Lieblingsplätze“, sagte er und trat näher an die Klippe heran, bis er die Hände auf die oberste Stange des eisernen Schutzgeländers legen konnte. „Ich komme her, wenn ich eine Weile allein sein möchte.“
Sie stellte sich neben ihn, langsam und fast widerwillig. „Dann sollten Sie besser niemanden mitnehmen.“
Er sah sie ernst an und zuckte die Achseln. „Das tue ich normalerweise auch nicht.“
Sie stützte den Helm in ihrer linken Hand gegen ihren Schenkel. „Und warum haben Sie mich mitgenommen?“
„Interessante Frage.“
„Das ist keine Antwort.“
Er wandte der atemberaubenden Aussicht den Rücken zu, lehnte sich an das Geländer und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine bessere Antwort“, gab er nach einigen Sekunden zu.
Er sah sie mit seinen blauen Augen so intensiv an, dass Sally sich zwingen musste, nicht woanders hinzuschauen. Das hätte sie aber am liebsten getan, denn sie wollte nicht diese wundersam warmen Gefühle spüren, die er in diesem Moment in ihr weckte. Sie wollte auch nicht die Beherrschung verlieren, aber sie merkte, dass sie den Kampf zu verlieren drohte.
„Ich wollte Sie einfach wiedersehen.“
„Warum?“
Er lachte leise. „Keine Ahnung.“
„Aidan“, sagte sie seufzend. „Das ist wirklich keine gute Idee.“
„Was ist keine gute Idee?“
„Das alles hier“, antwortete sie heftig und holte mit dem Arm aus. „Wir beide. Sie und ich.“
„Oh. Nun, das schließt so ziemlich alles ein“, sagte er immer noch lächelnd, „bis auf die Gefühle, die Sie in mir wecken.“
„Aidan …“
„Und Ihnen geht es mit mir genauso.“
Das konnte man wohl sagen, aber darum ging es hier natürlich nicht. „Es ist nicht besonders wichtig, was Sie oder ich fühlen, oder?“ Sie hob leicht das Kinn an und sah ihn scheinbar ungerührt an, obwohl in ihr ein Aufruhr stattfand wie schon seit langem nicht.
„Warum nicht?“
„Weil es, was es auch ist, nichts weiter als aufgewühlte Hormone sind.“
„Und was haben Sie dagegen?“
„Um Himmels willen, Aidan. Wir sind keine Schulkinder mehr.“
„Was
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